Zusammenfassung
Architekten, die den Anspruch haben, ihr Schaffen in den Dienst von Nachhaltigkeit, Sinnhaftigkeit und Menschenwürde zu stellen, begegnen bei der Gestaltung von Bürogebäuden zwangsläufig der Frage nach Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit. Im Gegensatz zu einigen anderen Nutzungsflächen bedingt Büroarbeit eine intensive Präsenz von Menschen über einen vergleichsweise langen Zeitraum. Dass sich die Gestaltung von Bürogebäuden also im Besonderen an Verhalten und Bedürfnissen der Menschen orientieren sollte, ist naheliegend. Dies wird jedoch allzu oft nachrangig betrachtet, da der Zweck eines Bürogebäudes aus Sicht von Erstellern und Betreibern ein zutiefst wirtschaftlicher ist und die Frage der Menschlichkeit für beide Gruppen nur selten eine hohe Relevanz aufweist. Die Frage nach der angemessenen Menschlichkeit von Büroflächen ist im Grunde eine Frage an die Gesellschaft; eine Antwort ist demnach auch nicht von der kleinen und von Einzelinteressen getriebenen Gruppe von Bauherren, Arbeitgebern, Projektentwicklern oder Maklern zu erwarten, wenngleich mitunter erfreuliche Ausnahmen diese Regel bestätigen. Im Jahr 1918 wurde in Deutschland der Achtstundentag eingeführt und Arbeitsbedingungen wurden damit menschlicher. In den vergangenen einhundert Jahren aber hat sich die Art des Arbeitens vollkommen verändert und gerade deswegen müssen die Frage nach dem richtigen Maß an Menschlichkeit und die Frage, wie der Mensch hierfür als Maßstab dienen kann, fortwährend und immer wieder neu gestellt werden. Um den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs konkrete Reflexionen zu ermöglichen, werden in diesem Beitrag Optionen beschrieben, wie das architektonische Umfeld für Büroarbeit mehr Menschlichkeit möglich machen kann. Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit ist dabei immer eine Gratwanderung, gilt es doch zwischen Erfüllen und Übererfüllen von uneinheitlichen und veränderlichen Bedürfnissen in zumeist volatilen Kontexten abzuwägen. Inhaltlich befasst sich der Beitrag dabei mit den vier Themen Körper, Individuum, Emotion und Gemeinschaft.