Um dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe in automobilen Massenmärkten den Weg zu ebnen, entwickelten Forscher Werkstoff- und Fließmodelle für naturfaserverstärkte Spritzgießmaterialien.
Im Automobilentwicklungsprozess muss heute jedes Bauteil aus Faser-Kunststoff-Verbunden den Nachweis seiner Funktionserfüllung und Produktionssicherheit – vom Verarbeitungs- bis hin zum Crashverhalten – mit Hilfe von Computer-Simulationen erbringen. Mit naturfaserverstärkten Kunststoffen (NFK) waren solche Simulationsberechnungen bislang nicht möglich. Wissenschaftler des Ford Forschungszentrums in Aachen entwickelten deshalb zwischen 2011 und 2014 gemeinsam mit zehn Partnern Werkstoff- und Fließmodelle für naturfaserverstärkte Spritzgießmaterialien.
Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) geförderte Vorhaben, dessen Abschlussbericht jetzt vorliegt, zielte darauf ab, für die Spritzgieß- und Crash-Simulation Materialparameter möglichst vieler unterschiedlicher Naturfaser-Compounds zu ermitteln. Des Weiteren haben die Forscher exemplarisch ein komplexes spritzgegossenes Bauteil aus naturfaserverstärktem Thermoplast hergestellt und parallel die Herstellung sowie daraus resultierende mechanische Eigenschaften mittels Simulation berechnet. Damit wollten sie die Serientauglichkeit des NFK-Bauteils belegen.
Faserausrichtung bestimmt mechanische Eigenschaften
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Bei naturfaserverstärkten, spritzgegossenen Kunststoffen hängen die mechanischen Eigenschaften vor allem von der Faserausrichtung ab. Diese variiert jedoch innerhalb des Materials lokal sehr stark. Deshalb war es bislang nicht möglich, das hieraus resultierende komplexe Verhalten für den Fall eines Crashs in der geforderten Qualität durchzurechnen. In dem Forschungsverbund entwickelten die Forscher nun einen integrativen Simulationsansatz, in dem sie die Spritzgießsoftware CADMOULD, die Crash-Simulationsprogramme RADIOSS und LS-DYNA und das Materialmodell MF-GenYld+CrachFEM miteinander koppelten. Beim Abgleich der Simulationsergebnisse mit realen physikalischen Tests zeigte sich, dass die Übereinstimmung zwischen berechnetem und realem Verhalten sehr gut war.
Mit den erarbeiteten Materialkarten und dem integrativen Simulationsansatz, der vollständig kommerziell verfügbar ist, sind nach FNR-Angaben alle erforderlichen Voraussetzungen vorhanden, um das Verhalten des betrachteten Compounds vorherzusagen. Somit seien naturfaserverstärkte Kunststoffe jetzt auf dem gleichen Stand der Simulierbarkeit wie konventionelle faserverstärkte Kunststoffe.