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Neue Gesichter entstauben die Amtsstuben

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Bisher stehen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für die Verwaltung. Doch die Stadtoberhäupter bekommen – durchaus gewollt – Konkurrenz. Influencerinnen und Influencer aus den Behörden sorgen auf Social Media vermehrt für Furore.

So genannte Amtfluencerinnen und Amtfluencer können Verwaltungen in ihrer Kommunikation und Selbstdarstellung unterstützen.


Ob auf LinkedIn, YouTube oder TikTok – Mitarbeitende aus Verwaltungen möchten weg vom verstaubten Behörden-Image, wollen Brücken zu den Bürgerinnen und Bürgern bauen. Über Social-Media-Kanäle posten sie Schnipsel aus ihrem Berufsalltag, informieren über Arbeit und Abläufe, Erfolge und Emotionen, Pannen und Probleme. Mal lustig, mal schräg, aber immer mit dem Anspruch, authentisch zu sein. Das zieht mehr als Amtskette und Stadtwappen, gerade bei der jungen Gemeinde.

Influencerinnen und Influencer gelten in der Wirtschaft längst als wichtige Markenbotschafterinnen und -botschafter in Marketing und Kommunikation. Auch Behörden nutzen zunehmend Social-Media-Kanäle, in denen Mitarbeitende ihre Verwaltung samt Alltag im Amt meist persönlich darstellen. Daher die Wortschöpfung "Amtfluencerin" beziehungsweise "Amtfluencer".

Mit #WirFürMünchen auf LinkedIn unterwegs

Für die bayerische Landeshauptstadt sind zum Beispiel 16 Verwaltungsmitarbeitende seit Januar 2023 unter dem Hashtag #WirFürMünchen auf LinkedIn aktiv. Nach sechs Monaten lagen die ersten Evaluationsergebnisse vor: 436 Postings, 15.673 Followerinnen und Follower, 20.813 Likes und 4.906 Kommentare, aus Sicht der Akteurinnen und Akteure ein voller Erfolg.

Münchens Amtfluencer-Programm zielt darauf ab, die vielseitigen Arbeitsfelder der Stadtverwaltung authentisch vorzustellen und mit dem angestaubten Image aufzuräumen. Die Amtfluencerinnen und Amtfluencer, die sich hier "Corporate Influencer" nennen, haben noch weitere Mehrwerte ihres Schaffens ausgemacht. Ein großes Netzwerk sei entstanden. Das sei nützlich, "um deutschlandweit mit anderen Expert*innen über ihre fachlichen Themen in den Austausch zu treten", berichtet das Team auf LinkedIn. Außerdem sei die Arbeit in den Kanälen wertvoll für das Personalmarketing: Vielen Jobsuchenden sei die Vielfalt der Berufe in einer Stadtverwaltung nicht bewusst. Und Corporate Influencer zeigten nach außen, "welche Erfolge wir für unsere Stadtgesellschaft erzielen".

Andere Städte melden ebenfalls Social-Media-Erfolge. Beispielsweise zählte die Stadt Monheim am Rhein mit ihren rund 47.000 Einwohnenden kürzlich gut 8.600 Instagram-Followerinnen und -Follower, Leipzig knapp 100.000 und Hamburg 622.000.

Auch Ministerien schätzen Influencerinnen und Influencer

Amtfluencerinnen und Amtfluencer machen auch Landes- und Bundesbehörden sichtbarer. "Die Zusammenarbeit mit Influencern kann dazu beitragen, das Image einer Behörde zu modernisieren und diese als attraktiven Arbeitgeber darzustellen", antwortete die hessische Staatskanzlei 2024 auf eine Kleine Anfrage im Landtag. Demnach investierte die Landesregierung seit 2022 eine sechsstellige Summe in Influencer-Kampagnen des Innen-, Finanz-, Sozial- und Kultusminsteriums.

Was Amtfluencerinnen und Amtfluencer leisten sollen

Die genaue Zahl der Amtfluencerinnen und Amtfluencer in Deutschland ist unbekannt. Klar ist aber: Es handelt sich um ein wachsendes Phänomen. Fachliteratur, Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Seminare und Workshops sind längst im Angebot. Sie versprechen Erfolg, sollen die Szene professionalisieren. Amtfluencerinnen und Amtfluencer sollen zum Beispiel das Employer Branding stärken, das Recruiting fördern und die Motivation der Belegschaft steigern. Obendrein gelten Amtfluencer-Aktivitäten als vergleichsweise preiswert.

Influencer-Posts sind oft das Gegenstück zu Hochglanzbroschüren. Ihre Kommunikation kommt auf Social Media persönlich rüber, wie die Botschaft einer oder eines guten Bekannten. Dabei gilt Authentizität als ein wichtiger Schlüssel zum Wirkungserfolg. Denn damit lässt sich gerade bei jüngeren Menschen punkten.

Städtetag empfiehlt Social Media zwingend

Der Deutsche Städtetag veröffentlichte Anfang 2025 ein Positionspapier zur Bedeutung von Social Media für die Kommunikationsarbeit der Städte. Darin heißt es: "Bereits heute informieren sich rund 70 Prozent der 14- bis 29-Jährigen online und in den sozialen Netzwerken über politische Inhalte, rund zehn Prozent dieser Altersgruppe beziehen ihre politischen Informationen bereits ausschließlich online." Damit sei es für die Städte "fast zwingend notwendig, in den Netzwerken Informationen über kommunalpolitische Entscheidungen, Angebote der Stadt und städtisches Verwaltungshandeln bereitzustellen."

Posts aus dem Amt dürfen aber auch unterhaltsam sein. Mit Humor stellt ein Team der Stadt Schorndorf in Baden-Württemberg den Berufsalltag des Oberbürgermeisters Bernd Hornikel als Video auf LinkedIn vor. Zum Einstieg gibt es gleich das erste Vorurteil: Ein Chauffeur fährt den OB in einer schwarzen Limousine vor. Sicherheitskräfte checken die Lage, öffnen die Autotüren. In feinstem Zwirn, mit schwerer Amtskette um die Hals, schreitet Hornikel eitel auf "sein" Rathaus zu. Arbeitsbeginn 10 Uhr, der Kaffee wird serviert. Ein Gebäude wird eingeweiht, der OB hält eine Ansprache und hat um 17 Uhr Feierabend. Dann folgt die Realität: Hornikel kommt morgens in Jeans und Turnschuhen zu Fuß ins Büro. Den Kaffee gibt’s aus dem Pott im Stehen, ein weiterer Koffeinkick erwischt die Tageszeitung. Er telefoniert, seine Assistentin macht Termindruck, im Videocall ruckelt die Technik. Auf dem Weg über den Flur wird er dreimal angehalten, Mitarbeitende wollen Sachverhalte klären. Gegen 19:30 Uhr will Hornikel in den Feierabend. Der OB flüchtet schnellen Fußes aus dem Rathaus. Seine Assistentin kann er auf dem Marktplatz gerade noch abhängen.

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Bildnachweise
Amtfluencer/© AntonioDiaz / stock.adobe.com [Symbolfoto mit Fotomodell]