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05.05.2014 | Wasserwirtschaft | Interview | Online-Artikel

Der Wasserrucksack "PAUL"

3:30 Min. Lesedauer

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Die Wasserversorgung der Bevölkerung ist eine der wichtigsten Aufgaben, die im Falle
von Katastrophen schnell und qualitativ ausreichend wieder hergestellt werden muss. Die Portable Aqua Unit for Livesaving, kurz PAUL genannt, ist ein Filterrucksack, der einfach und einfach überall eingesetzt werden kann. WASSER und ABFALL sprach mit Franz-Bernd Frechen von der Universität Kassel, der PAUL entwickelt hat.

WASSER UND ABFALL: Wohl kaum etwas wurde nach dem Taifun Hai­yan auf den Philippinen dringender benö­tigt als eine funktionierende Wasserversor­gung. Hier kam der von Ihnen, Herr Pro­fessor Frechen, entwickelte Wasserrucksack "PAUL“ zum Einsatz.

Franz-Bernd Frechen: Tatsächlich ist die Versorgung mit Wasser in ausreichender Menge – das Sphere-Projekt spricht von etwa 2,5 bis 3 Litern pro Kopf und Tag – neben der medizinischen Versorgung das Vordring­lichste, was die Nothilfe in einem solchen Katastrophenfall bereitstellen muss. Und zwar im ländlichen Raum, also dezentral, ebenso wie in den Ballungsgebieten. Das war im Falle des Taifuns Haiyan nicht anders. Hilfsorganisationen haben daher binnen kurzer Zeit fast 180 Wasserrucksäcke PAUL auf die Philippinen und in den dezentralen Einsatz gebracht, darunter die Welthungerhilfe, HELP, die Johanniter-Auslandshilfe, die Ärzte ohne Grenzen und weitere. Die allermeisten wurden über das Hilfswerk der Deutschen Lions e.V. (HDL) finanziert. Damit sind bis heute be­reits über 1.000 PAUL weltweit in Einsatz gekommen, vor allem dort, wo die Wasserversorgungs-Infrastruktur durch Erd­beben, Tsunamis, Wirbelstürme etc. zerstört war. Denn in solchen Fällen besteht die größte Gefahr darin, dass eben wegen der Probleme mit zerstörter Infrastruktur massive hygienische Probleme auftreten und die verfügbaren Wasserressourcen ungenießbar werden. Dies vor allem, so laut WHO, durch Krankheitserreger.

PAUL ist sehr einfach zu bedienen. Wäre es aber nicht einfacher, Chlortabletten zur Desinfektion in die betroffenen Regionen zu transportieren?

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Chlor belässt die Keime letztlich im Wasser, während sie bei PAUL herausgefiltert werden. Zudem muss man Chlor richtig dosieren. Das bedeutet, dass man die Bedienungsanleitung lesen und verste­hen können muss, vorausgesetzt, sie ist in der Landessprache verfasst. Wer die Anleitung nicht lesen kann, für den ist Chlor wertlos, er weiß ja nicht einmal, wofür es dient. PAUL ist, das haben Tests mit Anwendern in Indien 2010 bewiesen, dank seiner "Bedienungsanleitung" durch sechs einfache Piktogramme von jedermann bedienbar. Und: Chlor kann man auch über- oder unterdosieren. Wenn die Chlortabletten verbraucht sind, endet die Nothilfe – PAUL aber filtert über viele Jahre.

Und wie sieht der Vergleich mit der UV-Desinfektion mit PET-Wasserflaschen aus?

Diese sogenannte "Solare Desinfektion", kurz SODIS genannt, erfordert eine Bedienerschulung, damit die Benutzer wissen, wie lange sie die Flaschen in der Sonne lagern müssen, und damit sie sicherstellen, dass sie auch die richtige Flasche – die bereits am längsten in der Sonne liegt – trin­ken. SODIS ist also vor allem eine organisatorische Herausforderung und bereits im Normalfall nur bei intensiver Aufklärung erfolgreich. Ich fürchte, dass in einem Katastrophenfall diese Organisation zusammenbricht. Stellen Sie sich vor, dass bei einem Erdbeben das Dach, auf dem all die Flaschen nach Alter geordnet liegen, zusammenfällt – dann ist es vorbei mit der Wirksamkeit.
Hinzu kommt, dass trübes Wasser sehr lange in der Sonne liegen muss. Außerdem sind die Flaschen durch häufige Benutzung und damit Kratzer an der Außenseite mit der Zeit immer weniger brauchbar. Ganz allgemein wird von einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von circa sechs Monaten ausgegangen, woran sich natürlich direkt der Aspekt der dann erforderlichen Abfallentsorgung anschließt. Schließlich: man trinkt Wasser, bei dem die Krankheitserreger nicht abgetötet, sondern nur inaktiviert worden sind, und man trinkt es so trüb, wie man es vorgefunden hat, während PAUL auch aus der trübsten Suppe klares Wasser filtert.

Das vollständige Interview mit Professor Frechen lesen Sie hier.

Das Interview führte das Reaktionsmitglied der WASSER und ABFALL Dr.-Ing. Wulf Lindner | aufbereitet für Springer für Professionals von Julia Ehl.

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