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Open Access 2023 | Open Access | Buch

Buchtitelbild

Welche Öffentlichkeit brauchen wir?

Zur Zukunft des Journalismus und demokratischer Medien

herausgegeben von: Jupp Legrand, Benedikt Linden, Hans-Jürgen Arlt

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

​In diesem Open Access-Sammelband reflektieren namhafte Autor:innen aus Wissenschaft und Praxis Blockaden und Chancen eines zukünftigen, besseren Mediensystems. Ausgehend von der These, dass Journalismus, Medien und Öffentlichkeit gegenwärtig einen tiefgreifenden strukturellen Wandel durchlaufen, bündelt der Band Kritiken am Status Quo, alternative Wege der Transformation und Vorschläge für Verbesserungen unter dem Stichwort Demokratisierung. Finanzierung, Produktion, Distribution und Rezeption sowie Themensetzung und Formate von Öffentlichkeit werden vor dem Hintergrund langfristiger technologischer, ökonomischer und sozialer Prozesse kritisch analysiert und auf ihr demokratisches Potential abgeklopft.

Das Buch richtet sich gleichermaßen an Medien- und Kommunikationswissenschaftler:innen wie an Akteure aus der medienpolitischen und journalistischen Praxis, die im und über das Alltagsgeschäft hinaus den Medienwandel mitgestalten und sich vom Ziel einer demokratischen Öffentlichkeit leiten lassen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Open Access

Demokratisierung als Richtschnur medialer Transformation. Eine Einleitung
Zusammenfassung
Die Anzeichen einer Krise der demokratischen Öffentlichkeit sind nicht zu übersehen: Fake News, Dauererregung, Empörungsspiralen, der Niedergang des klassischen Geschäftsmodells des Journalismus sind nur einige Stichworte. Gleichzeitig mehren sich wissenschaftliche und publizistische Beiträge, die versuchen, die gegenwärtigen Veränderungen zu analysieren und Bausteine einer gestaltbaren Transformation vorzuschlagen. Der Begriff der Demokratisierung kann – auch in Anknüpfung an die Ideen des visionären Gewerkschafters Otto Brenner – Leitidee und Richtschnur sein, um dem neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit Orientierung zu geben. Er eignet sich als Bewertungsfolie für Strukturen und Prozesse, Institutionen, Inhalte und Formate des modernen digitalisierten Mediensystems.
Jupp Legrand, Benedikt Linden, Hans-Jürgen Arlt

Open Access

Demokratische Öffentlichkeit – eine medienpolitische Gestaltungsaufgabe
Zusammenfassung
Der aktuelle Medienwandel verändert die Struktur der Öffentlichkeit und beeinflusst dadurch auch politische Prozesse, die für die Konstitution der Demokratie relevant sind. Treibende Kraft des Wandels ist der erfolgreiche Zutritt global agierender privater Plattformen in den Medienmarkt. Ausgehend von der These der Gestaltungsbedürftigkeit von Öffentlichkeit systematisiert der Beitrag demokratische Gewinne und Gefährdungen des plattformisierten Mediensystems: Die Artikulationsmöglichkeiten aller steigen, während die Chancen zur nachvollziehbaren Kontextualisierung, Aggregation und Bewertung von Interessenanmeldungen abnehmen und der Gesamtinklusionsgrad der Öffentlichkeit sinkt. Die zukünftige Medienordnung wird daher zu einer demokratiepolitischen Aufgabe ersten Ranges. Sie muss den funktionalen Besonderheiten, Stärken und Schwächen der jeweiligen Medien, allen voran der Plattformen, Rechnung tragen und das Gesamtsystem der Medien bezogen auf seinen Beitrag zu einer vielfältigen und auf Inklusion angelegten Öffentlichkeit regulieren.
Otfried Jarren, Renate Fischer

Open Access

Wer beherrscht die Medien? Zur Einfassung des Journalismus durch Technologiekonzerne
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag zeigt am Beispiel journalistischer Medien in Deutschland, wie Technologiekonzerne alle Ebenen der journalistischen Informationsproduktion und -distribution beeinflussen. Dazu wird der Begriff des media capture zum Konzept des media environment capture erweitert, welches den zunehmenden direkten und indirekten Einfluss von Technologiekonzernen auf journalistische Medienunternehmen erfasst und systematisiert. Gezeigt werden kann, wie vielfältig Konzernentscheidungen auf Medientechnologie, -innovation, -politik und -recht einwirken, medienrelevante Wissenschaft, Forschung und Förderung beeinflussen und auch weit in das Innere der ökonomischen Organisation des Journalismus hineinreichen. Längst sind nicht nur einzelne Orte, Prozesse und Akteure in der Öffentlichkeit privaten Interessen unterworfen, vielmehr wird zusätzlich der Kommunikationsraum zwischen allen an der öffentlichen Debatte partizipierenden Akteur:innen und um sie herum kommerzialisiert.
Hendrik Theine, Mandy Tröger, Sebastian Sevignani

Open Access

Wer macht Medien? Diversität als Herausforderung und Anspruch
Zusammenfassung
„Diversität“ ist in aller Munde. Auch Medienanstalten bekunden in Werbebroschüren, Selbstverpflichtungen und Pressemitteilungen ihre Absicht, diversere Organisationen zu werden. Was kann Diversität im Medienbereich bedeuten, auf welche Historie blickt sie zurück, welche Zukunft steht ihr offen? Der Beitrag klärt die Begrifflichkeit, zeigt den schwierigen Status Quo der Implementierung von Diversität im öffentlich-rechtlichen Mediengeschäft auf und diskutiert anhand praktischer Beispiele die Möglichkeiten und Herausforderungen aktueller Ansätze. Er plädiert dafür, Medienschaffende mit machtkritischem Handwerkszeug auszustatten, damit sie im eigenen Haus Defiziten der Berichterstattung (und der Personalpolitik) offensiver entgegentreten können. Die Fragen, wer „Medien macht“ und wer Diversität in Medienhäusern und Redaktionen bestimmt, sind Teil eines demokratischen Anspruchs, der zukünftig neu verhandelt und konsequenter durchgesetzt werden muss.
Hadija Haruna-Oelker

Open Access

Eine Klasse für sich? Wieso Akademiker:innen die Redaktionen beherrschen
Zusammenfassung
Die Medienbranche wandelt sich in einigen Hinsichten zum Besseren – Stichwort Repräsentation von Frauen und Minderheiten. Aber die Redaktionen sind bis heute ein Refugium der gehobenen Mittelschicht geblieben und weit davon entfernt, ein soziales Abbild der Gesellschaft zu sein, über die sie berichten. Der Beitrag analysiert ökonomische und kulturelle Zugangshürden und lässt Journalist:innen zu Wort kommen, die es der Statistik zum Trotz in die Reihe der Medienmacher:innen geschafft haben.
Julia Friedrichs

Open Access

Das Verschwinden der Arbeiterklasse aus den Medien
Zusammenfassung
Mit der neoliberalen Wende in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft während der vergangenen Jahrzehnte und dem damit verbundenen Bedeutungsrückgang der Gewerkschaften setzte ein umfassender Repräsentationsverlust der Arbeiterklasse im politischen und medialen System ein. Eine zeitgleich verfolgte Neuorientierung der Massenmedien, unter anderem auf Publika der gehobenen Mittelschicht, verstärkte diesen Effekt. Der Beitrag argumentiert, dass sich der Journalismus heute meist nur noch in einem instrumentellen Sinne auf „die Arbeiter“ bezieht und ein Zerrbild dieser Klasse zementiert. Im Anschluss an die explizit linke Arbeiter-Illustrierte-Zeitung, die Mitte der 1920er-Jahre zu einer der auflagenstärksten kommerziellen Wochenzeitungen Deutschlands wurde, wird die Möglichkeit einer realistischen und empathischen, aber nicht verklärenden Darstellung auch der heutigen Arbeiterklasse aufgezeigt.
Ines Schwerdtner

Open Access

Kritik und Vertrauen. Einstellungen zu den Medien und vertrauensbildende Maßnahmen der Redaktionen
Zusammenfassung
Im demokratischen Rechtsstaat werden Macht und Gewalt des Staates eingehegt. Zu den Mechanismen der Kontrolle gehört eine kritische Öffentlichkeit, in der wichtige Informationen verbreitet, gesellschaftliche Diskussionen organisiert und die Mächtigen kritisiert und zur Rechenschaft gezogen werden. Diese demokratische Rolle können die Medien nur ausfüllen, wenn sie genügend Vertrauen bei den Bürger:innen genießen. Der Beitrag zeigt anhand der Daten der „Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen“, wie es um das Vertrauen in das Informations- und Kontrollsystem „Journalismus“ bestellt ist. Mögliche Konstellationen des Miss- und Vertrauens in Medien werden anhand der Beurteilung der Qualität journalistischer Leistungen durch die Publika systematisiert und vertrauensbildende Maßnahmen skizziert, die Politik, Verlage und Redaktionen ergreifen könnten. Langfristiges Ziel solcher Interventionen muss es sein, die Verbindung zwischen der Qualität der Berichterstattung und dem Vertrauen des Publikums zu stärken.
Tanjev Schultz

Open Access

Tech-Lash, what’s next? Drei Strategien zur Demokratisierung der sozialen Medien
Zusammenfassung
Gegenüber der wachsenden Bedeutung von Social-Media-Plattformen und den Großkonzernen, die sie betreiben, hat sich ein allgemeines gesellschaftliches Unbehagen herausgebildet. Sie schaden der Demokratie, fördern Desinformation, verstärken Hetze, manipulieren Nutzer:innen, entziehen der journalistischen Arbeit Werbeeinnahmen und damit finanzielle Ressourcen, lauten einige Vorwürfe. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach den technopolitischen Voraussetzungen einer erfolgreichen Demokratisierung der sozialen Medien. Der Fokus liegt dabei auf der strukturellen Stärkung demokratischer Grundrechte. Drei komplementäre Strategien – staatliche Regulierung der großen Social-Media-Plattformen, Förderung freier und dezentraler Alternativen, gesetzliche Verpflichtung zur Interoperabilität – könnten Privatsphäre, demokratische Repräsentation und Wahlfreiheiten ins digitale Zeitalter retten.
Dominik Piétron

Open Access

Chancen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks
Zusammenfassung
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht in der Kritik, seinem gesetzlichen Auftrag nicht adäquat nachzukommen, da vor allem das jüngere Publikum nicht mehr erreicht wird, auch nicht mit den digitalen Angeboten. Von entscheidender Bedeutung ist eine breit verstandene Demokratisierung der öffentlich-rechtlichen Medien, um ihre Legitimität im Digitalzeitalter neu zu begründen und ihre Attraktivität zu erhöhen. Dabei kommt es darauf an, von einer defensiven Fortschreibung einmal etablierter Strukturen in die digitale Welt zu einem offensiven Um- und Ausbau zu gelangen – mit dem Ziel, vielfältiger, inklusiver und demokratischer zu werden. Anhand der drei Bereiche Medienkonsum, Medienproduktion und Mediengovernance arbeitet der Beitrag öffentlich-rechtliche Demokratisierungspotenziale heraus. Allen ist gemein, dass sie sich vor dem Hintergrund neuer digitaler Technologien eröffnen, keineswegs aber automatisch im Zuge der Digitalisierung einstellen.
Leonhard Dobusch

Open Access

Non-Profit-Journalismus – eine medienpolitische Weichenstellung für die kommende Dekade
Zusammenfassung
Wo der ökonomische Druck auf den Journalismus wächst, gerät die demokratische Öffentlichkeit in Gefahr. Gemeinnütziger oder auch Non-Profit-Journalismus könnte, könnte Abhilfe schaffen – ergänzend zu den Angeboten privater Verlage und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Anhand der gegenwärtigen Krise des (Lokal)Journalismus werden Chancen und Möglichkeiten dieser dritten Säule des Mediensystems dargelegt und mit praktischen Beispielen konkretisiert. Um das kriselnde Mediensystem in Deutschland und anderswo qualitativ bereichern und ökonomisch stärken zu können, ist der Non-Profit-Journalismus auf spezifische Zuarbeiten des Gesetzgebers, öffentlicher und privater Geldgeber sowie zivilgesellschaftlicher Akteure angewiesen. Werden diese erbracht und in einer Gesamtstrategie gebündelt, könnte Deutschland zur Vorreiterin dieser innovativen Organisationsform des Journalismus in Europa werden.
Stephanie Reuter

Open Access

Europas Krisen und das Versagen der Medien – die überfällige Europäisierung des Journalismus
Zusammenfassung
Anhand konkreter Beispiele – unter anderem der irischen und griechischen Staatsschuldenkrise der 2010er-Jahre – lässt sich zeigen, wie Massenmedien seit Jahrzehnten über europäische Themen allein aus der nationalen Perspektive ihrer Sitzländer berichten. Da die Journalistinnen und Journalisten zusätzlich oftmals nur geringe Kenntnis von den Vorgängen in den EU-Institutionen und den jeweils anderen Staaten haben, fehlt es Europa an einer adäquaten „Vierten Gewalt“. Die Qualität der Informationen und Kommentierungen bleibt hinter demokratischen Ansprüchen von Kontrolle, Aufklärung und Kritik deutlich zurück. Um der Misere zu entkommen, ist es notwendig, bei der Berichterstattung über Vorgänge in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die Frage nach dem europäischen Kontext zum verpflichtenden Standard zu machen. Der Beitrag stellt Vorschläge zur Diskussion, wie dieses Ziel erreicht werden könnte.
Harald Schumann, Elisa Simantke
Metadaten
Titel
Welche Öffentlichkeit brauchen wir?
herausgegeben von
Jupp Legrand
Benedikt Linden
Hans-Jürgen Arlt
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-39629-9
Print ISBN
978-3-658-39628-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-39629-9