Trotz der durch die Corona-Krise beschleunigten Digitalisierung laufen Vertriebsprozesse in mittelständischen Unternehmen noch immer zum Großteil offline ab. Wo der größte Handlungsdruck besteht.
Wie eine Befragung unter 200 Entscheidern mittelgroßer Unternehmen zeigt, wäre mit einem besser digitalisierten Vertrieb allein im vergangenen Jahr ein Fünftel mehr Umsatz möglich gewesen. Für das laufende Jahr schätzen die Entscheider das Potenzial auf ein Plus von 22 Prozent – sind aber selbst pessimistisch, dass diese Chancen ausgeschöpft werden können. Denn an vielen Stellen ist die Lücke zwischen Ist und Soll einfach noch zu groß.
Die Entscheider aus Betrieben mit bis zu 250 Mitarbeitern wurden im April 2021 im Rahmen der Studie "Digitalisierung und Vertrieb im Mittelstand" im Auftrag von Baulig Consulting befragt.
Maximal die Hälfte der Prozesse ist digitalisiert
Nahezu alle Vertriebsaktivitäten in mittelgroßen Unternehmen laufen im Durchschnitt höchstens zur Hälfte digital ab. So sind beispielsweise
- der Bestandskundenvertrieb,
- Bestell- und Reservierungsprozesse sowie
- interne Informations- und Kommunikationsprozesse etwa zu 50 Prozent digitalisiert.
Zu 40 bis maximal 45 Prozent werden die Beauftragung beziehungsweise Vertragsabschluss, Neukundenentwicklung oder Leadgenerierung, After-Sales-Services und -Prozesse sowie Verkaufsgespräche digital abgewickelt. Noch rudimentärer ist die Digitalisierung der Angebote ausgeprägt. Nur 28 Prozent der Unternehmen bieten online-basierte Services oder eine digitale Beratung an. Dienstleister liegen mit 36 Prozent zwar über dem Durchschnitt. Sie sollten aufgrund ihres Geschäftsmodells aber eigentlich noch deutlich höhere Werte erreichen.
Größter Handlungsdruck bei der Neukundengewinnung
Mit 96 Prozent ist der Mehrheit der Entscheider absolut klar, dass sie großen Nachholbedarf bei der Digitalisierung ihres Vertriebs hat. Den größten Handlungsdruck sehen die Befragten bei der Neukundengewinnung, Verkaufsgesprächen sowie Beauftragungen und Vertragsabschlüssen.
Um diese Bereiche erfolgreich zu digitalisieren, fehlen den Unternehmen aber Ressourcen. 73 Prozent geben in der Studie an, aufgrund der Pandemie aktuell nicht genügend Kapazitäten und Know-how zu haben, um die identifizierten Baustellen effektiv anzugehen. Ebenso viele geben als Problem an, dass es auf dem Markt zu wenig spezialisierte externe Berater gibt. Weitere Probleme, die häufig genannt werden, sind fehlende Aus- und Fortbildungsprogramme zu digitalen Vertriebsstrategien nach aktuellem Stand (71 Prozent), Schwierigkeiten bei der zielgruppengerechten Ansprache über digitale Kanäle (70 Prozent) sowie eine insgesamt zu starke Dynamik beim Thema digitaler Vertrieb.
Die Ergebnisse zeigen, dass die digitale Transformation des Vertriebs alternativlos ist. Die Studie unter den mittelständischen Entscheidern bestätigt, dass den Unternehmen in relevantem Ausmaß Umsätze verloren gehen, wenn sie digital nicht optimal aufgestellt sind. Anstatt die Digitalisierung des Vertriebs als komplexes Projekt und vollständig anzugehen, ist es empfehlenswert, Schritt für Schritt zu handeln und sich dabei auf Quick-Wins und die wichtigsten Prozesse zu konzentrieren. Dabei helfen standardisierte, vielfach praxiserprobte Lösungen, die Mittelständler sich digital und auch im Austausch miteinander aneignen können. An den wichtigen Stellschrauben angesetzt, zahlen sich Digitalisierungsmaßnahmen vergleichsweise kurzfristig aus, so dass das laufende Jahr 2021 umsatztechnisch noch positiv gesteuert werden kann.