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13.04.2023 | Vertriebssteuerung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Transferpreise stehen im Fokus steuerlicher Betriebsprüfungen

verfasst von: Sylvia Meier

4:30 Min. Lesedauer

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Viele Konzerne kämpfen mit Herausforderungen bei den Transferpreisprozessen. Häufig geraten Vertriebsgesellschaften dabei in den Fokus von Betriebsprüfungen – mit erheblichen Folgen für die Unternehmensliquidität.

Transferpreise sind komplex und mit zahlreichen Risiken für international agierende Konzerne verbunden. In einer umfangreichen Studie haben sich die Beratungsgesellschaften Horváth und Flick Gocke Schaumburg mit den aktuellen Herausforderungen im Transferpreisumfeld befasst. Für die Studie wurden über 110 CFOs sowie Führungskräfte aus den Bereichen Finanzen, Controlling und Steuern unterschiedlicher Branchen aus Deutschland und Österreich befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass Vertriebsgesellschaften und Transferpreise vermehrt im Fokus von Betriebsprüfungen stehen.

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Die Funktions- und Risikoanalyse ist zentraler Teil jeder Verrechnungspreisanalyse, denn in jeder Analyse wird die Fremdüblichkeit eines konzerninternen Verrechnungspreises durch einen Vergleich mit Markttransaktionen geprüft.

Definition von Transferpreisen

Doch was sind Transferpreise überhaupt? In dem Buchkapitel "Verrechnungspreise und Kostenallokationen" erklären die Springer-Autoren Ralf Ewert, Alfred Wagenhofer und Anna Rohlfing-Bastian (Seite 527) dazu: 

Verrechnungspreise sind Wertansätze für innerbetrieblich erstellte Leistungen (Produkte, Zwischenprodukte, Dienstleistungen), die von anderen, rechnerisch abgegrenzten Unternehmensbereichen bezogen werden. Andere Bezeichnungen für Verrechnungspreise sind Transferpreise oder Lenkpreise.

Transferpreise sind steuerlich und betriebswirtschaftlich wichtig

Transferpreise sind von großer Bedeutung für Konzerne. Eine korrekte Umsetzung ist wichtig, damit Konzerne steuerliche Rechtssicherheit sicherstellen können. So sehen das 92 Prozent der Umfrageteilnehmer. Doch neben der steuerrechtlichen Sichtweise ist auch eine betriebswirtschaftliche Seite zu beachten. 

So sind Transferpreise für 37 Prozent beispielsweise relevant bei der betriebswirtschaftlichen Steuerung. Für 14 Prozent der Befragten sind Transferpreise auch eine Anreizfunktion, beispielsweise bei der Gestaltung von Verkaufspreisen.

Bewährte Transferpreismethoden in der Praxis

Doch wie werden die Transferpreise ermittelt? Das Studienergebnis legt offen, dass hierfür die Kostenaufschlagsmethode dominiert. Doch interessant ist, dass in bestimmten Fällen auch weitere Methoden zum Einsatz kommen:

  • Für Vorprodukte verwenden die meisten Befragten (72 Prozent) die Kostenaufschlagsmethode. 
  • Diese Methode wird auch häufig angewendet, um Transferpreise für Fertigprodukte (35 Prozent) oder Handelswaren (37 Prozent) zu ermitteln. Doch gerade hier werden häufig auch die Gewinnaufteilung (19 Prozent bei Fertigprodukten, 20 Prozent bei Handelswaren) und die Nettomargenmethode (14 Prozent bei Fertigprodukten, 12 Prozent bei Handelswaren) genutzt. 
  • Für die Lizenzierung von Intellectual Property (IP) kommen die Kostenaufschlagsmethode (35 Prozent), die Preisvergleichsmethode (17 Prozent) und sonstige Methoden (16 Prozent) zum Einsatz. 
  • Bei den Dienstleistungen dominiert wiederum die Kostenaufschlagsmethode (71 Prozent).

Vertriebsgesellschaften sind im Fokus von Betriebsprüfungen

Unternehmen müssen viel Sensibilität bei der Thematik Transferpreise an den Tag legen. In Betriebsprüfungen geraten sie immer häufiger in den Fokus. Das Studienergebnis zeigt, dass vor allem die Vergütung von Vertriebsgesellschaften kritisch geprüft wird. Korrekturen bei Einkünften können dann jedoch gegebenenfalls zu Steuernachzahlungen führen. 

Doch was sind eigentlich Vertriebsgesellschaften? Eine Vertriebsgesellschaft kümmert sich um den Vertrieb von Gütern oder Dienstleistungen, produziert jedoch nicht selbst. Sie ist entweder Eigenhändler und übt damit Vertriebs- und Marketingfunktionen eigenständig aus, mit entsprechenden Absatzrisiken oder ein sogenannter risikoarmer Eigenhändler. Vertriebs- und Marketingfunktionen richten sich hier nach strengen Vorgaben, weniger eigene Risiken. Oftmals werden diese Gesellschaften in Konzernen gegründet, um den Vertrieb zentral zu koordinieren. Das gilt insbesondere bei international agierenden Konzernen. Doch gerade hier muss der Fremdvergleichsgrundsatz der Prüfung standhalten. 

Die Studie zeigt, welche Themen besonders häufig strittig waren oder sogar zu Korrekturen bei Einkünften führten:

  • Vergütung von Lieferbeziehungen gegenüber Vertriebsgesellschaften (61 Prozent, im Vorjahr waren es noch 43 Prozent) 
  • Vergütung von Dienstleistungen (46 Prozent) 
  • Vergütung der Überlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern (45 Prozent)
  • Änderung der Funktions- und Risikoprofile (34 Prozent) 
  • Vergütung von Finanzierungen (32 Prozent) 
  • Vergütung von Lieferbeziehungen für vorgelagerte Produktionsstufen (28 Prozent)

Auch die Springer-Autoren Thomas Bittner, Roman Dawid und Susann Karnath stellen in ihrem Buchkapitel "Typische Problemfelder in Betriebsprüfungen" fest (Seite 275): 

Dass Verrechnungspreise sich seit Langem zu einem Dauerthema in Betriebsprüfungen entwickelt haben, ist unbestritten."

Ein großes Risiko bei Streitigkeiten von Betriebsprüfungen liegt auch in einer möglichen Doppelbesteuerung bei internationalen Konzernen. Hier zeigt das Studienergebnis ein erschreckendes Ergebnis: Fast die Hälfte der Studienteilnehmer akzeptieren eine Doppelbesteuerung. Die Unternehmensliquidität wird hierdurch jedoch massiv belastet. Dabei können gerade diese Risiken minimiert werden, beispielsweise durch die Verwendung von Transferpreisrichtlinien, zeitnahe Verrechnungspreisdokumentationen oder auch ein entsprechendes permanentes Monitoring. Zudem muss die geeignete Transferpreismethode gewählt werden, sodass bereits im Vorfeld Verrechnungspreisdiskussionen verhindert werden.

Vertriebsgesellschaften haben immer mehr Koordinationsaufwand

Die Prozesse rund um Transferpreise sind also von großer Bedeutung, sowohl betriebswirtschaftlich als auch steuerlich. Es verwundert nicht, dass immer mehr Studienteilnehmer die Digitalisierung der Transferpreisprozesse forciert. In der Studie wurde jedoch auch untersucht, inwieweit Vertriebsgesellschaften in ihrer Struktur verändert werden. So zeigen die Ergebnisse beispielsweise, dass nur wenige der befragten Unternehmen eine Umstellung der Vertriebsgesellschaft auf risikoarme Eigenhändler planen. Der Aufgabenumfang bleibt bei 38 Prozent der Vertriebsgesellschaften gleich oder ändert sich bei 28 Prozent nur in geringem Umfang.

Allerdings steigt bei vielen Teilnehmern der Abstimmungs- und Koordinationsaufwand im Vertriebsumfeld immer mehr (61 Prozent). Dies kann einerseits mit den Unsicherheiten auf den globalen Märkten zusammenhängen, andererseits werden bei risikoarmen Eigenhändlern immer mehr Aufgaben von zentralen Organisationseinheiten gesteuert. Für Vertriebsgesellschaften stellt sich also künftig die Frage, wie die Steuerung effizient gelingen kann.

Verzerrte Kennzahlen verhindern

Problematisch aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist außerdem, dass Transferpreise auch Kennzahlen beeinflussen können. Knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer stellte fest, dass Transferpreise die Performance-Messung von Vertriebsgesellschaften verzerren. Das erschwert natürlich auch die Informationsgrundlage für strategische Entscheidungen. Deshalb verwenden viele Unternehmen hier sogenannte Konzernherstellkosten, um die Verzerrung zu beheben. Alternativ können Ausgleichszahlungen, der Lenkpreis-Ansatz oder auch Preisdurchsetzung zur Anwendung kommen, damit eine Verzerrung von Kennzahlen verhindert wird.

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