Künstliche Intelligenz braucht im Vertrieb Experimentierfreudigkeit und erweiterte Skills der Verkäufer, damit der Wandel gelingt. Felix Ohlhauser, Head of Sales bei Pawlik Consultants, erklärt im Exklusiv-Interview mit Sales Excellence, welche Fähigkeiten und Führungsprinzipien jetzt in der KI-Roadmap wichtig sind.
Sales Excellence:Herr Ohlhauser, der wachsende Einfluss von KI-Anwendungen hat die Vertriebspraxis teils disruptiv verändert. Prozesse kommen auf den Prüfstand und werden unter Effizienzanforderungen in Sales Divisionen neu ausgerichtet. Dabei kann KI helfen. Wie stark ist derzeit der Umsetzungsstress in den Vertriebsteams?
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Felix Ohlhauser: Der Umsetzungsstress ist real und er hat viel mit Unsicherheit zu tun. Viele Vertriebsteams wissen zwar, dass KI enorme Potenziale bietet, aber die Frage bleibt: Wo fangen wir an? Mein Tipp: Vertriebsorganisationen sollten sich auf den Standard ihrer Projekte fokussieren, nicht auf jede Ausnahme. Unternehmen versuchen oft, KI sofort in allen denkbaren Szenarien einzusetzen und verlieren sich dabei im Detail. Erfolgreich werden diejenigen sein, die mit kleinen, einfachen Projekten starten und dann skalieren. Die Teams, die KI als Unterstützung und nicht als Bedrohung verstehen, bauen schneller Vertrauen im Unternehmen auf - genau das reduziert den Umsetzungsstress enorm.
Felix Ohlhauser
ist Head of Sales bei der Unternehmensberatung Pawlik Consultants (www.pawlik.de) in Hamburg. Er ist spezialisiert auf die Besetzung von Führungs- und Vertriebspositionen in der Automobil-, Maschinenbau- und Konsumgüterindustrie und beschäftigt sich auch mit der KI-Transformation. Ohlhauser hält einen MBA in Corporate Management der HSBA in Hamburg. E-Mail: fohlhauser@pawlik.de
Viele Vertriebsexperten in Unternehmen sagen: KI-Transformation ist Chefsache. Wie können Vertriebsführungskräfte ihre Sales-Mannschaften am besten mit auf diese Reise nehmen, um ihnen die Chancen des KI-Wandels aufzuzeigen?
Führung bedeutet, Mut zu machen und Orientierung zu geben. Die größte Hürde ist oft nicht die Technologie selbst, sondern die Angst davor. Führungskräfte sollten Unsicherheiten abbauen und zeigen, dass Künstliche Intelligenz kein Ersatz für sie ist, sondern ein Booster. Vertriebsteams sollten mutiger sein, Neues auszuprobieren und bewusst mit einfachen Tools starten, die schnelle Erfolge liefern - etwa ein KI-gestütztes Lead-Scoring oder automatisierte Meeting-Notizen. Niemand hat Lust auf Admin-Arbeit - das kann die KI übernehmen. Nicht jeder Vertriebler ist jedoch KI-affin. Führungskräfte müssen sich daher aktiv um diejenigen kümmern, die mit den neuen Technologien Schwierigkeiten haben. Daher sollten sie die Komplexität minimieren, Mitarbeiter gezielt einbinden und ihnen konkrete Lösungen aufzeigen, die ihren Arbeitsalltag erleichtern. Das können zum Beispiel einfache Automatisierungen oder intuitive Tools sein, die ohne komplizierte Eingaben auskommen. Dabei gilt der Grundsatz: Wer seinem Team Freiräume zum Ausprobieren gibt und innovative Ideen fördert, wird seine Mitarbeiter für den Wandel gewinnen.
Sie selbst sind auf die Besetzung von Führungs- und Vertriebspositionen in Kernbranchen wie dem Automobil- und Maschinenbau und der Konsumgüterindustrie spezialisiert. Sind die Vertriebsleader, auf die Sie dabei treffen, bei den Skills für den KI-Wandel schon gut genug aufgestellt?
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Viele stehen hier noch am Anfang. Viele Führungskräfte wissen nicht, wo sie anfangen sollen. Die Geschwindigkeit, mit der sich Künstliche Intelligenz entwickelt, überfordert viele. Jeden Tag gibt es neue Tools und Innovationen - das kann abschreckend wirken. Hier liegt der Schlüssel: Führungskräfte müssen ihren Fokus auf den Einstieg setzen. Es geht darum, konkrete Anwendungsfälle zu definieren und einfache Pilotprojekte zu starten. So entsteht Orientierung und Vertrauen. Der zweite Bereich ist der Aufbau neuer Skills im Team. Vertriebler müssen lernen, KI-Werkzeuge aktiv zu nutzen. Dabei stehen praxisnahe Fähigkeiten im Fokus.
Können Sie einige Beispiele nennen?
Ja, es geht zum Beispiel um Datenkompetenz: Vertriebler sollten verstehen, wie KI-generierte Insights interpretiert werden und welche Daten entscheidend sind. Für die Tool-Kompetenz muss der Umgang mit Tools, wie automatisierten Meeting-Notiz-Systemen, KI-gestützten CRM-Lösungen oder Follow-up-Automationen gezielt vermittelt werden. Außerdem geht es um Kommunikationsskills. Vertriebler sollten zum Beispiel lernen, KI-basierte Empfehlungen verständlich und überzeugend in Kundengesprächen einzusetzen. Führungskräfte müssen ihre Teams aktiv dabei begleiten, diese Fähigkeiten aufzubauen. Praktische Anwendungsbeispiele und einfache Erfolgserlebnisse helfen dabei, Unsicherheiten abzubauen und Vertrauen in KI-Tools zu entwickeln.
Was sind denn hier die neuen „Must haves“ für Vertriebler?
Vertriebler der Zukunft brauchen neue Fähigkeiten, die klassische Stärken mit digitalen Kompetenzen verbindet, etwa Analysefähigkeit: Wer Daten interpretieren kann, gewinnt neue Einblicke in die Kundenwelt. Hilfreich ist auch technologische Neugier: Wer bereit ist, KI auszuprobieren, wird effizienter arbeiten. Aber es geht auch um menschliche Kompetenz. Trotz aller Technologie bleibt Empathie und Beziehungspflege das wichtigste Werkzeug im Vertrieb.
Auf welche Hürden treffen Sie häufig in Unternehmen, wenn es darum geht, KI gezielt auf verschiedenen Ebenen des Vertriebs zu integrieren - und wie können sie am besten aus dem Weg geräumt werden?
Die größten Stolpersteine sind Überforderung und der fehlende Fokus. In vielen Unternehmen sehe ich zwei Hauptprobleme: Es liegt eine zu große Konzentration auf Perfektion. Manche Unternehmen wollen die Technologie von Anfang an perfekt einsetzen und alle Eventualitäten abdecken. Das funktioniert nicht. Mein Rat ist, mit einfachen Bereichen anzufangen und sich dann weiterzuentwickeln. Zudem gibt es häufig unklare Verantwortlichkeiten. KI ist oft ein Thema zwischen Vertrieb, IT und Management, doch klare Zuständigkeiten fehlen. Hier braucht es Führungskräfte, die den Prozess moderieren und als Enabler auftreten.
Ihr Keynote-Vortrag bei der Zukunftswerkstatt Sales Excellence im Mai adressiert klar den Wettbewerbsgedanken, mit dem Vertriebsabteilungen bei der KI-Transformation konfrontiert sind - Sie nennen es „Survival of the Smartest“. Das klingt spannend. Was bedeutet es genau?
Der Begriff beschreibt die neue Realität im Vertrieb: Erfolgreich wird nicht der, der am lautesten verkauft - sondern der, der klüger agiert. KI eröffnet enorme Chancen, aber nur, wenn Unternehmen lernen, diese auch smart einzusetzen. Es geht darum, Prozesse zu verschlanken, Daten als Entscheidungsgrundlage zu nutzen und Kunden noch gezielter zu begleiten. Mein Tipp lautet: Keiner muss das Rad neu erfinden, sondern schneller und mutiger als die Konkurrenz sein. Wer Künstliche Intelligenz sinnvoll integriert, bleibt im Spiel - wer zögert, riskiert, den Anschluss zu verlieren.
Die Fragen stellte Eva-Susanne Krah.
6. Zukunftswerkstatt 2025
Felix Ohlhauser ist Keynote-Speaker bei der Präsenzkonferenz „Zukunftswerkstatt Sales Excellence 2025: KI als Booster im Vertrieb - Strategien und digitale Werkzeuge für intelligentes Verkaufen“ am 8. Mai 2025 in Frankfurt am Main. Der Personalexperte spricht zum Thema “Survival of the Smartest - Wie Vertriebsführungskräfte und Sales Teams den KI-Wandel erfolgreich meistern.“
Weitere Infos zu Programmhighlights und Referenten sowie Anmeldemöglichkeiten zur Konferenz finden Sie auf den Seiten 10 und 11 in dieser Ausgabe und unter
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