Österreich will demnächst seine Grenzen komplett für Flüchtlinge schließen. Die Regierung hält angesichts einer ausstehenden EU-Lösung kurzfristige nationale Lösungen für notwendig, hieß es beim Wiener Treffen der Balkanländer. Auch von Mazedonien bis Ungarn werden Grenzen geschlossen. Tausende Flüchtlinge stranden nun in Griechenland.
Was in den Augen der betroffenen Länder nach einer guten Lösung aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen allerdings nicht nur in Hinblick auf die Menschlichkeit als problematisch. Insbesondere das Ende der Reisefreiheit durch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen könnte Europa und Deutschland deutliche wirschaftliche Einbußen bescheren. Denn ein Schengen-Aus würde Deutschland mindestens 77 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 kosten, zeigt eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung.
Schengen-Aus wäre teuer
Geht man von noch düsteren Annahmen aus, könnten sich die Verluste bei einem Ende des europäischen Schengen-Abkommens für einen kontrollfreien Grenzverkehr auf bis zu 235 Milliarden Euro potenzieren. Für die gesamte Europäische Union bezifffert die Studie Einbußen bis zum Jahr 2025 in Höhe von 470 Milliarden bis 1,4 Billionen Euro. Treiber für die Verluste sollen demnach Kosten- und Preissteigerungen durch die Wiedereinführung von Kontrollen an den europäischen Binnengrenzen sein. Zeitverluste und Wartezeiten, die durch Staus an den Grenzen entstünden, führen nach Einschätzung der Experten zu steigenden Personalkosten.
Der so genannte Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR) macht in Europa einen unkomplizierten Warenverkehr, schnelle Urlaubsreisen oder ein Auslandsstudium möglich. Der ursprüngliche Ausgangspunkt für den RFSR ist das Schengener Übereinkommen:
Dessen Hauptziel war der Abbau der Personenkontrollen an den gemeinsamen Grenzen der Mitgliedstaaten und der Verlegung dieser Kontrollen an ihre Außengrenzen. Durch den Vertrag von Amsterdam wurde das Schengen-Übereinkommen in die EU einbezogen und seine Weiterentwicklung in weiten Bereichen in die Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft überführt. Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) war dabei jedoch noch intergouvernemental organisiert und fand sich als so genannte Dritte Säule der EU in Art. 29 ff. EU. Sie ist nun in den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) integriert", heißt es im Europarecht.
"Wenn die Schlagbäume innerhalb Europas wieder runtergehen, gerät das ohnehin schwache Wachstum in Europa noch stärker unter Druck. Am Ende zahlen alle Menschen die Rechnung", kommentiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, die Studie.