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05.02.2020 | Zahlungsverkehr | Schwerpunkt | Online-Artikel

Die Abschaffung von Kleinmünzen wäre kaum spürbar

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

3:30 Min. Lesedauer

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Sie sind teuer in der Herstellung und ihr Nutzen im Alltag zweifelhaft: Ein- und Zwei-Cent-Münzen. Die EU-Politik würde sie gerne abschaffen. Auch Wirtschaftsexperten glauben, dass das gut funktionieren könnte.

"Fast die Hälfte aller in Umlauf gebrachten Euro-Münzen in Deutschland sind Ein- oder Zwei-Cent-Münzen. Und im Durchschnitt verfügt jeder Deutsche über mehr als zweihundert hiervon", schreiben Jakob Lempp, Thomas Pitz und Jörn Sickmann im Buchkapitel "Abschaffung von Kleinmünzen durch Rundung" auf Seite 154. Dennoch steige ihr Bestand stetig. "Nach Angaben der Europäischen Zentralbank befanden sich im Jahr 2017 cirka 34,2 Milliarden Ein- und 26,3 Milliarden Zwei-Cent-Münzen im Umlauf", so die Springer-Autoren. Politikwissenschaftler Lempp und die beiden Ökonomen Pitz und Sickmann führen aus: 

Dies ist durchaus erstaunlich, erfüllen doch die Kleinmünzen aufgrund ihres geringen Nennwerts kaum die zentralen Funktionen des Geldes: Sowohl die Wertaufbewahrungs- als auch die Zahlungsfunktion von Bargeld lassen sich in der Praxis nur sehr eingeschränkt mit Kleinmünzen realisieren."

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Hohe Herstellungskosten der Cent-Münzen belasten Staaten

Nun soll es auch nach Wunsch der EU-Kommission den Kleinmünzen an den Kragen gehen. Die Europa-Politiker begründen ihre Entscheidung vor allem mit den verhältnismäßig hohen Herstellungskosten der Cent-Stücke. Bei der Ein-Cent-Münze übersteigen diese sogar deren Wert - für viele europäische Mitgliedstaaten sei das ein Verlustgeschäft.

Und obwohl die Deutschen nach wie vor Bargeld lieben, glauben auch Experten nicht an spürbare Auswirkungen auf das tägliche Leben: "Die meisten Bürger würden die Abschaffung wahrscheinlich überhaupt nicht bemerken", sagt Matthias Pelster vom Department Taxation, Accounting & Finance der Universität Paderborn. "Bereits heute werden Ein- und Zwei-Cent-Münzen in einigen europäischen Ländern nicht mehr verwendet", betont der Wirtschaftswissenschaftler. 

Weniger Münzen durch Runden

Wie Lempp, Pitz und Sickmann berichten, versuchen Finnland (seit 2002), die Niederlande (seit 2004) sowie Irland (seit 2015) durch Rundung die Verbreitung der Kleinmünzen einzudämmen. Dem haben sich zum Teil Belgien und seit Januar 2018 auch Italien angeschlossen. "Von den EU-Mitgliedsländern außerhalb des Euro-Raums hat Schweden bereits im Jahr 1972 mit der Abschaffung der Ein- und Zwei-Öre-Münzen eine Rundungsregel eingeführt", erklären die Hochschulprofessoren. 

"Auch in Deutschland gibt es eine bekannte Drogeriekette, die auf die Verwendung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen verzichtet und stattdessen an der Kasse abrundet", so Wirtschaftsexperte Pelster. Obwohl fast die Hälfte aller im Umlauf befindlichen Münzen aus Ein- und Zwei-Cent -Stücken bestehen, werden ihm zufolge davon höchstens 20 beziehungsweise 25 Prozent für den täglichen Einkauf genutzt. "Im Jahr 2018 wurde in Deutschland erstmals weniger in bar und mehr mit Karte bezahlt", betont Pelster. 48,3 Prozent der Umsätze im Einzelhandel seien in bar und 48,6 Prozent mit Karte entrichtet worden. 

Dass es durch die Abschaffung zur Verteurung von Preisen komme, glaubt die Europäische Kommission nicht. Wie die Beispiele aus Finnland, den Niederlanden oder Irland zeigen, hätten die Rundungen keine messbaren Auswirkungen auf die Verbraucherpreisinflation gehabt. Schließlich müssten die Preise auch nicht zwangsläufig angepasst werden, so dass sich nicht so viel für den Verbraucher ändern würde. Einen ersten Schritt zur generellen Abkehr vom Bargeld sieht die EU-Kommission in der Abschaffung der Kleinmünzen ebenfalls nicht. 

Kryptowährungen dienen der Spekulation, nicht als Zahlungsmittel

Im Zusammenhang mit der Abschaffung der beiden Münzen sollen in dem von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgelegten Entwurf auch neue Überlegungen zu Kryptowährungen enthalten sein. "Viele Kryptowährungen wurden ursprünglich ins Leben gerufen, um einen unabhängigen Zahlungsverkehr zu ermöglichen. Sie werden jedoch hauptsächlich als Spekulationsobjekte genutzt und eignen sich in ihrer derzeitigen Form kaum als Zahlungsmittel", so der Paderborner Wirtschafsforscher. Gegen deren Verwendung im Alltag spreche außerdem eine mangelnde Skalierbarkeit für einen größeren Markt als auch der enorme Energieverbrauch für die Generierung. 

Vielversprechender seien hingegen Blockchains, die digitalen Kontenbücher, die von verschiedenen Kryptowährungen verwendet werden. "Blockchains bieten auch Plattformen für sogenannte Smart Contracts und Distributed Apps", so Pelster. "Das Potential der hier verwendeten Technologie sollten wir auf keinen Fall unterschätzen." 

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