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31.03.2025 | Wasserstoff | Schwerpunkt | Online-Artikel

Große Pläne und schleppende Umsetzung für grünen Wasserstoff

verfasst von: Frank Urbansky

4 Min. Lesedauer

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Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende. Im Mobilitätssektor gestaltet sich seine Einführung jedoch besonders schwierig. Vor allem E-Fuels sind extrem teuer.

Ein Grund für die schleppende Einführung in den Massenmarkt Mobilität ist der Mangel, oder besser das Fehlen von Großprojekten. Dies wird wohl auch in Zukunft so bleiben, da die direkte Elektrifizierung mit Batterien in den meisten Bereichen der Mobilität effizienter und kostengünstiger bleibt. Zwar gibt es regulatorische Vorgaben, wie die EU-Quote für synthetische Flugkraftstoffe ab 2030, aber ohne massive Subventionen und eine klare Marktperspektive bleibt der Einsatz von Wasserstoff im Mobilitätsbereich eine Nischenlösung – mit ungewisser Zukunft.

Strategien in 60 Ländern

Am politischen Willen liegt das kaum. In den letzten Jahren haben weltweit mehr als 60 Länder Strategien entwickelt, um die Produktion und Nutzung von Wasserstoff – insbesondere im industriellen Sektor – voranzutreiben. Die Hoffnung: Der Energieträger soll eine Schlüsselrolle in der Dekarbonisierung der Wirtschaft spielen. Doch die Realität bleibt hinter den ambitionierten Ankündigungen zurück.

Eine aktuelle Studie, die im Fachmagazin Nature Energy veröffentlicht wurde, zeigt, dass 2023 weniger als 10 % der angekündigten Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff tatsächlich realisiert wurden. Das liegt vor allem an den hohen Kosten: Wasserstoff bleibt ein teures Gut, für das es bislang nur eine geringe Zahlungsbereitschaft gibt.

Die Forscher Adrian Odenweller und Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) haben die sogenannte "Wettbewerbslücke" für alle weltweit angekündigten Wasserstoffprojekte analysiert. Ihre Untersuchung umfasst eine Datenbank mit insgesamt 1.232 Projekten, die bis 2030 realisiert werden sollen. Ihr Fazit: Eine robuste politische Strategie ist notwendig, um die Lücke zwischen ambitionierten Plänen und der tatsächlichen Umsetzung zu schließen.

"In den vergangenen drei Jahren haben sich die globalen Projektankündigungen für grünen Wasserstoff fast verdreifacht", sagt Odenweller als Leiter der Studie. "Allerdings sind in diesem Zeitraum nur sieben Prozent der ursprünglich für 2023 angekündigten Produktionskapazität auch rechtzeitig fertiggestellt worden."

Eine Billion US-Dollar nötig

Die Studie identifiziert drei zentrale Hemmnisse für den Markthochlauf: gestiegene Produktionskosten, eine unzureichende Nachfrage und Unsicherheiten hinsichtlich künftiger Förderprogramme und regulatorischer Rahmenbedingungen.

Besonders alarmierend: Um sämtliche geplanten Wasserstoffprojekte bis 2030 zu realisieren, wären nach Berechnungen der Forscher zusätzliche Fördermittel in Höhe von etwa einer Billion US-Dollar erforderlich. "Grüner Wasserstoff wird aufgrund fehlender Wettbewerbsfähigkeit auch in Zukunft Schwierigkeiten haben, die hohen Erwartungen zu erfüllen", warnt Ueckerdt.

Die Wissenschaftler plädieren für gezielte Maßnahmen auf der Nachfrageseite. So könnten verbindliche Quoten dabei helfen, grünen Wasserstoff in Sektoren zu lenken, in denen eine Elektrifizierung nur schwer umsetzbar ist – etwa in der Stahl- und Chemieindustrie oder im Luftverkehr. Ein Beispiel dafür ist die EU-Vorgabe, wonach ab 2030 mindestens 1,2 % aller Flugzeugtreibstoffe aus synthetischen Kraftstoffen auf Wasserstoffbasis bestehen müssen. Bis 2050 soll diese Quote schrittweise auf 35 % steigen.

Fossile Lock-Ins gefährden die Klimaziele

Die Studie weist auch auf die Gefahr sogenannter "fossiler Lock-Ins" hin. Diese entstehen, wenn Unternehmen aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Alternativen weiterhin auf fossile Energieträger setzen und so die angestrebten Klimaziele gefährden.

Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, schlagen die Wissenschaftler eine zweistufige Strategie vor: Kurzfristig seien direkte Subventionen und gezielte Regulierungsmaßnahmen erforderlich, um den Markt in Schwung zu bringen. Langfristig müsse der Fokus jedoch auf marktbasierte Instrumente wie eine CO2-Bepreisung gelegt werden.

"Der Übergang zu technologieneutralen Marktmechanismen ist entscheidend, um öffentliche Kosten zu begrenzen und einen fairen Wettbewerb mit anderen Klimaschutzoptionen zu gewährleisten", so die Forscher. Eine realistische Erwartungshaltung an die tatsächlichen Potenziale von Wasserstoff sei dabei ebenso wichtig wie eine strategische Lenkung der Fördermittel.

Fazit: Große Pläne brauchen kluge Umsetzung

Die Studie zeigt, dass die bloße Ankündigung von Wasserstoffprojekten nicht ausreicht, um den Markthochlauf voranzutreiben. Während der politische Wille und die strategischen Ziele vieler Länder klar sind, fehlt es an der notwendigen wirtschaftlichen Grundlage, um die geplanten Kapazitäten auch tatsächlich umzusetzen.

Die Wissenschaftler fordern daher eine realistische und nachhaltige Strategie: Subventionen sollten gezielt dort ansetzen, wo Wasserstoff einen echten Mehrwert für die Energiewende bietet – vor allem in schwer elektrifizierbaren Industrien. Gleichzeitig müsse die langfristige Wettbewerbsfähigkeit durch marktwirtschaftliche Mechanismen gesichert werden, um den Wasserstoffmarkt auf ein stabiles Fundament zu stellen.

Ob es gelingt, den ambitionierten Plänen auch eine erfolgreiche Umsetzung folgen zu lassen, wird sich in den kommenden Jahren entscheiden. Klar ist jedoch: Ohne eine durchdachte und realistische Strategie droht der grüne Wasserstoff, eine große – aber unerfüllte – Hoffnung der Energiewende zu bleiben.

 

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