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30.06.2025 | Zahlungsverkehr | Interview | Online-Artikel

"Paypal kann mit Tap to Pay an der Ladenkasse punkten"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4:30 Min. Lesedauer

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Paypal drängt mit Tap to Pay in den stationären Handel und setzt damit europäische Anbieter unter Druck. Was dieser Vorstoß für Wero, Klarna & Co. bedeutet, erläutert Payment-Experte Markus Bender.

Markus Bender ist Market Group Lead Banking & Capital Markets Deutschland und Banking Industry Lead DACH bei Accenture. Der Experte mit langjähriger Berufserfahrung hat sich insbesondere auf groß angelegte Transformationsprojekte, strategische Umstrukturierungen und Integrationsprojekte nach Fusionen spezialisiert. 


Springerprofessional.de: Welche Strategie steht hinter dem Einstieg von Paypal ins kontaktlose Bezahlen im stationären Handel? Weshalb erfolgt dieser Schritt gerade jetzt?

Markus Bender: Paypal will sich als vollumfänglicher Zahlungsdienstleister etablieren. Dank der Öffnung der Schnittstelle für kontaktlose Funktechnologie (NFC) auf iOS durch den europäischen Digital Markets Act können Zahlungsdienstleister wie Paypal nun mit Tap to Pay an der Ladenkasse punkten. Die große Kundenbasis von Paypal in Deutschland ist hier ein klarer Vorteil. Mit Tap to Pay ermöglicht das Unternehmen Zahlungen über alle Kanäle und reagiert auf die wachsende Akzeptanz kontaktloser Zahlungen. Zudem investiert Paypal gezielt in neue Funktionen wie Ratenzahlung To Go und Cashback, um sich von Bezahllösungen wie Apple und Google Pay abzuheben. 

Welche unmittelbaren Auswirkungen hat die Entscheidung auf europäische Wettbewerber wie Wero, Klarna oder die geplante EUDI-Wallet?

Der Auftritt als vollumfänglicher Zahlungsdienstleister am europäischen Point of Sale (POS) beeinflusst die Wettbewerbssituation für europäische Anbieter wie Wero oder Klarna. US-Zahlungsdienste können dank ihrer Marktdurchdringung schnell Marktanteile gewinnen, während europäische Lösungen noch am Anfang stehen und unter Zeitdruck geraten, attraktive Funktionen und breite Akzeptanz zu erreichen. Es entsteht ein zusätzlicher Innovationsdruck, eigene POS-Lösungen und Anreize wie Cashback oder Ratenzahlungen schneller zu entwickeln. Auch die EUDI-Wallet hat diese Marktdynamik im Blick und wird das im Entwicklungsprozess berücksichtigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. 

Viele europäische Initiativen im Mobile Payment tun sich schwer. Liegt das eher an technischen, regulatorischen oder strategischen Problemen? 

Einige europäische Initiativen für mobiles Bezahlen stehen vor einem Mix aus technischen, regulatorischen und vor allem strategischen Herausforderungen. Die nationale Fragmentierung und das iOS-Monopol bei NFC erschweren die Integration und sorgen für inkonsistente Nutzererfahrungen. Regulatorisch bremsen komplexe Vorgaben, hohe Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen Innovationen. Sie erschweren neuen Anbietern den Markteintritt. Strategisch fehlt vielen Lösungen ein klarer Mehrwert gegenüber globalen Playern, und die Entwicklung in Konsortien mit vielen Interessensgruppen verläuft oft langsamer und weniger kundenorientiert. Zudem sind deutsche Kunden traditionell loyal gegenüber etablierten Banken und Bezahlsystemen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ohne klare Differenzierung und signifikante Investitionen kaum Marktdurchdringung gelingt.

Wie unterscheidet sich Paypals neues Angebot von dem europäischer Anbieter - sowohl technisch als auch in puncto Nutzererlebnis?

Der größte Unterschied ist die vollständige Integration von Tap-to-Pay per NFC in der App für iOS und Android, was erstmals kontaktloses Bezahlen ohne Apple Pay oder Google Pay ermöglicht. Nutzer erhalten bei jeder Zahlung eine virtuelle Mastercard, die überall dort akzeptiert wird, wo kontaktlose Mastercard-Zahlungen möglich sind - ohne zusätzliche technische oder vertragliche Hürden für den Handel. Das Einrichten ist komplett digital, die Karte wird sofort ausgestellt, und alle Online- sowie Offline-Einkäufe sind übersichtlich in der App einsehbar.

Gibt es dabei Besonderheiten?

Ein Alleinstellungsmerkmal ist die flexible Ratenzahlung To Go direkt beim Bezahlen im Geschäft, ergänzt durch das Cashback-Programm "Paypal Rewards", das sowohl im stationären als auch im Online-Handel funktioniert. Auch der Paypal-Käuferschutz greift jetzt für Einkäufe vor Ort, was den Kunden zusätzliche Sicherheit bietet. So entsteht ein besonders bequemes, sicheres und vielseitiges Nutzererlebnis, das über klassische Bezahlfunktionen hinausgeht.

Was müssen aus Ihrer Sicht europäische Wallets bieten, um sowohl Händler als auch Konsumenten langfristig zu überzeugen?

Europäische Wallets überzeugen den Handel und Konsument:innen langfristig nur, wenn sie besonders nutzerfreundlich sind - etwa durch Tap-to-Pay per NFC, Peer-to-Peer oder QR-Code – und eine schnelle, unkomplizierte Registrierung in der vertrauten App bieten. Wichtig sind außerdem die reibungslose Verbindung von Online- und Offline-Zahlungen sowie flexible Zahlungsoptionen wie Jetzt kaufen, später bezahlen. Mehrwerte wie Loyalty-Programme, Cashback und transparente Datenschutzrichtlinien stärken die Attraktivität und das Vertrauen der Nutzer:innen. Für den Handel zählen niedrige Transaktionsgebühren, eine einfache Integration in Kassensysteme, breite Akzeptanz durch standardisierte Schnittstellen und Zugang zu Kundendaten für Analysen. Nur wenn Wallets all diese Anforderungen erfüllen, können sie sich am europäischen Markt etablieren.

Sehen Sie durch den Paypal-Vorstoß eine mögliche Marktverschiebung oder gar eine neue Konsolidierungswelle im Mobile-Payment-Sektor? 

Der Vorstoß und die Erweiterung zur umfassenden Mobile-Payment-Lösung könnten den Markt deutlich verschieben: Paypal könnte zu einer One-Stop-Lösung werden, was Kundenbindung und Marktdurchdringung stärkt. Zusatzfunktionen steigern die Attraktivität für Konsument, erhöhen die Akzeptanz bei Händlern und verstärken teils den Druck auf eher fragmentierte europäische Anbieter. Diese Angebotsbreite und starke Nutzerbasis könnten eine Konsolidierungswelle auslösen, vor allem mit Blick auf die kleineren Anbieter. 

Welche Rolle spielen Innovationen wie biometrische Authentifizierung, digitale Identitäten oder KI im künftigen Wettbewerb um den Check-out? Was erwarten die Verbraucher?

Technologische Innovationen wie biometrische Authentifizierung, digitale Identitäten und KI verändern den Check-out grundlegend. Verbraucher erwarten Komfort, Sicherheit und Schnelligkeit. Kontaktlose Zahlungen per NFC, QR-Code oder biometrische Verfahren wie Fingerabdruck- und Gesichtserkennung machen das Bezahlen einfacher und sicherer. Digitale Identitäten wie die EUDI-Wallet könnten künftig zusätzliche Sicherheit bieten. KI hilft, Betrug in Echtzeit zu erkennen. Anbieter, die Mehrwertdienste wie Jetzt kaufen, später bezahlen oder Treueprogramme nahtlos integrieren, verschaffen sich klare Wettbewerbsvorteile.

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