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08.10.2024 | Verwaltungsfinanzen | Gastbeitrag | Online-Artikel

Öffentliche Verwaltung kämpft mit komplexen Steuerpflichten

verfasst von: Michael Plazek-Stier, Ferdinand Schuster

3:30 Min. Lesedauer

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Die öffentliche Hand nimmt nicht nur Steuern ein, häufig muss sie auch selbst Steuern zahlen. Eine bundesweite Studie zeigt, wie die Verwaltungen mit zunehmenden steuerlichen Herausforderungen und dem Thema Tax Compliance umgehen. 

Auf den ersten Blick mag es paradox erscheinen: Die öffentliche Hand, die sich primär über Steuereinnahmen finanziert, muss regelmäßig auch selbst Steuern zahlen. Steuerpflichten bestehen nicht nur bei den privatwirtschaftlichen Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand, sondern auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere dann, wenn diese auch wirtschaftlich tätig sind. 

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Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand

Eine Einstiegshilfe unter Berücksichtigung der alten und neuen Rechtslage

Dieses essential gibt einen Überblick über die Grundlagen und wesentlichen Besonderheiten der sich im Umbruch befindlichen Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand. Es richtet sich an alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, zeigt den sich aus der Novellierung des § 2b UStG ergebenden Handlungsbedarf auf und dient als praxisnahe Einstiegshilfe in die komplexe Materie.

Besteuerung der öffentlichen Hand ist komplex

Die genaue Abgrenzung zwischen steuerpflichtigen und nicht steuerpflichtigen Betätigungsbereichen öffentlich-rechtlicher Organisationen ist oft alles andere als einfach. Die rechtliche Komplexität der Steuerpflichten ist in den vergangenen Jahren zudem weiter gestiegen. Fehlerhafte Steuererklärungen können dabei sogar strafrechtliche Konsequenzen für Verwaltungsbedienstete nach sich ziehen.

Wie sich betroffene öffentlich-rechtliche Organisationen wie Kommunen, Bundes- und Landesverwaltungen, Sozialversicherungsträger, Hochschulen und öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften auf diese steuerlichen Herausforderungen einstellen und sie organisatorisch umsetzen, war bundesweit bislang kaum erforscht. Das von KPMG geförderte Institut für den öffentlichen Sektor hat daher im Herbst 2023 eine standardisierte Befragung von mehr als 180 Finanz- und Steuerverantwortlichen öffentlich-rechtlicher Organisationen - vorwiegend aus Kommunen und Kirchen - durchgeführt.

Erfüllung der Steuerpflicht wird zunehmend anspruchsvoller

Die Ergebnisse zeigen: 95 Prozent der Befragten nehmen einen zumeist starken Anstieg der Anforderungen bei der Identifizierung und Erfüllung der Steuerpflichten wahr. Insbesondere das neue Umsatzsteuerrecht für die öffentliche Hand bereitet den Organisationen Schwierigkeiten. Das Gesetz ist zwar bereits 2015 in Kraft getreten, wird aber aufgrund zahlreicher Übergangsfristen nun voraussichtlich erst Anfang 2027 verpflichtend.

In den Augen der Befragten wird die Neuregelung dennoch als große Belastung wahrgenommen. Für mehr als drei Viertel der Befragten stellt die Einführung des neuen Umsatzsteuerrechts die größte Herausforderung dar. Die Umsatzsteuer bindet von allen Steuerpflichten zudem die meisten Personalkapazitäten und wird mit großem Abstand als das größte Steuerrisiko angesehen.

Erste Personalstrukturen aufgebaut

In Reaktion auf die komplexen Steuerpflichten haben mehr als 80 Prozent der befragten Organisationen eine explizite Personalstelle oder eine eigene Abteilung zur Erfüllung der Steuerpflichten eingerichtet, knapp zwei Drittel haben dabei mindestens eine Vollzeitstelle im Stellenplan ausgewiesen. 

70 Prozent der befragten Organisationen haben mindestens eine dieser Personalstellen mit einer spezifischen steuerlichen Fachqualifikation (Steuerberaterin, Steuerfachwirtin oder Steuerfachangestellte) besetzt. Beschäftigte mit Steuerberaterexamen sind jedoch vor allem in Kommunen nur selten vertreten. Kleinere Organisationen haben bei der adäquaten Stellenbesetzung deutlich größere Probleme. 

Nach Einschätzung der Befragten ist sich die Mehrheit der Hausleitungen ihrer steuerlichen Haftungsrisiken zumindes tendenziell bewusst. Zugleich wird die Sensibilisierung der gesamten Führungsebene für Steuerthemen weiterhin als große Herausforderung gesehen. 

Steuerfunkton muss weiter gestärkt werden

Ausbaufähig erscheint zum einen die gezielte IT-Unterstützung der Steuerfunktion. Die Mehrzahl der befragten Organisationen verzichtet bislang auf einen Einsatz steuerspezifischer Software.  Problematisch erscheint zudem, dass das Steuerpersonal derzeit nur in jeder zweiten befragten Organisation auch regelmäßig in steuerlich relevante Organisationsentscheidungen einbezogen wird. Verpflichtende Mitarbeiterschulungen, die organisationsweit bei der entsprechenden Sensibilisierung helfen können, gibt es bislang aber nur in jeder vierten Organisation.

Steuerliche Risiken werden bislang nur in jeder dritten Organisation regelmäßig und systematisch erfasst. Auch ein sogenanntes Tax-Compliance-Management-System (Tax-CMS), also ein dokumentiertes innerbetriebliches System zur Sicherstellung der Erfüllung von steuerlichen Pflichten, hat erst ein Drittel der Organisationen im Einsatz. Die gute Nachricht: Weitere 50 Prozent planen bereits ein solches Tax-CMS einzuführen.

Angesichts wachsender steuerlicher Herausforderungen - wie der noch nicht abgeschlossenen Umstellung des Umsatzsteuerrechts, der zum 1. Januar 2025 in Kraft tretenden Grundsteuernovelle oder der zunehmenden Automatisierung von Steuerprozessen - sollten öffentliche Verwaltungen das Thema Tax Compliance in den nächsten Jahren auf ihrer Agenda halten.

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