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26.06.2014 | Werkstoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Die Nebenwirkungen des Rohstoff-Booms

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4 Min. Lesedauer

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Autos bestehen aus Rohstoffen: aus Stahl, Kupfer und Aluminium. Doch Abbau und Nutzung der Rohstoffe rufen soziale und ökologische Schäden hervor. Eine aktuelle Studie hat jetzt den Ressourcenkonsum im Automobilsektor untersucht. Die Analyse zeigt: Es besteht Handlungsbedarf bei der Nachhaltigkeit.

Der Rohstoffbedarf der deutschen Autoindustrie hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Die weltweite jährliche Rohstoffnutzung stieg von weniger als 10 Milliarden Tonnen im Jahr 1900 über mehr als 30 Milliarden Tonnen im Jahr 1975 auf derzeit rund 60 Milliarden Tonnen an. Metallische Rohstoffe hatten daran einen erheblichen Anteil. Allein in den vergangenen zehn Jahren betrug die Steigerungsrate bei der Förderung von Eisenerz sowie bei der Produktion der Stahlveredler Chrom, Mangan, Molybdän und Wolfram jährlich deutlich über 5 Prozent.

Schätzungen zufolge wird der weltweite Bedarf an allen wichtigen Metallen verglichen mit dem Jahr 2010 bis zum Jahr 2020 um 30 bis 50 Prozent steigen. Bis zum Jahr 2030 könnte der Anstieg bei Stahl sogar bei 90 Prozent liegen und bei Kupfer bei 60 Prozent, während sich die Nachfrage nach Aluminium verdoppeln könnte. Eine wichtige Rolle bei der Nachfrageentwicklung spielen aufstrebende Schwellenländer.

Soziale und ökologische Rücksäcke

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Doch bei allem Rohstoffhunger und dem Wunsch nach immer mehr Mobilität: Welche sozialen und ökologischen Rücksäcke tragen die Rohstoffe? Welche Risiken bestehen bei deren Abbau und Verarbeitung? Diesen Fragen ist jetzt die Studie "Nachhaltige Rohstoffe für den deutschen Automobilsektor - Herausforderungen und Lösungswege" nachgegangen. Die Studie ist gemeinsam von Südwind, dem Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP) und dem Global Nature Fund (GNF) verfasst worden. Die Analyse zeigt, dass noch erheblicher Handlungsbedarf bei der Nachhaltigkeit in den Wertschöpfungsketten der deutschen Automobilindustrie besteht.

Deutschland verfügt nur über geringe eigene Metallvorkommen und ist daher auf Importe angewiesen. Im Fokus der Studie stehen daher Metalle mit besonders gravierenden sozialen und ökologischen Einflüssen auf die Umwelt. "Deutsche Automobilunternehmen arbeiten in einem komplexen Umfeld und das Management ihrer Lieferketten stellt eine enorme Herausforderung dar. Durch technologische Verschiebungen - etwa aufgrund der Elektromobilität - werden zudem verstärkt Metalle benötigt, deren Förderung erhebliche soziale und ökologische Missstände hervorrufen kann", sagt Friedel Hütz-Adams, Rohstoffexperte beim Südwind-Institut.

Probleme gibt es allerdings nicht nur bei metallischen Rohstoffen. "Autoreifen werden auch heute noch größtenteils aus Naturkautschuk hergestellt, für dessen Produktion große Plantagen angelegt werden. Viele dieser Plantagen werden in ökologisch äußerst sensiblen Gebieten und häufig unter Missachtung von Umweltgesetzen angelegt", erklärt Sascha Liese, Mitautor der Studie und Projektmanager beim GNF.

Noch umweltfreundlicher konstruieren

Wie könnten Lösungsansätze aussehen? Eine große Rolle spielt laut Studie der ordnungspolitische Rahmen. Jan Per Bethge vom CSCP ist überzeugt: "Die ökologischen und sozialen Bedingungen in vielen Abbaugebieten könnten sich deutlich verbessern, wenn alle beteiligten Akteure bestehenden Gesetzen folgen. Zudem ist Ressourcenschonung ein großer Hebel für die Automobilbranche. Autos müssten so konstruiert sein, dass sie leichter sind und weniger kritische Rohstoffe enthalten. Auch innovative Mobilitätskonzepte können zu einer Verringerung des Autoverkehrs und damit der Nachfrage nach kritischen Rohstoffen beitragen."

Beispielsweise würden Mobilitätskonzepte wie Carsharing oder integrierte Transportsysteme den Ressourcenbedarf des Automobilsektors drastisch verringern. Ebenso seien ein recyclingfreundliches Design und die aktive Unterstützung geschossener Recyclingkreisläufe wichtig. Mit einem "Closed-loop-Recycling" könnten zum Beispiel aus Produktionsabfällen generierte Kunststoff-Rezyklate wieder zur Herstellung des Originalteils eingesetzt werden.

Das Lebenszyklus-Konzept von Volkswagen

Eine umweltgerechte Fahrzeugentwicklung muss also ganzheitlich erfolgen. Das hat zum Beispiel Volkswagen erkannt. Denn die Untersuchung des kompletten Produktlebenszyklus erfasst mehr als nur die Fahremissionen, wie das Wolfsburger Unternehmen im Kapitel "Das Lebenszyklus-Konzept von Volkswagen" aus dem Buch Energieeffiziente Antriebstechnologien erläutert. Daher setzt Volkwagen auf die Umweltbilanz beziehungsweise auf ein Life Cycle Assessment (LCA) - gemäß den ISO-Normen 14040 und 14044. Mithilfe von Umweltbilanzen analysiert und bewertet das Unternehmen sämtliche Informationen zu Energieverbrauch, Emissionen und allen weiteren Umweltbelastungen, die bei der Produktion von Fahrzeugen oder Techniken beziehungsweise bei Prozessen entstehen.

In einer "Well-to-Wheel"-Analyse hat sich Volkwagen auch mit den Energiebilanzen beziehungsweise der Nachhaltigkeit von Antriebskonzepten befasst. Untersucht wurden sowohl verbrennungsmotorische Antriebe als auch (teil-)elektrifizierte Konzepte auf Grundlage eines A-Segment-Fahrzeugs, wie im Artikel "Die Well-to-Wheel-Analyse - Umwelteigenschaften mess- und planbar machen" aus der MTZ 2-2012 beschrieben wird. Mit den Ergebnissen will VW insbesondere eine Planbarkeit von Umwelteigenschaften erreichen und daraus eine nachhaltige Antriebs- und Kraftstoffstrategie ableiten.

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