Das Kurzarbeitergeld soll wegen der Corona-Krise bis Ende Dezember 2021 und damit auf 24 Monate verlängert werden. Das haben Union und SPD beschlossen. Warum eine endlose Nothilfepolitik kontraproduktiv ist und wirtschaftliche Entwicklungen ausbremst.
Immer mehr Nothilfen vom Staat. Die Finanzspritzen waren am Anfang der Corona-Krise sinnvoll. Doch jetzt sollte die Bundesregierung weitere Maßnahmen kritisch prüfen.
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Die Bundesregierung züchtet mit ihren Schutzschirmen, steuerlichen Erleichterungen, Krediten, Bürgschaften und der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht Zombieunternehmen. "Als Zombies bezeichnet man Unternehmen, wenn sie Zinsverpfichtungen längerfristig nicht mehr durch das operative Ergebnis decken können. Die Untoten der Wirtschaft sind unrentable und überschuldete Unternehmen, die sich durch die lockere Geld- und Zinspolitik der vergangenen Jahre refinanzieren und somit überleben konnten", erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch in dem Artikel "Untote der Wirtschaft" den Begriff.
Die Zahl dieser "Zombieunternehmen" droht auf 800.000 zu steigen, warnte die Auskunftei Creditreform unlängst und wies auf das Problem hin, dass sich Insolvenzen aktuell nur verschieben, aber schließlich in einer unkalkulierbaren Kettenreaktion eskalieren könnten.
Verlängerung des Kurzarbeitergelds plus Weiterbildungsförderung
Auch die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes kann diese Entwicklung weiter befördern. Das Kurzarbeitergeld soll nun wegen der Corona-Krise bis März 2022 ausgezahlt werden und auch dessen Aufstockung für alle, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist. Die verlängerte Bezugsdauer soll für Betriebe gelten, die bis zum 31. Dezember 2020 Kurzarbeit eingeführt haben. Arbeitgebern werden nach dem Beschluss der Bundesregierung zudem die Sozialversicherungsbeiträge für die Kurzarbeiter bis Juni 2021 vollständig erstattet, in der zweiten Jahreshälfte 2021 nur noch zur Hälfte. Es sei denn, Unternehmen kümmern sich um die Qualifizierung der Beschäftigten. Dann übernimmt der Staat die Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe.
Instrument Kurzarbeit wird falsch eingesetzt
Immer mehr Wirtschaftsexperten, darunter auch die Wirtschaftsweisen, die die Bundesregierung beraten, bewerten das Vorhaben kritisch. Tenor: Das Instrument Kurzarbeit ist nicht als Dauerlösung gedacht, sondern für vorübergehende Krisen. Kurzarbeitergeld ist für Unternehmen vorgesehen, die solide aufgestellt sind, aber wegen eines Konjunktureinbruchs oder anderer wirtschaftlicher Zwänge in Schwierigkeiten geraten sind.
Je länger Unternehmen nun Kurzarbeitergeld oder andere Wirtschaftshilfen nutzen können, umso mehr werden auch Firmen durchgeschleppt, die eigentlich nicht mehr solide aufgestellt sind und durch die Finanzspritzen des Staates nur noch künstlich am Leben gehalten werden. Dadurch bleiben unter Umständen auch Jobs erhalten, die ohnehin wegfallen werden, weil ein (Zombie-)Unternehmen auf lange Sicht in die Insolvenz rutscht. Damit verfehlt das Kurzarbeitergeld letztendlich sein Ziel, Jobs zu erhalten und ist somit schlecht investiertes Geld. Stattdessen setzen dringend nötige Restrukturierungsprozesse in Unternehmen, die bereits vor der Corona-Krise angeschlagen waren, gar nicht erst ein und Strukturwandel wird verhindert.
Ganz zu schweigen von den Kosten, die eine Verlängerung verursacht. Zehn Milliarden Euro soll die Maßnahme kosten. Kurzarbeitergeld ist aktuell für den Staat besonders teuer, weil Arbeitgebern die Sozialbeiträge erlassen und die gezahlten Beträge nach einer gewissen Zeit aufgestockt werden. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat nun geringere Beitragseinnahmen und höhere Ausgaben, auch durch gestiegene Arbeitslosenzahlen. Die BA rechnet daher für 2020 mit einem Minus von vier Milliarden Euro. Damit die (BA) die Milliardenkosten für Kurzarbeit schultern kann, will die Koalition Steuergeld als Zuschuss locker machen.
Aktuell sinkt die Zahl der Kurzarbeiter. Und es gibt wirtschaftlich durchaus Hoffnungsschimmer. Die Bundesregierung täte daher gut daran, die wirtschaftliche Entwicklung weiter zu beobachten, statt vorschnell weiter teure Maßnahmen umzusetzen, die ihr Ziel verfehlen. Vermutlich ist es sinnvoller, gegebenenfalls am Ende des Jahres über neue Instrumente der Wirtschaftsförderung nachzudenken.
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