Wie die Projekte Wissensprozesse gestalten, soll nachfolgend anhand der in der Theorie ausgearbeiteten Handlungsfelder Kommunikation und Lernen nachgezeichnet werden. Die von den Projekten nach außen gerichteten Tätigkeiten und Strategien innerhalb dieser Handlungsfelder initiieren Entwicklungsprozesse bei den Zielgruppen. In Ergänzung zu diesen deduktiven Kategorien, wird auf die induktiv gefundene Kategorie der Reflexionsschleifen eingegangen. Sie umfasst die von Projekten eingesetzten Methoden, welche die Projektarbeit und -ergebnisse reflektieren und somit helfen, mentale Veränderungsprozesse innerhalb der Projekte einzuleiten.
4.2.1 Kommunikation
Tab. 3
Ergebnisse in der Kategorie Kommunikation
Grundidee | Wechselseitige Kommunikation zwischen unterschiedlichen Akteuren, Disziplinen etc. |
Vorwiegend Informationsweitergabe und -austausch |
Focus liegt auf der Bringschuld des Senders |
Zweck | Öffentlichkeitsarbeit |
Interner Wissensaustausch |
Ziele | Interesse wecken und Veränderungen bewirken, begünstigen |
Projektinterne Entwicklung von handlungsrelevanten Ergebnissen |
Methoden interne Kommunikation | Kommunikationskonzepte für den Wissenschafts-Praxis-Diskurs |
Face-to-face-Kontakt |
Informeller, partizipativer Austausch |
Wenig Austausch über digitale Wege |
Externe Kommunikation | Informative, öffentlichkeitswirksame Kommunikation |
Marketingstrategien |
Einbezug öffentlichkeitswirksamer Persönlichkeiten, (politischer) Entscheidungsträger |
Praxisnahe Demonstrationen |
Weiterbildungs-, Informationsveranstaltungen |
Regeln gelingender Kommunikation | Herstellen einer gleichen Basis/Einheitlichkeit („corporate identity“) |
Vertrauensvolle, wertschätzende Kultur |
Fehlertoleranz |
Objektive Kommunikation |
Aufbereitung der Informationen je nach Rezipient Menge, Art und Weise der Informationsweitergabe Sprach- und Wortwahl Wahl der Kommunikationsmittel |
Tools | E-Mail |
Telefon |
Die Strategien der Befragten in Bezug auf Kommunikation sind durch eine skeptische Haltung gegenüber der Verwendung digitaler Medien gekennzeichnet. Zwar wird die Kommunikation über Telefon oder E-Mail gestaltet, jedoch liegt der Fokus für die Wissensvermittlung eher auf dem persönlichen Austausch. Dies ist synonym zu früheren Befunden (vgl. Köhler und Schilde
2003). Als Grund für dieses Verhalten nennen die Befragten neben dem erhöhten zeitlichen Aufwand für die Einführung digitaler Medien auch die Problematik, dass nur über face-to-face Kommunikation Mimik und Gestik, aber auch die haptischen Reize einbezogen werden können. Die Kommunikationstheorie bestätigt dementsprechend, dass diese Kommunikation bei identischen Zeit- und Ortsbedingungen eine geeignete Strategie ist, jedoch bei großen Verbundprojekten die zeitliche und örtliche Distanz, die diesen eigen ist, über elektronische Hilfsmittel aufzuheben ist (Probst et al.
1998).
Aufgrund der kulturellen Prägung/Einstellung der Projektbeteiligten, die sich durch eine fehlende Offenheit gegenüber neuen Medien auszeichnet, wird dieses Potenzial allerdings nicht erkannt. Vielmehr stellt der benötigte Kontroll- und Koordinationsbedarf, der für den Einsatz neuer Medien notwendig wird, ein nicht zu überwindendes Hindernis dar. Die Projektbeteiligten verwenden vorzugsweise die Strategie des persönlichen Treffens oder wählen den direkten Kontakt zu den Praxispartnern vor Ort, um an Informationen zu gelangen bzw. Wissen zu vermitteln. Sie sehen diese Methode als besonders geeignet für die Klärung von Problemen, wobei die informelle, vertrauensvolle Ansprache es ermöglicht, an implizite Informationen der Zielgruppe zu gelangen und Schwierigkeiten unbürokratisch zu lösen. Jedoch birgt diese informelle schnelle Kommunikation mit ihren kurzen Wegen das Risiko, dass nicht alle relevanten Beteiligten gleichermaßen informiert werden. Insofern sollten formale Wege gesucht werden, die eine Dokumentation nach sich ziehen. Dies ist umso wichtiger da die Kommunikation nicht nur der Verteilung von Wissen im Sinne von Information dient, sondern auch ein Teil der Nutzung dieses gemeinsamen Wissens ist (Gergen
1995).
Die Hauptaufgabe der Kommunikation, öffentlichkeitswirksamen Transfer top-down gerichtet zu vollziehen, wird um Strategien der Verstetigung ergänzt, damit die Wissensweitergabe in Implementierungen münden kann. Obschon allgemein anerkannt ist dies unter Wissenschaftlern oft nicht ausreichend akzeptiert, führt auch zu einer oft als eigenwillig zu bewertendem Kommunikationsverhalten (vgl. F&L
2015). Aufgabe der Kommunikation ist also in erster Linie im Sinne einer push-Strategie, Wissen und Informationen vom Wissensanbieter, den Projektakteuren, an die Zielgruppe, die Wissensnachfrager, weiterzugeben. Bei den Projekten wird dahingehend eine informative, öffentlichkeitswirksame Kommunikation eingesetzt, die Informationen über Projektergebnisse publik macht und Interesse für das Thema in der Bevölkerung weckt. Die Projekte entwickeln weiterhin anregende Kommunikationskonzepte für den Wissenschafts-Praxis-Diskurs, wobei sie selbst informative, für das Projekt nicht direkt nutzenrelevante Informationen, die sie kommunikativ vermittelt bekommen, für den Überblick nutzen. Für die externe Kommunikation werden Marketingstrategien eingesetzt, wobei ersichtlich wird, dass der Einbezug von öffentlich bekannten bzw. anerkannten Personen förderlich für das Publikmachen des Projektthemas ist. Für die interne Kommunikation, die Transparenz schaffen sollte, hat sich innerhalb der Projekte als Kommunikationsmittel die Berichtspflicht sowie face-to-face orientierte Statuskonferenzen bewährt.
Wichtig erscheint es für die Interviewpartner, die Kommunikation vorab konzeptuell mittels eines Kommunikationskonzeptes auszuarbeiten und zu planen. Die Interviews zeigen aber auch, dass nicht in allen der untersuchten Projekte darauf geachtet wird, dass insbesondere für die Praxispartner ein solches Konzept vorliegt. Dies steht im Widerspruch dazu, dass ein in der Projektplanung verankertes Kommunikationskonzept, in dem Strategien, Kanäle und Kommunikationsnetzwerke festgehalten werden, gewährleisten kann, dass der Wissensträger sein Wissen nicht nur im Team öffentlich macht (Zscheischler et al.
2012). Ebenso muss auf die Bedürfnisse der Wissensnachfrager mit adäquaten Kommunikationsmitteln reagiert werden. Dabei ermöglichen die in der Planung vorgeschriebenen Kommunikationswege eine effiziente und effektive Kommunikation. Jedoch wird in den Projekten die konzeptuelle Orientierung eher in latenter Form vollzogen. In den Interviews können verschiedene Regeln identifiziert werden, die für die kommunikativen Prozesse strategische Beachtung finden. So definieren die Befragten das Herstellen einer gleichen Basis und das Schaffen einer Einheitlichkeit im Sinne einer „corporate identity“ als Voraussetzung für eine gelingende Kommunikation: Auf der Ebene einer gemeinsamen vertrauensvollen, wertschätzenden Kultur stellen die Befragten fest, dass die Offenlegung von Schwächen des Themas sowie die Kommunikation konkret abgesicherter Daten positiv auf Praxispartner wirkt. Die Kommunikation wird daher im weitesten Sinne objektiv gestaltet. Das heißt, die angesprochene offene Atmosphäre sollte ausgebaut und eine Fehlertoleranz explizit zugelassen werden.
Um eine Kommunikationsstrategie ergebnisreich gestalten zu können, plädieren die Interviewpartner dafür, diese am Kommunikationsbedarf der Akteure auszurichten. Informationen müssen also je nach Rezipient zielgruppengerecht oder wissenschaftlich aufbereitet sein. Sowohl die Menge wie auch Art und Weise der Informationsweitergabe sind zielgruppenabhängig, ebenso erfolgen die Sprach- und Wortwahl sowie die der Kommunikationsmittel in diesem Sinne.
Mit Blick auf die Reichweite wurde die Kommunikation meist bewusst breitenwirksam in alle Richtungen verlaufend eingesetzt, so dass, neben einer direkten Ansprache und Einbezug der Praxispartner, auch ein wechselseitiger Austausch ermöglicht wird. Bewährt haben sich dabei einerseits die top-down, andererseits aber auch die bottom-upKommunikation. Letztere umfasst die Holschuld der Empfänger. Der Empfänger wird zwar im Sinne der push-Strategie über ansprechende Informationen angeregt, muss aber in der Konsequenz selbst aktiv werden und im Zuge seiner Holschuld und des pull-Prinzips Wissen einfordern (Herbst
2000). Damit dies gelingt, werden diese Personen kommunikativ vernetzt. Als wichtig erachten die Befragten dabei einen regelmäßigen Austausch bei dem auf die Bedürfnisse der Kommunikationspartner eingegangen wird. Dabei entscheidend ist, dass die Projektpartner Interesse an der Zielgruppe zeigen sowie ansprechend, aktivierend, flexibel und anpassungsfähig auf Rezipienten zugehen. Nur so kann auf ein Interesse gestoßen werden, sind sich die Befragten einig.
Grundsätzlich liegt bei den Projekten eine Bringschuld des Wissensanbieters vor. Die Gesprächspartner äußern vor allem, dass die kommunikative Strategie vom Sender ausgehen muss, d. h. dieser direkt zu den Praxispartnern vor Ort oder den Projektpartnern geht und diese informiert. Für den Gesprächseinstieg hat sich die Strategie des SmallTalk als besonders effektiv herausgestellt. Die Einrichtung praxisnaher Demonstrationen, um Projektergebnisse zu kommunizieren, erwies sich ebenfalls als zweckdienlich für die Wissensverteilung an die Zielgruppe. In Form von face-to-face Meetings und geplanten Treffen zum Austausch mit den Projektebeteiligten wird Kommunikation strategisch zielgruppengerecht gestaltet.
Bei der Sender-Kommunikation geht es in Hinblick auf Zielgruppe und Praxis insbesondere um die Erzeugung von Aufmerksamkeit für das Projekt. Dies ist aber nicht im Sinne eines Marketings gemeint, sondern spiegelt die Offenheit für externe Fragen wider, um so Praxisakteure für das Projektthema zu begeistern. Gestaltet wird dies durch den Einbezug der Zielgruppe bzw. der Vernetzung der Akteure mithilfe der Kommunikation. Ein geplantes Zusammenbringen von Kommunikationspartnern auch über das Projekt hinaus ist hierbei besonders effektiv. Mittels diesen gezieltem Treffen von Akteuren unterschiedlicher Disziplinen wird ein Austausch und Kontakt angeregt. An dieser Stelle wirkt sich auch die Kommunikation mit Entscheidungsinstanzen förderlich auf die Projektarbeit aus. Nach außen publik gemacht wird das Projekt vor allem über die Presse, wobei auch eine breitenwirksame Kommunikation auf diversen Veranstaltungen erzielt wird. Die gerichtete Kommunikation, vom Sender ausgehend, wird in allen Projekten durch den Fokus auf einen wechselseitigen Austausch ergänzt. Dieser wird von den Befragten auf allen Ebenen durchgeführt. Angefangen von der Wechselseitigkeit innerhalb einer Projektgruppe, d. h. Wissenschaftler, Arbeitsgruppe und/oder Teilgruppe, über einen Austausch mit Produktherstellern, Zielgruppe oder Externen, bis hin zu dem Einbezug bzw. der Kommunikation mit politischen Entscheidungsträgern. Die Befragten achten darauf, dass ausgewählte Kommunikationspartner förderlich für das Projekt sind. Aus diesem Grund wird beispielsweise bei Problemen mit externen qualifizierten Akteuren gesprochen, um Lösungen zu finden. Mit politischen Entscheidungsträgern wird in den wechselseitigen Diskurs getreten, um Rahmenbedingungen, die das Projekt hindern, zu verändern. Als Kommunikationsmittel werden auch hier insbesondere Gespräche im Sinne von Treffen vor Ort, Messen, Konferenzen oder Diskussionsforen arrangiert. Aber auch gezielte Interviews bzw. Befragungen oder Weiterbildungsveranstaltungen eignen sich, um in den Austausch mit Rezipienten zu kommen. Ein direkter, persönlicher und partizipativer face-to-face-Austausch wird von den Interviewpartnern fast ausschließlich ausgewählt. So können die Projektbeteiligten auch spontan und ungezwungen in einen Diskurs mit Akteuren oder potenziellen Umsetzern treten. Die wechselseitige Kommunikationsstrategie eignet sich für verschiedene Aspekte der Projektarbeit. Innerhalb des Projektes wird sie angewandt für eine gemeinsame Entwicklung von handlungsrelevanten Ergebnissen, für die Erstellung von Messinstrumenten, für Reflexionsschleifen oder für den Austausch unterschiedlicher Sichtweisen. Gerade im Hinblick auf die Herausforderungen, die der transdisziplinäre Charakter der Projekte mit sich bringt, ist ein partizipativer Austausch anzustreben. Dies sorgt für eine Wertschätzung der Projektpartner, um gemeinsam darauf aufbauend einheitliche Botschaften zu entwickeln.
Wie sich zeigt, setzen die Befragten vielfältige Strategien ein, um entsprechend dem Gegenüber Kommunikationskanäle und -orte auszuwählen. Der Einsatz unterschiedlichster Mittel erfolgt dabei, um nicht nur die Zusammenarbeit zu gestalten, sondern auch um die Öffentlichkeit zu erreichen. Die Interviewpartner achten auf eine einheitliche Mittelwahl, welche reflexive Prozesse fördert. Wie bereits zu Beginn beschrieben, sind sich die Befragten zwar einig darüber, dass digitale Kommunikationskanäle schnell, informativ und breitenwirksam sind, jedoch wählen sie diese vor allem als Informationskanäle, weniger als Implementierungsmittel. Zu den digitalen informativen Transfermitteln zählen konkret E-Mail und Telefon, die als Kommunikationskanäle Zeit sparen und eine bessere Erreichbarkeit ermöglichen.
Kommunikationskanäle werden weiterhin für den fachlichen Austausch und den Vertrauensaufbau und Wertschätzung sowie im Allgemeinen für den Wissensaustausch als wichtig angesehen. Für die Kommunikation in die Praxis empfehlen die Befragten den Einsatz anregender und insbesondere für Praktiker aktivierende Kommunikationskanäle.
In allen Fällen geht es um den wechselseitigen Austausch zwischen Wissensanbieter und -nachfrager. Insofern lässt sich kein direkter Bezug zum Paradigma der Massenkommunikation herstellen. Für die Projektinterne wie auch -externe Kommunikation kann es zudem spezifische Abweichungen geben. Als analoge Transfermittel mit kommunikativem Charakter können vorwiegend face-to-face-Gespräche mit Akteuren oder aktivierende Befragungen identifiziert werden. Digitale Transfermittel werden eher für die projektinterne Kommunikation eingesetzt. Dabei handelt es sich insbesondere um E-Mail, Telefon oder interne Homepage-Bereiche als Mittel für den projektinternen Austausch. Nur in einzelnen Fällen werden ein Projektmanagementtool, Skype, Social Media oder Diskussionsforen genutzt, zudem meist nur ansatzweise. Auch Veranstaltungen werden als kommunikative Treffen ausgewählt, auf denen Transfer stattfindet. Workshops, Messeauftritte, Feldtage, Bürgerforen oder ein Runder Tisch sind Mittel für eine Außenkommunikation, welche von den Projektakteuren angegeben werden. Allgemein lag der Fokus beim persönlichen Treffen auf unterschiedlichsten Ebenen, wobei für den internen Austausch insbesondere Tagungen, Konferenzen oder Diskussionsforen genutzt bzw. eigens veranstaltet wurden.
Wissensbestände können sich bei den Projektakteuren nur dann entwickeln, wenn Informationen in geeigneter Form zur Verfügung gestellt werden. In einem weiteren Schritt kann dieses Wissen dann kombiniert und letztlich in Handlungen umgesetzt werden. Aus theoretischer Sicht ist dabei zu beachten, dass explizite Wissensinhalte in mündlicher Form dynamisch und unstabil sind, in gespeicherter Form, sei dies analog oder digital, statisch und stabil und somit für ein breites Publikum nutzbar (Hasler Roumois
2010). Der Fokus der Projekte liegt offenkundig auf dem externen, informellen Transfer. Da die Projekte sich meist in der Abschlussphase ihres Projektzyklus befinden ist dies nachvollziehbar. Insofern geht es den handelnden Projektakteuren, die hier interviewt wurden, jetzt vorrangig um die außenwirksame Präsentation ihrer Ergebnisse. Dennoch sind interne Wissensaustauschprozesse ‒ bspw. mit dem Ziel der Projektdokumentation und der Nachhaltigkeit ‒ ebenso wichtig und salient zu gestalten wie anschließende öffentlichkeitswirksame Verbreitungsstrategien.
4.2.2 Lernen
Tab. 4
Ergebnisse in der Kategorie Lernen
Grundidee | Maßnahmen richten sich nach außen an projekt-externe Wissensnachfrager |
Ansprechende Gestaltung der Lernumgebung |
Praktische Erfahrungen ermöglichen |
Lernen am Objekt |
Zweck | Lernprozessen bei der Zielgruppe initiieren |
Unterstützung der Wissensnutzung |
Ziel | Umsetzung des generierten Wissens |
Methoden | Evaluationen |
Feldtage |
Workshops, Schulungen, Weiterbildungen |
Tools | Lernmittel (Bücher, Curricula, Merkblätter) |
Bei der Strategie des Lernens liegt der Fokus der Projekte auf den Lernprozessen der Zielgruppe. Die Ergebnisse aus den Interviews werden in Tab.
4 kurz zusammengefasst.
Die Maßnahmen richten sich nach außen an projekt-externe Wissensnachfrager. Damit eine Umsetzung des generierten Wissens stattfindet, müssen neben Handlungen auch Kompetenzen entstehen. Grundlage dafür sind Internalisierungsprozesse des Wissens. Insofern ist es folgerichtig, dass die Projekte versuchen über die Gestaltung einer ansprechenden Lernumgebung die Wissensnutzung zu unterstützen. Lernen als Inbegriff von Implementierung sollte in einer wissensbasierten Projektarbeit im Mittelpunkt der strategischen Ausrichtung stehen. Die bloße Bereitstellung von Lernangeboten ist jedoch eher mit einer nicht nachvollziehbaren Entstehung von Wissen bei den eventuellen Nutzern diese Lernangebote verbunden. Damit dies planmäßig geschieht ist eine Steuerung erforderlich, müssen individuelle und kollektive Wissensbasen systematisch zusammengebracht und Lernprozesse angeregt werden (vgl. u. a. Hacker et al.
2011). Lernen bedeutet, explizites Wissen, welches durch Information, Dokumentation und Kommunikation bereitgestellt wird im Zuge der Internalisierung zu verinnerlichen, mit dem Ziel eine Verhaltensänderung zu bewirken.
Der strategische Einsatz des Lernens für Transfer und Implementierung heißt für die Befragten, dass Instrumente wie beispielsweise Evaluationen eingesetzt werden, damit die Projektakteure durch Reflexion der Projekterkenntnisse Schlussfolgerungen ziehen, ihre Handlungsweisen im Projekt anpassen können. Außerdem planten die Interviewpartner verschiedene Veranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen, damit sie nicht nur Informationen transferieren, sondern zudem eine Implementierung von Wissen, d. h. ein Lernen bei dieser Gruppe initiieren können. Die Informationen werden anschaulich anhand konkreter Handlungsbeispiele: „Wir haben konkret Workshops gemacht. Und wir haben einen Feld-Tag gemacht. Ursprünglich/. Ich wollte eigentlich 2 Feld-Tage machen. Der Feld-Tag hat sehr sehr gut funktioniert. Das war richtig knacken voll.“ (2.5; Z. 1357–1360)
Im Sinne des Lernens am Objekt setzen die Gesprächspartner so eine zielgruppenadäquate Lernstrategie ein. Ausgerichtet wird das Lernen direkt in der Praxis. In diesen Lernarrangements wird es den Rezipienten ermöglicht eigne praktische Erfahrungen zu machen. Diese Freiheiten erlauben nicht nur Selbstlernprozesse, sondern insbesondere auch ein voneinander Lernen in der Akteurgruppe. Unterstützt wird dies von den Projektpartnern, indem sie die zu vermittelnden Inhalte stetig wiederholen. Konkrete Anhaltspunkte, wie das Lernen gestaltet wurde bzw. von statten ging, finden sich in den Interviews nicht. Obschon nach Verhaltensänderung, Wissenserwerb und Bewusstseinswandel gefragt wurde steht das Lernen nicht im Vordergrund und wird nur vereinzelt thematisiert wird. Bei den Projektakteuren passieren diese Prozesse eher unbewusst, ihre Entwicklungs- und Forschungsprojekte haben nicht zwangsläufig die Initiierung von Lernprozessen zum Ziel und evtl. Maßnahmen laufen auch nicht unter diesem Label. Dennoch werden als konkrete Implementierungsmittel von Wissen direkte und thematische Lernveranstaltungen wie Schulungen, Workshops, Weiterbildungen sowie Lernmittel wie Bücher, Curricula oder Merkblätter organisiert. Entwickelte Lernkurse oder spezielle Feldtage helfen außerdem, effektiv Lernen zu bewirken.
Es zeigt sich, dass die Projektakteure Lernstrategien einsetzten, die im Abgleich mit der Theorie, als hochwirksam und außerordentlich zielgruppengerecht angesehen werden können. Über die Praxisnähe wird der Sinnbezug hergestellt, durch die Anwendung werden haptische Reize angesprochen, so dass eine Internalisierung und Konstruktion des Wissens beim Rezipienten stattfinden kann (vgl. Nolda
2008). Wenn zukünftig mehr als nur punktuelle Lernaktivitäten etabliert und umgesetzt werden sollen, wären diese Aspekte zukünftig noch stärker zu berücksichtigen. Mit dem gesetzten Ziel der Implementierung scheint dies nur folgerichtig, da es nicht nur Handlungen anzuregen gilt, sondern im Sinne einer Verstetigung Kompetenzen und somit die Entwicklung von, im Falle des nachhaltigen Landmanagements, pränormative Vorstellungen anzuregen.
4.2.3 Reflexionsschleifen
Bezogen auf die Projekte selbst konnten reflexive Lernprozesse erhoben werden, die in die Kategorie ‚Reflexionsschleifen‘ eingeordnet wurden. Hierunter werden Maßnahmen gefasst, die dem internen Lernen dienen. In den Interviews zeigt sich, dass die Projektbeteiligten aus Ereignissen bzw. Erfahrungen Rückschlüsse für ihr weiteres Vorgehen ziehen. Diese sogenannten Reflexionsschleifen bewirken Änderungen in unterschiedlicher Hinsicht, die Mehrzahl bezieht sich aber auf die Modifikation der Umgangsformen.
Projektübergreifend herrscht die Meinung, Kommunikationsformen müssen mit der jeweiligen Zielgruppe bzw. deren Bedürfnisse in Einklang gebracht werden. Das bestätigt sich in den Aussagen über den Mitteleinsatz und knüpft an die Kommunikationskanäle, die je nach Adressat abgestimmt werden, sowie an die Anpassung der Sprache je nach Reaktion der Rezipienten an. Darauf aufbauend zeigt sich, dass die Forschung an eben genau diese Zielgruppenbedürfnisse angepasst werden muss, um eine Umsetzung zu garantieren. So können sich Folgeprojekte an den aktuellen Projektproblemen orientieren, wobei eine Konzeptanpassung für eine Übertragbarkeit vorgenommen werden muss. Die Instrumente oder Tools der Reflexion werden je nach Projekt unterschiedlich eingesetzt. So wurde in einem Projekt eine SWOT-Analyse in der Mitte der Projektlaufzeit realisiert, welche die Reflexion der Projektrealität erlaubte. Bei dieser internen Evaluation war zudem eingeplant, Anpassungen der Kooperation durchzuführen, falls entscheidende Probleme bei der Zusammenarbeit aufgedeckt worden wären.
Als wichtig für Reflexionsmöglichkeiten werden neben dem expliziten Einbezug von Praxisrückmeldungen auch Instrumente für den Erhalt eines Überblicks als wichtig befunden. Letzteres wird in einem Projekt durch einen nachträglich installierten Controlling-Bericht gestaltet, um Informationen aus anderen Teilprojekten zu bekommen. Weiterhin erkannten die Interviewten, Evaluationen am Projektende mit allen Teilnehmern seien notwendig. Dies würde die Möglichkeit bieten, umfassend über das Projekt zu reflektieren. Außerdem müssen Reflexionsinstrumente für den Einbezug der Zielgruppe installiert werden. Dabei ist es notwendig Rückmeldungen von der Zielgruppe explizit einzufordern.
In den Interviews kristallisieren sich letztendlich drei Reflexionsthemen heraus. Einmal wird über Instrumente reflektiert. Des Weiteren über die Projektrealität, um Problemen zeitnah entgegensteuern zu können. Und ebenfalls über den Projektablauf, um eine Weiterarbeit planen zu können.