Die 32 Regionalgesellschaften in Nord-, Ost- und Westdeutschland des Aldi Nord-Konzerns verfügen im Durchschnitt über 70 Filialen – insgesamt sind es nach eigenen Angaben mehr als 2.300. Und man will weiter expandieren: Auf der Internetseite gibt das Unternehmen an, an Grundstücken ab 4.000 Quadratmetern beziehungsweise an Ladenlokalen ab einer Nutzfläche von 1.100 Quadratmetern interessiert zu sein. Man kann also davon ausgehen, dass das Bauen und Betreiben von Immobilien für den Konzern kein Neuland ist – zumal Objekte auch vermietet oder wieder verkauft werden.
Am 31. Januar 2018 kündigte das Unternehmen nun an, an mindestens 30 Standorten in Berlin sogenannte gemischt genutzte Immobilien umzusetzen. Insgesamt sollen in Kombination mit den Märkten so mehr als 2.000 Wohnungen entstehen.
Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und Standort-Fragen
Bereits seit Mitter der 90er-Jahre rückt eine städtebauliche Integration von Shopping-Centern stärker in der der Fokus, schreibt Michael Krautz im Kapitel "Handel und Innenstadt" des Springer-Fachbuchs "Praxishandbuch City- und Stadtmarketing". Darin verweist er auch auf Entwicklungen in jüngster Zeit, in der die Entwicklung von gemischt genutzten Immobilien und die Revitalisierung von Warenhausstandorten mit einem urbanen Nutzungsmix mit Einzelhandel, Gastronomie sowie Bildungs- und Kulturangeboten an vorderster Stelle steht.
Aldi Nord begründet das Engagement in seiner Ankündigung unter anderem mit dem rapiden Bevölkerungswachstum in der Hauptstadt. Bezahlbarer Wohnraum sei da gefragter denn je. Zudem stelle diese Wachstumsrate auch das Unternehmen vor neue Herausforderungen, beispielsweise bei der Suche nach neuen und geeigneten Standorten. Vor allem in den hochfrequentierten Lagen wolle man für die Kunden da sei, sagt Jörg Michalek, Geschäftsführer der Aldi Immobilienverwaltung. Die Kombination von Märkten und angeschlossenem Wohnraum sei deshalb eine konsequente und vor allem zukunftsorientierte Lösung.
Einstöckige Supermärkte sind in Innenstadtbereichen passé
Doch Andreas Feldtkeller gibt im Kapitel "Städtebau: Quartiere offen für Vielfalt" des Springer-Fachbuchs "Die kompakte Stadt der Zukunft" noch einen weiteren Hinweis auf das mögliche Engagement. So schreibt er: "Die soeben vom Bundestag und Bundesrat verabschiedete Baurechtsnovelle mit dem 'Urbanen Gebiet' (BauNVO § 6a) ist in ihrer Formulierung eine Steilvorlage für Betriebe, die Mischgebiete nach ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen formen wollen und dazu das Werkzeug des städtebaulichen Vertrags einsetzen werden." Und auch Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, äußerte sich gegenüber dem RBB-Sender Radioeins folgendermaßen: "Die Discounter wollen damit Geld verdienen." Er sagte dem Sender gegenüber aber auch, dass die Wohnraumschaffung in städtischen Bereichen eine vernünftige Lösung sei und einstöckige Supermärkte dort passé seien.
In einer ersten Phase will der Discounter nun zwei Leuchtturmprojekte umsetzen: 200 Wohnungen sollen dabei in den Stadtteilen Neukölln und Lichtenberg entstehen. Weitere fünfzehn Standorte in der Kombination aus Märkten und Wohnungsbau würden sich in konkreter Planung befinden.