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14.03.2023 | Wärme | Schwerpunkt | Online-Artikel

GEG-Novelle verschärft ab 2024 Heizkessel-Austauschpflichten

verfasst von: Frank Urbansky

4 Min. Lesedauer

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Die derzeit heftig diskutierte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes will den Austausch fossiler Heizsysteme beschleunigen. Das könnte auf einen dafür nicht vorbereiteten Markt treffen.

Mit Hilfe von Gesetzen soll die Energiewende beschleunigt werden. "Im Zuge von Initiativen auf allen Systemebenen […] könnte ein umfangreicher Umwelt- und Klimaschutz im Bausektor in naher Zukunft Realität werden. Mit dem Gebäudeenergiegesetz GEG, den EU-Gebäuderichtlinien und der Entwicklung von Regelwerken zur Energieeinsparung wurde versucht einen Grundstein zu setzen", benennt ein Springer-Vieweg-Autorenkollektiv um Dominik Campanella in seinem Buchkapitel Echte Materialkreisläufe schaffen – Möglichkeiten und Herausforderungen der Wiederverwendung von Baustoffen gleich mehrere Rechtsnormen auf Seite 531.

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2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

Echte Materialkreisläufe schaffen – Möglichkeiten und Herausforderungen der Wiederverwendung von Baustoffen

Die Baubranche hat mit dem anhaltenden Wachstums des Hoch- und Tiefbaus neue Dimensionen des Ressourcenverbrauchs erreicht. Nach dem konventionellen take-make-waste-Prinzip wird seit dem Beginn der Industrialisierung Primärenergie ineffizient und …

Derzeit sorgt die Novelle des Ende 2020 neu eingeführten Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für politische Diskussionen. Denn sie schreibt bei Sanierungen und Neubauten nun die Einbindung von 65 Prozent erneuerbarer Energien in der Wärmeversorgung vor. Und: Alte Öl- und Heizkessel sollen ab 2026 nicht mehr gegen neuere Technologien mit gleichem Brennstoff ausgetauscht werden.

Austauschpflichten nicht neu, nun aber radikal

Solche Austauschpflichten gab es schon mit der Vorgängerregelung Energieeinsparverordnung (EnEV) seit 2002. Nur betrafen sie damals veraltete Heiztechnik, die ineffizient war und zu viele Emissionen verursachte. Jetzt sollen alle Öl- und Gaskessel nach 30 Jahren zwangsgewechselt werden. Für effizientere Niedertemperatur- und Brennwertgeräte soll wohl eine Grenze von 37 Jahren gelten. Neu ist, dass diese Geräte dann nur noch gegen Wärmepumpen oder Biomasseheizungen ausgetauscht werden können.

Doch das trifft auf einen Markt, der schon jetzt, ohne diese Zwangsmaßnahmen, die Nachfrage kaum bedienen kann. Zwar haben Hersteller wie Stiebel Eltron ihre Wärmepumpenproduktion deutlich ausgeweitet, etwa von 2019 bis 2022 verdreifacht. Dennoch sind Lieferzeiten von vier Monaten und mehr Normalität.

Hinzu kommt das Handwerk. Der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes ZVSHK, Helmut Bramann, schätzte Anfang 2022, dass nur 15 Prozent aller SHK-Handwerker überhaupt in der Lage seien, eine Wärmepumpe fachgerecht einzubauen. Sollen bis 2030 sechs Millionen Wärmepumpen verbaut werden, braucht es 60.000 zusätzliche Monteure. Im gleichen Zeitraum scheiden 30.000 Kollegen aus Altersgründen aus. Und: 35 Prozent aller SHK-Azubis brechen die Lehre ab.

Im Sommer sollte ein Wärmepumpengipfel zwischen Politik, Industrie und Handwerk Abhilfe schaffen. Es wurden auch einige Lösungen beschlossen. Doch bis die wirken, dauert es.

Strommix ist nicht grün

Hinzu kommt, dass die Ökobilanz von Wärmepumpenstrom keineswegs grün ist, jedenfalls dann nicht, wenn die Pumpe sich des Strommixes der öffentlichen Netze bedient. 2022 lag der Anteil an erneuerbaren Energien bei knapp 44 Prozent, 54 Prozent trugen demnach fossile Quellen, Kohle und Gas sowie Atomkraft, zur Stromversorgung bei. Das Ziel, nur noch Heizgeräte mit 65 Prozent erneuerbaren Energien zuzulassen, wird also durch die Wärmepumpen derzeit verfehlt. Ein entsprechender Anteil am Strommix ist erst für 2030 geplant und wird wohl dann auch erst erreicht. Will man heute klimaneutral mit der Wärmepumpe heizen, hilft nur ein entsprechender Grünstromtarif oder ausreichend eigene Stromerzeugung, etwa aus Photovoltaik.

Zumindest für Gaskessel wirft das Vorhaben des Habeck-Ministeriums noch eine rechtliche Frage auf. Im Rahmen der EU-Taxonomie wurde im Jahr 2022 Erdgas zur "grünen" Energie gemacht, damit Investitionen in diesem Bereich, insbesondere in der Stromerzeugung und den Leitungsbau, geschützt werden. Da Erdgas-Strom immer eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Lösung ist, wird die so erzeugte Wärme aus Erdgas auch als grün anerkannt.

Gas ist grün, Gas ist nicht grün

Wenn das so ist, ist es nur schwer nachzuvollziehen, dass Gas-Kessel hierzulande mit der Begründung, keine grüne Energieform zu sein, dem Zwangsaustausch unterliegen sollen. Die Klagewelle dagegen wäre leicht abzusehen.

Sicher, soll die Wärmewende gelingen, braucht es eines Umschwungs. Noch immer sind Gasheizungen die mit Abstand beliebteste Heizart. Gut die Hälfte aller 2022 verkauften Heizsysteme sind gasbasiert, wenn auch mit einem Rückgang von acht Prozent. Doch eine Heizung läuft 20 Jahre und länger. Funktionierende Systeme, insbesondere die effizienten Niedertemperatur- und Brennwertkessel mit Wirkungsgraden von bis zu 97 Prozent, zwangsumzutauschen, nur weil sie alt sind, ist ökonomisch zu kurz gedacht – und angesichts des derzeitigen Strommixes wenig ökologisch.

So war ursprünglich auch im Entwurf zur GEG-Novelle noch das Wort "möglichst" beim Wechsel der Heizsysteme enthalten, wurde aber durch "Pflicht" und "soll" ersetzt. "Eine Anpassung der baulichen Gestaltung, insbesondere von Gebäuden und deren Energieversorgung, bezüglich einer verbesserten Energiebilanz bis hin zu klimaneutralen Bauten ist somit eine neue Herausforderung für die Bauwirtschaft", so die BWI-Bau GmbH auf Seite 177 des Springer-Vieweg-Buchkapitels Einfluss allgemeiner Rahmenbedingungen auf den Baumarkt im Hinblick auf das GEG. Wie es aussieht, ist es auch eine Herausforderung für die Politik.

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