Es kann sicher nicht Aufgabe von Führungskräften sein, in die Tiefenpsychologie einzusteigen, aber das Wissen um Aktionen und Reaktionen, die uns ins innere Drehbuch geschrieben wurden, trägt dazu bei, Reibungsflächen zu erkennen. Das, was in der Hektik des Alltags machbar bleibt, ist die Aufstellung von Führungsgrundsätzen, die den Mitarbeiter als Partner im zwischenmenschlichen Bereich einbeziehen.
Angenommen, daß in den meisten Klein- und Mittelbetrieben noch kein geschlossenes Führungskonzept besteht, dann wird sich Personalführung auf Einstellung, Erteilen von Anweisungen (Aufträgen), Kontrolle und Entlohnung beschränken.
Die Psychologie hat schon seit langem Einzug gehalten in den Bereich des Managements. So werden in Großbetrieben zum Teil mehr oder weniger erfolgreich Führungskräfte mit allen möglichen Modellen „berieselt“. Dies fängt an beim Konzept von Fiedler, der in bestimmten Führungssituationen entsprechende Reaktionen empfiehlt, geht über Blake und Mouton, die zwischen Ziel- und Mitarbeiterorientierung einen optimalen Führungsstil anpreisen, bis hin zur trickreichen Manipulation in der Gesprächsführung. Vermutlich stammt der erste brauchbare Ansatz zur besseren Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehung von K. Lewin, der in den dreißiger Jahren mit seiner Konfliktanalyse den Grundstein für das Verstehen von Reibungsflächen in uns selbst und im Umgang mit anderen legte. Obwohl es einige Versuche gab, die Konflikttheorie in die Managementschulung einzubauen, wurde der Ansatz von Lewin leider bis heute nicht konsequent genug verfolgt.
Wenn man mit Inhabern von Klein- und Mittelbetrieben spricht, dann erhält man den Eindruck, daß hier die Welt der Personalführung in Ordnung ist. „Bei mir läuft der Laden, Schulung brauche ich nicht, mit meinen paar Angestellten komme ich auch so zurecht...“ sind häufig geäußerte Argumente. Führungsschulung ist aufgrund dieser Einstellung nicht gefragt.
Da es sich bei der Verhaltensänderung um einen Lernprozeß handelt, entsteht die Frage, unter welchen Bedingungen sie überhaupt möglich ist. Nach dem Begründer des Superlearning, Professor Lozanov, kann man Lernfähigkeit nicht nur als Begabung verstehen, sondern als ausbaufähiges Grundmuster. Dieses wird durch musische Begleitung aktiviert. Im Zusammenhang mit der NPL-Methode entsteht damit die Frage, inwieweit sich über gezieltes Ansprechen der Sinnesorgane das Lernen von neuen Verhaltensformen erleichtern läßt. Im Gegensatz zum rein wissensmäßigen Lernen (hier hat die Methode des Superlearning großen Erfolg) besteht das Verhaltenstraining aus einem sehr komplexen Gebilde, bei dem auch bewegungs- und gefühlsmäßige Lernziele verfolgt werden. Gleichzeitig müssen festgefahrene Werteinstellungen „geknackt“ und Reaktionen des anderen praktisch als Regler der Verhaltensänderung mit berücksichtigt werden.
In der Personalführung prallen mehrere Zielvorstellungen zusammen. Einmal bringt jeder Mitarbeiter seine durch Erziehung und Erfahrung geprägte Vorstellung ein. Diese kann von der objektiven, betrieblich erforderlichen Haltung weit abweichen. Schließlich hat der Unternehmer ein Meinungsbild, das wiederum dem betrieblich notwendigen sowie dem mitarbeiterbedingten nicht entsprechen muß. In diesem Zusammenhang muß auf einen weit verbreiteten Irrtum hingewiesen werden: Es ist sicher falsch, anzunehmen, daß die Führungskraft allein das Wertsystem festlegen kann. So ist zum Beispiel die Beantwortung der Frage „Was heißt pünktlich?“ abhängig von der Zeitfolge der Lei-stungserstellung. Diesbezüglich ist von der Netzplantechnik her bekannt, daß einige Termine „streckbar“ sind, ohne Gefährdung des Produktionsprozesses, andere wiederum nicht.
Die bisher dargestellten Verfahren liefern bereits eine Vielzahl von Hinweisen zur Verhaltensänderung auf beiden Seiten. Im folgenden sollen nun konkrete Übungen dargestellt werden, mit deren Hilfe sich Beziehungen besser gestalten lassen. Es geht dabei um
Alles, was bisher aufgeführt wurde, setzt bei beiden Partnern, Führungskraft und Mitarbeitern, die Bereitschaft voraus, gemeinsam unter Berücksichtigung von vereinbarten Regeln Probleme zu lösen und Personalentwicklungsarbeit zu betreiben. Wie Hersey und Blanchard erwähnen, gibt es jedoch „unreife“ Mitarbeiter, die nicht mit dem partnerschaftlichen Führungsstil umgehen können. Dabei stellt sich die Frage, ob dies nicht auch manchmal für Führungskräfte gilt. Das Erscheinungsbild einer solchen Führungssituation ist gekennzeichnet durch:
rein sachorientierten Führungsstil
nur leistungsorientierte Erwartungshaltung
mit dem Ergebnis, daß sich im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen nichts „abspielt“. Eine der wesentlichen Ursachen besteht sicher im mangelnden Sozialverhalten, das sich wie folgt auswirkt:
Da in diesem Buch versucht wird, Verhaltensänderung mit Bezug zur betrieblichen Praxis als Ganzes darzustellen, sind in den jeweiligen Kapiteln verschiedene Übungen enthalten, die zum Teil für Seminare, zum Teil nur für den direkten Umgang mit Mitarbeitern entwickelt wurden. Aus diesem Grund soll noch ein unverbindlicher Leitfaden zum Training von Führungskräften im Seminar gegeben werden.