2004 | OriginalPaper | Buchkapitel
Vorwort
verfasst von : Dieter Nohlen, Hartmut Sangmeister
Erschienen in: Macht, Markt, Meinungen
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Überblickt man die wirtschaftliche und politische Entwicklung in Lateinamerika während der letzten beiden Jahrzehnte, so erscheinen die 1980er Jahre zugleich als Krisen- und Reformjahre. Einerseits wurde der Subkontinent von der Verschuldungskrise erfasst, welche die Wachstumsperspektiven des Modells importsubstituierender Industrialisierung zerstörte und die staatszentrierte Entwicklungsstrategie selbst verabschieden half. Anderseits unterminierte diese Krise die Herrschaft des Militärs, das in den beiden vorhergehenden Jahrzehnten fast überall in Lateinamerika die Macht übernommen hatte. Und auch dort, wo die Militärregime selbst den Wechsel der Entwicklungsstrategie in Form der neuen Betonung des Marktes und der Außenöffnung der Wirtschaft eingeleitet oder gar vollzogen hatten, fand die Demokratisierung der politischen Systeme statt. Die 1980er Jahren bestätigten somit die Erfahrung, dass Krisen auch Reformchancen eröffnen. Zu Beginn der 1990er Jahre verzeichnete Lateinamerika einen historisch einmaligen Verbreitungsgrad der Demokratie. Wirtschaftspolitisch wurde allgemein, freilich mit nach Ländern unterschiedlicher Intensität und Reichweite, neoliberalen Konzepten gefolgt. Es ergab sich somit eine doppelte Homogenität: Zum einen zwischen politischem Systemtyp und Wirtschaftssystem, zum anderen unter den lateinamerikanischen Ländern, die in den vorhergehenden Jahrzehnten im Widerstreit kapitalistischer und sozialistischer Modelle jeweils unterschiedliche Wege gegangen waren. Des Weiteren stellte sich ein höheres Maß an Kontinuität ein. Die Tradition des zyklischen Wechsels in den Herrschaftsformen wurde unterbrochen. Die Demokratie wurde kaum mehr ernsthaft in Frage gestellt.