Um es gleich vorweg zu nehmen: So viel ändert inhaltlich für den Vertrieb in 2018 gegenüber 2017 nicht. Das klingt nach einer guten Nachricht. Ist es aber nicht: Denn erstens wird gerade vieles als Megatrend verkauft, was es bereits schon länger gibt. Zweitens scheint ein gewisser lethargischer Stillstand im Vertrieb eingetreten zu sein. Die Hausaufgaben sind in 2018 zu erledigen. Hierzu drei Aussagen, die mich 2017 beschäftigt haben:
1. „Industrie 4.0 und Digitalisierung geht nur die anderen Abteilungen etwas an“: Nach diesem Motto scheinen viele Verantwortlichen im Vertrieb zu (re)agieren. Vernetzung von Maschinen und Computerprogrammen, die alles intelligenter machen, gehen uns im Vertrieb nichts an. Das ist ein Trugschluss. Wenn Maschinen sich selbst organisieren – so wir denn überhaupt noch Maschinen benötigen und nicht dreidimensional drucken oder elektrisch fahren – dann bestellen sie auch ihre Waren selbst. Standardprozesse im Vertrieb fallen massenhaft weg. Digitale Geschäftskonzepte können unsere eigenen obsolet machen. Wenn der Vertrieb hier nicht die Ohren auf der Schiene hat, kommt der Zug schneller als geplant und auch noch aus der anderen Richtung.
2. „Wir haben doch schon so viel getan“: …mag sein, aber man sollte immer noch mehr tun. Wir erleben gerade eine ganz gefährliche Situation: Die Auftragsbücher sind voll, die Wirtschaft brummt. Warum sollten wir uns beispielsweise darum kümmern, digitaler zu werden, wir haben doch ein CRM-System... In Gesprächen und Seminaren zur Digitalisierung im Vertrieb ist mir 2017 deutlich geworden, dass mal wieder die bereits Guten noch besser werden wollen. Hier werden digitale Technologien wie virtuelle Showrooms oder Augmented Reality im Einzelhandel ausprobiert. Bei denen, die weit hinterher hinken, wird sich erstaunlicherweise oft auf die Schultern für das Erreichte geklopft – sehr gefährlich! Noch etwas: Die Customer Journey verändert sich mit der Digitalisierung. Sei es, dass Kunden nach Produkten eher über Amazon (also einen Händler) oder Facebook und Instagram (also Social Media) suchen als über Google Ausschau zu halten. Oder, dass Sterne-Empfehlungen über den Erfolg und Misserfolg von Produkten entscheiden: Wir müssen den Kunden und seine Reise durch die Welt von Werbung, Produkten und Absatzkanälen umfänglich verstehen und bedienen lernen. Und hier dreht sich die Welt sehr schnell. Instagram zum Beispiel war 2017 der Senkrechtstarter bei den Nutzungszuwächsen. Wir wissen aus der Forschung, dass Likes auf Facebook für den Verkauf nichts bringen. Was aber noch 2017 gut lief, kann 2018 schon überholt sein.
Kundenorientierte Technologien voranbringen
3. „Wir kümmern uns persönlich um unsere Kunden – das ist das Einzige, was uns vor der Digitalisierung schützt“. Im Weihnachtsgeschäft war zu lesen, dass einige Paketversender ein Ende der Haustürlieferungen sehen, da sie die Mengen an Paketen nicht mehr bewältigen könnten, zumal der böse Empfänger häufig nicht da ist. Was für eine Bankrotterklärung an die Kundenzentrierung! Anstatt intelligente kundenorientierte Technologien wie elektronische Paketkästen in jedem Eingang, die 24 Stunden Pakete annehmen, zu installieren, versucht man, das Rad zurückzudrehen. Noch ein weiterer Aspekt: Wenn der Kunde keinen persönlichen Kontakt mehr zum Vertrieb wünscht, ist der alte Vertrieb obsolet. Hier muss der Vertrieb also Mehrwert schaffen. 2018 werden zudem die Nutzungsbedingungen von Kundendaten weiter verschärft. Vielleicht ist das auch für Marketing und Vertrieb ganz gut so. Denn nicht selten haben sie ihre Kunden mit vermeintlich personalisierter Werbung gehörig genervt. Das wird nun etwas schwerer. Es müssen neue Vermarktungs- und Kontaktinstrumente her.
Und so gilt auch 2018, was schon im Jahr 2017 galt, nur mit viel größerer Dringlichkeit: Nutzen wir die Chancen der Digitalisierung, lassen wir den Mut zu Neuem zu und kannibalisieren wir unsere alten Geschäftsmodelle mit digitalen Geschäftsmodellen, bevor es andere tun.
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