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2021 | Buch

Von künstlicher Biologie zu künstlicher Intelligenz - und dann?

Die Zukunft unserer Evolution

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Über dieses Buch

Hat uns die Evolution als intelligente Menschen ausreichend dafür gerüstet, unsere Zukunft für ein würdiges Leben unserer Kinder und Enkel und für den Erhalt der Erde zu steuern?

Der Autor entwickelt Szenarien für die zukünftige Evolution des Menschen. Behandelt werden medizinische und gentechnische Entwicklungen wie Nanotechnologie, Organherstellung im 3D-Drucker, Gehirn-Computer-Schnittstellen, Strategien zur Vermeidung von Pandemien, CRISPR, genetische Verbesserungen, Unsterblichkeit und der Transhumanismus, einschließlich Superintelligenz. Künstliche Intelligenz ist immer im Spiel. Der Mensch nimmt Einfluss auf die Entwicklung alles Lebens, greift damit auch immer stärker in die eigene Evolution ein und überlagert damit die natürliche Selektion und Anpassung. Wir sind nicht mehr an die natürliche Umgebung angepasst, sondern an eine künstliche Welt, die wir selbst schaffen. Aber können wir uns vollständig von der natürlichen Selektion befreien?

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Evolution und Zukunft – kein Widerspruch

Frontmatter
Kapitel 1. Unsere evolutionäre Abkopplung von der natürlichen Selektion?
Zusammenfassung
Die natürliche Selektion ist der Hauptmechanismus darwinscher Evolution und der heute gängigen Evolutionstheorie. Sie hat die Evolution des Menschen auch in historischer Zeit mitbestimmt, etwa durch die lokal unterschiedlich starke Ausprägung der Milchverträglichkeit oder durch unterschiedliche Anpassungen an Sauerstoffmangel bei Bergvölkern. Das Gewicht der natürlichen Selektion ändert sich jedoch mit dem modernen Menschen. Homo sapiens will sich in der Technosphäre von ihren Fesseln lösen, indem er zielgerichtet in seine eigene Evolution eingreift. Natürliche Selektion wird zunehmend von künstlicher Selektion überlagert. Damit ist Evolution nicht mehr „blind“, ungerichtet und ungeplant, wie sie Darwin und die Standardtheorie verstehen. Unsere evolutionäre Gegenwart und Zukunft verlaufen zunehmend als untrennbare Natur-Kultur-Koevolution. In dieser Koevolution macht der Mensch seine eigene Evolution planbar. In der zielgerichteten modernen Biologie und Medizin wird potenziell jeder fit gemacht. Das Survival of the Fittest und biologische Grenzen gelten dann nicht mehr, so die Vorstellung. Völlig ausschalten lassen sich die natürliche Selektion und Anpassung jedoch nicht.
Axel Lange
Kapitel 2. Theorien zur Evolution der Kultur
Zusammenfassung
Die Standardtheorie der Evolution kann kumulative kulturelle Leistungen des Menschen nicht erklären. Dafür benötigt sie die Erweiterung um nicht-genetische, kumulative kulturelle Vererbung, die Nischenkonstruktionstheorie und kollektive Intelligenz. Die Theorie kultureller Evolution sucht Muster, die sich kulturell vererben und dabei variieren. Die erfolgreichen werden selektiert und führen zu adaptiver Kultur. Neben Anpassungen werden aber auch zunehmend kulturelle Fehlanpassungen erforscht. Sie sind zwingende und unvermeidbare Entwicklungen der kulturellen Evolution.
Axel Lange
Kapitel 3. Wie Wissenschaft mit der Zukunft umgeht
Zusammenfassung
Mit den Entwicklungen der synthetischen Biologie und künstlichen Intelligenz wird in der Technosphäre verstärkt zielgerichtet in die menschliche Evolution eingegriffen. Damit wird diese auch zu einem möglichen Gegenstand der Zukunftsforschung. Die in den USA entstandene Wissenschaftsdisziplin Futures Studies arbeitet mit Grundprinzipien und professionellen Methoden, um alternative Zukunftsszenarien menschlicher Evolution zu erstellen. Futures Studies erstellen keine statistisch berechneten Prognosen wie Unternehmen und Politik, sondern alternative Szenarien, meist Wunschszenarien, die verglichen werden und auch gleichzeitig eintreten können.
Axel Lange

Biologie, Medizin und KI – gezielte epochale Umwälzungen

Frontmatter
Kapitel 4. Molekulare Roboter und künstliche Proteine
Zusammenfassung
Die Nanomedizin wird zu einer tragenden Säule der Zukunftsmedizin. Künstliche, autonome DNA-Bots in Molekulargröße können Medikamente im Gefäßsystem und anderen Geweben transportieren und gezielt an Krankheitsherden absetzen, wo sie dann ihre Wirkung entfalten. Ein Schwerpunkt-Einsatz wird die Krebsbekämpfung sein. Aber auch Diagnosen sollen in der entstehenden Molekulardiagnostik zunehmend exakt auf das Individuum zugeschnitten werden. Softwareunterstütztes Design neuer, in der Natur nicht vorkommender Proteine nimmt Fahrt auf. Künstliche Proteine mit neuen chemischen und physikalischen Eigenschaften entstehen. Langfristig können sie zu Bestandteilen unserer Biologie werden und unsere Evolution verändern. Die Unterscheidbarkeit von künstlich und natürlich wird dabei vollkommen verschwimmen. Am Horizont zeichnet sich bereits die vollständige Simulation unserer Biologie und ihr Umbau mit der Hilfe künstlicher Intelligenz und globaler Netze ab. Immer exaktere Simulationen bis auf die molekulare Ebene können zu einem Rückgrat medizinischer Strategien werden.
Axel Lange
Kapitel 5. Medizintechnik, Chirurgie und Pandemiestrategien – an den Grenzen des Machbaren
Zusammenfassung
Die Chirurgie hat damit begonnen, künstliche, sehr bewegliche, sensitive Gliedmaßen herzustellen, die vom Gehirn gesteuert werden. Diese Prothesen werden immer natürlicher aussehen, bis in die Fingerspitzen funktionieren und sensorische Empfindungen vermitteln. Die Forschung zum 3D-Printing menschlicher Organe macht erhebliche Fortschritte und wird immer mehr Realität werden. Parallel dazu wird es Xenotransplantationen geben; hier werden tierische Spenderorgane bei Menschen eingesetzt. Noch interessanter ist das Heranwachsen menschlicher Organe aus präparierten menschlichen Stammzellen in Tierembryonen, die dort wachsen und später organkranken Empfängern implantiert werden können. Computer-Gehirnschnittstellen nehmen verschiedene Formen an. Es ist jedoch spekulativ, Gehirnsignale in Form von Gedanken zu übertragen. Ein Upload des gesamten Gehirns und damit sein Backup im Internet scheint in weiter Ferne zu sein. Kopftransplantationen könnten hingegen eher zu einem Standard ähnlich heutiger Herztransplantationen werden. Sie werfen jedoch extrem schwierige ethische Fragen auf. Die Reduzierung von Pandemiebedrohungen durch Präventionspläne und deren politische Umsetzung umfassen viele Lebens- und Arbeitsbereiche und entwickeln sich aktuell zu einer der größten Herausforderungen, vor der der moderne Mensch bisher stand.
Axel Lange
Kapitel 6. Genom-Editierung – Therapieren von Erbkrankheiten und noch viel mehr
Zusammenfassung
CRISPR ist ein Durchbruch in der Biologie, vergleichbar mit der Entdeckung der DNA. Unübersehbare Möglichkeiten eröffnen sich für den Menschen, die Genome von Pflanzen und Tieren, vor allem aber sein eigenes Genom mit gezielten Vorhaben zu manipulieren. Bereits Veränderungen des Genoms in Zellen des erwachsenen Menschen können gravierende Umbauten darstellen. Ein evolutionär gesehen explosives Potenzial birgt jedoch der Eingriff mit CRISPR in die menschliche Keimbahn, der früher oder später unausweichlich kommen wird. Die Methoden dazu werden mit der Therapie monogener Krankheiten beginnen und auf die Behandlung polygener Erkrankungen ausgeweitet werden. Am Horizont steht die vollständige Eliminierung von Infektionskrankheiten.
Axel Lange
Kapitel 7. Genoptimierung – vom Traum zur Wirklichkeit?
Zusammenfassung
CRISPR wird mit zunehmendem Wissen nach und nach breiter angewandt werden, da die Grenzen zwischen krank und gesund (bzw. normal) unscharf sind. Manche Gesellschaften könnten die Manipulation unseres Erbguts in Richtung auf höhere Intelligenz, schöneres Aussehen, mehr Muskelmasse, sportliche Leistungsfähigkeit und viele andere Verbesserungen fördern, sei es, dass sich dadurch riesige Märkte eröffnen oder Gesellschaften sich politische Vorteile verschaffen wollen. Ob eine höhere kognitive Intelligenz auch eine bessere Urteilskraft und humaneres Denkvermögen bedeutet, ist eine andere Frage. In der Regel wird bei Genom-Editierung davon ausgegangen, dass die DNA einen deterministischen Bauplan für das Leben darstellt, dessen Veränderung zu beabsichtigten Ergebnissen führt. Andere kausale Entwicklungsfaktoren für den Phänotyp, wie die Epigenetik und zelluläre Wechselwirkungen, bleiben unberücksichtigt. Diese beschränkte Sicht birgt große Gefahren.
Axel Lange
Kapitel 8. Personalisierte Medizin – nur möglich mit Big Data und KI
Zusammenfassung
An personalisierter Medizin wird kein Weg vorbeiführen. Die Zunahme von Krankheiten, die unserem Lebensstil geschuldet sind, die steigende, unübersehbare Flut neuer medizinischer Erkenntnisse auf der einen und personenbezogener Daten auf der anderen Seite sowie die Notwendigkeit der Organisation und Integration dieser Daten sprengen das heutige Gesundheitssystem. Der Anspruch des modernen Menschen geht weg von der Einheitsmedizin hin zu individualisierter Prädiktion, Prävention und Therapie. Vom Einzelnen wird dabei hohes Selbstmanagement gefordert. Gleichzeitig werden ärztliche Kontakte abnehmen. Anamnese und Diagnose verlagern sich auf intelligente Apps für die Patienten und auf Systeme für professionelle Umgebungen. Die Herausforderungen an eine landesweite Datenintegration sind sehr hoch. Die heutige und zukünftige Therapie von Typ-1-Diabetes ist ein Beispiel dafür, wie personalisierte Medizin bei Krankheitsbildern zukünftig aussehen wird. Ein Gesamtbild unserer Gesundheit entsteht erst aus der gemeinsamen Perspektive der Medizin und der Evolution.
Axel Lange
Kapitel 9. Immer älter – von Methusalem-Genen bis Verjüngung und Unsterblichkeit
Zusammenfassung
Die Wissenschaft lernt, das Altern besser zu verstehen. Die Lebensspanne hat sich in den letzten 100 Jahren significant erhöht; das wurde vor allem durch bessere Beherrschung von Krankheiten möglich. Der Übergang zum Studium der Faktoren, die das Altern selbst bestimmen, wird erst heute vollzogen. Hier werden große Fortschritte erwartet, die sich in körperlich und geistig gesundem höheren Alter für viele Menschen niederschlagen. Dabei sollen die maximale Lebensspanne deutlich erhöht sowie Verjüngung und Regeneration dabei ermöglicht werden. Das ökonomische Potenzial auf diesem Gebiet ist unermesslich hoch. In nicht allzu ferner Zukunft werden große Teile der Gesellschaft in hoch entwickelten Ländern mit kapitalkräftigem Publikum weit über 100 Jahre alt sein und neue Rollen und gesellschaftliche Akzeptanz finden müssen.
Axel Lange

Ferne Visionen und notwendige Transformationen

Frontmatter
Kapitel 10. Die transhumanistische Bewegung
Zusammenfassung
Die transhumanistische Bewegung sieht die gewollte Verbesserung des Menschen nach Darstellung vieler Autoren als den natürlichen nächsten Schritt in der menschlichen Evolution. Sie sieht sich in der Lage, auf der Grundlage von Wissenschaft und technischer Erneuerung die Menschheit in eine bessere Zukunft zu führen. Eine Superintelligenz kann in die Auslöschung der Menschheit münden, weil sie uns als Fehlerquelle und Störfaktor sieht oder weil wir für sie keine Relevanz haben. Im positiven Fall kommt es zu einer fürsorglichen Superintelligenz. Transhumanistische Sichten werden mit Bezug auf zunehmende Komplexität der Gesellschaft kritisch analysiert. Auch kann der Transhumanismus mit der traditionellen Evolutionstheorie nicht in Einklang gebracht werden, durchaus aber mit der postdarwinistischen Theorie, die kumulative kulturelle Evolution und Kooperation einschließt. Anpassungsprozesse im Zuge kultureller transhumanistischer Veränderungen sind keine natürlichen Anpassungsprozesse im darwinschen Sinn. Menschliche Kultur kennt eigene Motive, die marktwirtschaftlich und vielfach kurzfristig bestimmt sind. Die angestrebten Verbesserungen können den Einfluss der natürlichen Selektion zwar partiell überlagern. Dauerhaft kann jedoch die Abhängigkeit des Menschen oder der Posthumanen von ihrer physikalischen Umgebung im Universum und von den Bedingungen der selbst geschaffenen Natur-Kultur-Nischen nicht geleugnet und nicht überwunden werden.
Axel Lange
Kapitel 11. Technosphäre, Biosphäre und Gesellschaft – notwendige Transformationen
Zusammenfassung
Abgrenzend zum Transhumanismus möchte ich zum Schluss einige kritische Sichten auf die Zukunft des Menschen in der Technosphäre skizzieren. Hier wird verdeutlicht, dass evolutionäre Fehlanpassungen immanent und unvermeidlich sind. Ferner besteht das Risiko, dass der Mensch unfähig ist, seine eigene evolutionäre Entwicklung global in eine adaptive Richtung zu steuern, weil das Gesamtsystem immer komplexer wird und dabei auch ungewollte Eigendynamiken entwickelt, die es nicht mehr steuerbar machen. Natürliche Selektion und Anpassungsprozesse können dabei nicht ignoriert werden. Transformationen globalen und individuellen menschlichen Handelns, um evolutionären Fehlanpassungen gegenzusteuern, sind dennoch unverzichtbar. Drei alternative Wege werden skizziert. Sie können bestenfalls mit erheblichen Fortschritten zukünftiger Mensch-Maschine-Intelligenz realisiert werden.
Axel Lange
Kapitel 12. Porträts und Glossar
Axel Lange
Backmatter
Metadaten
Titel
Von künstlicher Biologie zu künstlicher Intelligenz - und dann?
verfasst von
Dr. Axel Lange
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-63055-6
Print ISBN
978-3-662-63054-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-63055-6