Skip to main content

2008 | Buch

Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände im Mehrebenensystem

Lobbyingaktivitäten britischer, deutscher und europäischer Verbände

verfasst von: Hans-Jörg Schmedes

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung: Zur Rolle von Verbänden in der Politik
Auszug
Die Frage nach der Rolle von Verbänden und der Legitimität ihres Einflusses ist so alt wie die politikwissenschaftliche Forschung in der Bundesrepublik (Bleek 2001: 297). Theodor Eschenburg (1955), einer der Gründerväter der deutschen Politikwissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, stellt in einer 1955 erschienenen Monographie die Frage, inwieweit das politische System Deutschlands von einer „Herrschaft der Verbände“ gekennzeichnet sei, und beschreibt die verbandliche Durchdringung der Politik in der Bundesrepublik. Seitdem ist die Frage nach der verbandlichen Einfluß in politischen Entscheidungsprozessen immer wieder unter den unterschiedlichsten Gesichtspunkten und angesichts vielfältiger politischer Rahmenbedingungen neu erörtert worden und gehört mittlerweile zu einer der klassischen Fragestellungen der Politikwissenschaft, die sie vorwiegend unter demokratietheoretischen wie steuerungstheoretischen Aspekten erörtert. Mit dem Bedeutungszuwachs der Europäischen Union (EU)2 stellt sich die vormals ausschließlich für die nationale Ebene diskutierte Frage nach dem Ausmaß verbandlicher Aktivitäten und verbandlichen Einflusses in zunehmendem Maße auch für Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene.
2. Analytischer Bezugsrahmen: Politische Steuerung und Koordinierung moderner Gesellschaften
Auszug
Bevor die Arbeit sich ihrer Fragestellung ausführlich zuwendet, sollen in diesem Kapitel der analytische Bezugsrahmen der Arbeit aufgespannt sowie dessen theoretischen Voraussetzungen und deren Implikationen dargelegt werden. Die Spezifizierung des verwendeten theoretisch-konzeptionellen Analyserahmens ist in einer wissenschaftlichen Arbeit unverzichtbar, da wissenschaftliche Beobachtung notwendigerweise immer theoriegeleitet ist, also immer von gewissen Annahmen und theoretischen Implikationen ausgeht, die der Analyse als Untersuchungsraster und Bezugspunkt dienen: „[T]heory and empirical research must be tightly connected. [...] [N]o empirical investigation can be successful without theory to guide its choice of question.“ (King/ Keohane/ Verba 1994: 29). Da eine theoriegeleitete Wahrnehmung der Wirklichkeit jedoch selektiv vorgeht, d.h. bestimmte, als theoretisch relevant betrachtete Aspekte betont und andere, als weniger relevant erachtete Eigenschaften ignoriert, ist es unabdingbar, die theoretischen Prämissen der Untersuchung im Vorfeld der eigentlichen Analyse zu explizieren, da diese Prämissen durchaus Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Bewertung beobachteter Ereignisse haben können:
  • „[I]n offering his explanation, each analyst attempts to emphasize what is relevant and important, and different conceptual lenses lead analysts to different judgements about what is relevant and important.“ (Allison 1971: 251)
3. Die politischen Systeme der EU, Großbritanniens und Deutschlands: Zu den Gelegenheitsstrukturen verbandlicher Interessenvermittlung
Auszug
Bevor sich die vorliegende Arbeit ihrer eigentlichen Fragestellung zuwendet, soll Kapitel 3 die politischen Systeme der EU, Großbritanniens und Deutschlands sowie die jeweilige Rolle organisierter Interessen innerhalb dieser Systeme beleuchten, da verbandliches Handeln nicht ohne den jeweiligen politisch-institutionellen Kontext verstanden, analysiert und interpretiert werden kann, in dem es sich vollzieht. Auch wenn die Stärke von Interessenverbänden hauptsächlich von den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen abhängig ist, beruht sie doch auch auf den Charakteristika der weiteren Bestandteile des politischen Systems, insbesondere deren Stärken und Schwächen (Wilson 1990: 40). Mit anderen Worten: Die Funktionsprinzipien des Adressatensystems bestimmen notwendigerweise das Vorgehen der Interessengruppen (Lahusen/ Jauß 2001: 82; Greenwood 2003: 29), denn: „The state structures the game interest groups play“ (Wilsford 1989: 153). Anders ausgedrückt: Ein politisches System eröffnet Gelegenheitsstrukturen („political opportunity structures“, Kitschelt 1986: 58; Marks/ McAdam 1996: 258), innerhalb derer sich verbandliches Handeln entfalten kann.
4. Forschungsdesign, Hypothesen und Selektionskriterien: Zur Untersuchungsmethodik der Studie
Auszug
Nachdem in Kapitel 2 der analytische Bezugsrahmen der Arbeit aufgespannt und in Kapitel 3 die politischen Systeme der beiden untersuchten Mitgliedsländer sowie der EU deskriptiv dargestellt worden sind, sollen in diesem Kapitel nun das Forschungsdesign und die methodische Vorgehensweise spezifiziert werden. Dazu widmet sich Kapitel 4.1 zunächst dem Charakter der Untersuchung als Einzelfallstudie und beleuchtet die Eigentümlichkeiten dieses Untersuchungsdesigns. Kapitel 4.2 beschreibt kurz die soziale Netzwerkanalyse als Untersuchungsmethode und geht insbesondere auf die Probleme ein, die sich aus einem unvollständigen Rücklauf ergeben, ehe Kapitel 4.3 ausführlich die Auswahlkriterien für die Untersuchungsrichtlinie und die Untersuchungsländer, vor allem aber das Auswahlverfahren der Untersuchungsobjekte sowie die Datenbasis der Studie darlegt. Kapitel 4.4 erörtert das Forschungsdesign und das Erklärungsmodell der Untersuchung, ehe Kapitel 4.5 die Leitfragen und die Hypothese der Untersuchung formuliert. Kapitel 4.6 spezifiziert die netzwerkanalytischen und varianzanalytischen Verfahrensweisen, die der in Kapitel 6 vorzunehmenden Untersuchung zugrunde liegen.
5. Die Politikentwicklung der „Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken“
Auszug
Nachdem das vorangegangene Kapitel 4 das Forschungsdesign, die Leitfragen und die Untersuchungshypothese dieser Arbeit spezifiziert hat, wird die eigentliche empirische Untersuchung dieser Studie in den nun folgenden Kapiteln 5 und 6 vorgenommen. Kapitel 5 beschränkt sich dabei zunächst auf die Beschreibung der allgemeinen Problemlage des Lauterkeitsrechts in der EU sowie die Entstehungsgeschichte der Richtlinie, ihre rechtswissenschaftliche Perzeption und die Konfliktlinien der beteiligten Akteure innerhalb des Verhandlungsprozesses der Richtlinie, bevor Kapitel 6 die erhobenen Daten auswertet und die Untersuchungsfragen zu beantworten versucht.
6. Empirische Datenanalyse: Lobbyingstrategien von Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden in der europäischen Politik
Auszug
Nachdem Kapitel 4 mit der Darstellung des Forschungsdesigns, der Auswahlkriterien, der Leitfragen, der Untersuchungshypothese und der Untersuchungsmethoden den Analyseteil der vorliegenden Studie eingeläutet und Kapitel 5 sich mit der Beschreibung der Entstehungsgeschichte der Untersuchungsrichtlinie sowie der Erörterung des nationalen wie europäischen Lauterkeitsrechts befaßt hat, widmet sich Kapitel 6 der Auswertung der der Studie zugrundeliegenden empirischen Daten. Entsprechend des in Kapitel 4.4 dargestellten Forschungsdesigns der Studie sowie der in Kapitel 4.5 formulierten Leitfragen und der ebenfalls dort herausgearbeiteten Untersuchungshypothese gliedert sich die im folgenden vorgenommene Analyse dabei in zwei Hauptteile: Kapitel 6.1 betrachtet zunächst die verbandlichen Interaktionsstrukturen in Großbritannien, Deutschland sowie auf EU-Ebene und schließt in Kapitel 6.1.4 mit vergleichenden statistischen Analysen der für die jeweiligen Untersuchungsterritorien getrennt erhobenen relationalen Indikatoren. Somit beinhaltet Kapitel 6.1 den ersten und zweiten Untersuchungsschritt der Studie, nämlich die Darstellung verbandlicher Zugangsmöglichkeiten in Abhängigkeit von der Struktur des jeweiligen nationalen Interessenvermittlungssystems in Großbritannien und Deutschland einerseits sowie die Beschreibung verbandlicher Zugangsmöglichkeiten auf europäischer Ebene und in einer ebenenübergreifenden Gesamtschau andererseits. Kapitel 6.2 wendet sich anschließend den verbandlichen Interaktionsorientierungen der Untersuchungsverbände und somit dem dritten Untersuchungsschritt der Studie zu und hinterfragt, inwieweit Unterschiede zwischen diesen Orientierungen im dargestellten Verhandlungsprozeß nachgewiesen werden können und inwiefern diese Unterschiede, so sie denn existieren sollten, auf systematische Gründe zurückzuführen sind.
7. Resümee: Mosaik der Interessenvermittlung im Mehrebenensystem der EU
Auszug
Die vorliegende Studie untersuchte die Lobbyingaktivitäten nationaler wie europäischer Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände in europäischen Politikformulierungsprozessen mit dem Ziel, die spezifischen Interaktions- und Kooperationsmuster von Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden in Deutschland, Großbritannien und auf europäischer Ebene hinsichtlich des Entscheidungsprozesses der im Mai 2005 beschlossenen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken darzustellen. Die Ausgangsfrage der Analyse war, ob in europäischen Politikformulierungsprozessen systematische Unterschiede in den Zugangsmöglichkeiten von Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden zu den auf nationaler wie europäischer Ebene angesiedelten öffentlichen Akteuren existieren, die über institutionelle Entscheidungskompetenzen innerhalb europäischer Gesetzgebungsverfahren verfügen. Kann auch in europäischen Verhandlungsprozessen noch von einer Bevorteilung von Wirtschaftsverbänden gegenüber Verbraucherschutzverbänden ausgegangen werden, wie dies für die nationalstaatliche Ebene lange Zeit festgestellt wurde, oder haben sich diese Verhältnisse mittlerweile ins Gegenteil verkehrt? Agieren Wirtschaftsverbände vorwiegend gegenüber nationalen Akteuren, Verbraucherschutzverbände hingegen hauptsächlich auf europäischer Ebene?
8. Bibliographie
9. Anhang
Auszug
Universität Konstanz Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftliche Sektion Fachbereich für Politik- und Verwaltungswissenschaft Lehrstuhl Professor Dr. Volker Schneider verantwortlich für diese Untersuchung: Hans-Jörg Schmedes
Metadaten
Titel
Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände im Mehrebenensystem
verfasst von
Hans-Jörg Schmedes
Copyright-Jahr
2008
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-90840-3
Print ISBN
978-3-531-15631-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-90840-3