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Erschienen in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 4/2023

Open Access 12.04.2023 | Originalarbeit

Zementmahlung – Stand der Technik und Trends für die Zukunft

verfasst von: Dipl.-Ing. Thomas Holzinger, Helmut Flachberger

Erschienen in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte | Ausgabe 4/2023

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Zusammenfassung

Die Zementindustrie steht vor großen Herausforderungen und hat gleichzeitig die Chance, eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der klimapolitischen Ziele einzunehmen. Die Zementproduktion trägt weltweit mit ca. 7 % zum gesamten CO2-Ausstoß bei und steht daher seit Jahren im Fokus von Gesellschaft und Politik. Zur Zielerreichung beitragen können vielfältige Maßnahmen, wie die Reduktion des Einsatzes fossiler Brennstoffe durch CO2-neutrale Ersatzbrennstoffe, neue Produktionstechniken unter Sauerstoffatmosphäre, Carbon Capture Projekte zur CO2-Einlagerung, die Herstellung von technischem Kohlendioxyd oder synthetischen Kraftstoffen. Eine weitere, seitens der Zementindustrie vorangetriebene Forschungsaktivität und weltweit zu beobachtender Trend ist die Reduzierung des Klinkeranteiles in Zementen. Normen und Standards werden angepasst, um neue Zemente mit einem höheren Anteil an Zuschlagstoffen für die Bauindustrie einzuführen. So weisen etwa die Zementsorten CEM II/C und CEM VI einen reduzierten Klinkeranteil auf, sie erlauben den Einsatz von erhöhten Anteilen an Schlacke, Kalkstein, rezykliertem Beton und anderen Zuschlagstoffen. Diese wiederum energetisch optimal, also mit geringem elektrischen Energieeinsatz herzustellen, stellt die Werke und die Industrie vor neue Herausforderungen. Der elektrische Energiebedarf eines Zementwerkes ist nicht zu unterschätzen und liegt aktuell in einem Bereich von 90 bis 110 kWh pro Tonne produziertem Zement, neuere Zementwerke liegen bei 80 kWh/t und darunter. Betrachtet man den mittleren Energieverbrauch eines Werkes, so werden rund 71 % für die Mahlung eingesetzt, etwa 24 % für die Klinkerherstellung und ca. 5 % für allgemeine Verbraucher. Davon beansprucht die Zementmahlung ca. 44 % und beträgt je nach eingesetzten Mahlsystemen und erzeugtem Zementsortenportfolio zwischen 35 und 50 kWh/t.
Im Rahmen dieser Veröffentlichung werden die aktuell zum Einsatz gelangenden Mahlsysteme – Kugelmühlenkreisläufe, Walzenschüsselmühlen sowie Rollenpressen – besprochen. Des Weiteren werden deren Vorteile, Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen sowie die aus der langjährigen Tätigkeit des Erstautors gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und Markttrends präsentiert. Die optimierte Herstellung von Mischzementen durch Separatmahlung wird zur Diskussion gestellt und die damit gemachten Erfahrungen vorgestellt. Die Separatmahlung bietet optimale Voraussetzungen, um in Zukunft den Klinkerfaktor auf ein Minimum zu reduzieren, und ermöglicht gleichzeitig den Einsatz von energetisch günstigen Mahlsystemen, wie etwa Rollenpressen und/oder Walzenschüsselmühlen, um einerseits den steigenden Zementbedarf im Werk zu decken und andererseits die Energiekosten niedrig zu halten.
Hinweise
Nach einem Vortrag, gehalten im Rahmen des „Aufbereitungstechnischen Seminares 2022“ am 5. Oktober 2022 in Leoben Österreich.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Die Firma Holzinger Consulting berät die Zementindustrie sowie den Industriemineralsektor in Fragen der Prozessoptimierung in der thermischen sowie in der mechanischen Verfahrenstechnik. Hierbei besteht mit den Experten der Firmen in den verschiedenen Themengebieten eine enge Zusammenarbeit, die auf Erfahrung und Vertrauen aufgebaut ist.
Die Zementproduktion trägt weltweit mit ca. 7 % zum gesamten CO2-Ausstoß bei und steht daher seit Jahren im Fokus von Gesellschaft und Politik. Zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen können vielfältige Maßnahmen, wie die Reduktion des Einsatzes fossiler Brennstoffe durch CO2-neutrale Ersatzbrennstoffe, neue Produktionstechniken unter Sauerstoffatmosphäre, Carbon Capture Projekte zur Einlagerung wie auch die Herstellung von technischem Kohlendioxid oder synthetischen Kraftstoffen oder Chemikalien. Ein weiterer weltweit zu beobachtender Trend ist die Reduzierung des Klinkeranteiles in Zementen. Normen und Standards werden angepasst, um neue Zemente mit einem höheren Anteil an Zusatzstoffen für die Bauindustrie einzuführen. Die Zementsorten CEM II/C und CEM VI weisen einen reduzierten Klinkeranteil auf und erlauben den Einsatz von erhöhten Anteilen an Schlacke, Kalkstein, rezykliertem Beton und anderen Zuschlagstoffen. Diese wiederum energetisch optimal, mit geringem elektrischen Energieeinsatz herzustellen, stellt die Werke und die Industrie vor neue Herausforderungen.

2 Stand der Technik

Abb. 1 gibt einen allgemeinen Überblick über aktuell in der Zementindustrie zum Einsatz gelangende Mahlsysteme, von den Anfängen mit Zweikammer-Kugelmühlen im offenen Kreislauf bis hin zu heutigen Standards mit Kugelmühlen im geschlossenen Kreislauf mit Windsichtern, aber auch Walzenschüsselmühlen sowie Gutbettwalzenmühlen (auch Rollenpressen genannt).
Je nach Land und den spezifischen Märkten und Erweiterungsstufen kommen auch kombinierte Mahlsysteme mit Rollenpressen und Walzenschüsselmühlen (auch als Pre-grinder bezeichnet) zum Einsatz, letztere vorwiegend in Indien und Asien in verschiedensten Schaltungen. Ziel bei den Vormahlaggregaten ist es, die zumeist unzureichend an den Zerkleinerungsschritt angepasste und damit „unwirtschaftlich“ arbeitende erste Kammer einer Kugelmühle durch ein „wirtschaftlicheres“ Aggregat zu ersetzen, um den Durchsatz einerseits zu erhöhen und andererseits den spezifischen Energieverbrauch zu senken.
Dieser bewegt sich pro Tonne Zement (siehe dazu Abb. 2) in Bereichen von 90 bis zu 110 kWh/t, abhängig vom Anlagendesign, den installierten Mahlsystemen und dem erzeugten Zementportfolio. Moderne Zementwerke, welche mit effizienten Mahlsystemen, sprich Walzenschüsselmühlen und Rollenpressen, ausgestattet sind und ein kompaktes Anlagendesign aufweisen, liegen heute bei Werten deutlich unter 80 kWh/t.
Die Verteilung der spezifischen elektrischen Energie in einem Werk ist anschaulich in Abb. 3 dargestellt und zeigt, dass
  • 71 % für die Mahlung von Rohmaterial, Kohle bis hin zur Zementmahlung
  • 24 % für die Klinkerherstellung und
  • 5 % in allgemeine Verbraucher
eingesetzt wird.

3 Mahlsysteme im Überblick

3.1 Klassischer Kugelmühlenkreislauf mit Windsichter

Die Kugelmühle im geschlossenen Kreislauf (Abb. 4) ist mit einem Sichtaggregat sogenannter erster, zweiter oder dritter Generation ausgestattet. Alle Bauarten findet man heute noch im Betrieb und je nach Zementportfolio und Markt sind hier durchwegs Reduktionen im Energiebedarf von 10–20 % durch Ersatz eines Sichters älterer Generation mit einem hocheffizienten Sichter der dritten Generation möglich.
Der Zweikammer-Kugelmühlen-Kreislauf mit Windsichter ist das älteste und nach wie vor das vorherrschende Mahlsystem in der Zementindustrie. Das System kann man wie folgt kurz charakterisieren:
  • Bewährte Technik und Standard für Normen und Festigkeit
  • Einfacher Betrieb und Wartung
  • Hohe Produktionsfeinheiten nach dem Sichter möglich (6000 Blaine)
  • Abwärmenutzung zur Trocknung
  • Aufgabekorngröße des Klinkers mit einem k80-Wert < 25 mm
  • Aufgabe aller Zumahlstoffe in die Mühle
  • Hohe spezifische Energiekosten
  • Limitierte Trocknungskapazität (externe Beheizung limitiert durch kleinen Ein- und Auslauf)
  • Hoher Produktionsverlust bei häufigem Sortenwechsel
  • Nach wie vor hohes Optimierungspotential in vielen Werken (Kugelchargen, hocheffiziente Sichter, externe Trocknung feuchter Zumahlstoffe, Automatisierung, Kühlung, …)

3.2 Kombimahlanlagen

Als Kombimahlanlagen oder kombinierte Mahlanlagen bezeichnet man Mahlsysteme, bei denen der Kugelmühlen-Kreislauf durch ein Vormahlaggregat erweitert wird. Dieses kann einerseits ausgeführt sein als:
  • Hammermühle
  • „Horizontale Schleudermühle“ (VSI; vertical shaft impactor)
  • Gutbettwalzenmühle oder kurz Rollenpresse
  • Walzenschüsselmühle ohne Sichter (vertical mill pre-grinder)
Als Gründe für diese Anlagenerweiterung können Kapazitätssteigerungen sowie eine Reduktion des spezifischen Energiebedarfs genannt werden. In Abb. 5 sind zwei mögliche Schaltungsvarianten dargestellt.
Das linke Fließbild zeigt eine sogenannte Semi-Finish-Mahlung mit Rollenpresse, statischem Vorsichter zur Schülpenrezirkulation und dynamischem Sichter zur Abscheidung von Feingut aus dem Mühlenkreislauf. Hierbei wird sowohl im Vormahlaggregat als auch in der Kugelmühle das Fertiggut erzeugt. Durch diese Kombination sind Leistungssteigerungen bis zu 100 % und eine Reduktion der Feuchte um bis zu 15 %-Punkte möglich.
Die Vorteile dieser Anordnung sind:
  • Aufgabe von Klinker und groben Zumahlstoffen trocken und feucht
  • Rezirkulation der Schülpen (100–400 %) und dadurch hoher Energieeintrag in der effizienten Vormahlung
  • Vortrocknung im statischen Vorsichter
  • Abscheidung von Feingut aus dem Vormahlkreis im dynamischen Sichter vor Eintritt in die Kugelmühle
  • Optimierung der Kammern und Kugelchargen
  • Erweiterung der Produktion um bis zu 100 %
  • Für eine definierte Produktkühlung wird ein weiterer Sichter im Kugelmühlenkreislauf benötigt
Das rechte Fließbild zeigt eine sogenannte Vormahlung mit Schülpenrezirkulation. Hier dient die Vormahlung nur dazu, das Mahlgut für die anschließende Fertigmahlung in der Kugelmühle vorzubereiten. Durch diese Kombination kann die Produktionsleistung um bis zu 30 % gesteigert und der spezifische Energiebedarf um bis zu 9 % gesenkt werden. Ein solches Mahlsystem zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:
  • Komplexes Aufgabesystem
  • Limitierte Trocknungskapazität
  • Etwa 9 % geringerer Energieverbrauch im Vergleich zum „klassischen“ Kugelmühlen-Kreislauf
  • Bis zu 30 % höherer Durchsatz
  • Geringe Flexibilität für verschiedene Produkte
  • Komplexer Betrieb und Wartung durch die Rollenpresse (spezielles Wissen notwendig)
  • Rollenpressenverfügbarkeit ist geringer als bei der Kugelmühle; Produktions- sowie Verschleißstrategieplanung komplexer
  • Die Vormahlung kann an sich nicht im Bypass betrieben werden, da die Kugelcharge der Kammer 1 auf das Vorprodukt abgestimmt ist

3.3 Walzenschüsselmühlen

Die Walzenschüsselmühle (Abb. 6) ist heutzutage das Standardmahlaggregat für Rohmehl und Zement mit wenigen Ausnahmen. Diese können länderspezifisch oder auch produktspezifisch sein. Versuche zur Erzeugung von Produktqualitäten CEM I 52,5 N sowie CEM I 52,5 R zeigen, dass bei der Walzenschüsselmühle ein in etwa 500 bis 1000 Blaine feineres Produkt hergestellt werden muss, um gleiche Festigkeitswerte im Vergleich zu einem Kugelmühlenprodukt zu erreichen (Tab. 1). In der Tabelle werden mit Walzenschüsselmühlen hergestellte Zemente – die ersten 4 Analysen – mit einem Kugelmühlenzement verglichen (unterste Zeile). Der Klinker kam jeweils aus dem selben Werk, um hier eine bessere Vergleichbarkeit zu erzielen.
TABELLE 1
Vergleich von mit einer Walzenschüsselmühle (Zeilen 1–4) und einer Kugelmühle (Zeile 5) hergestellte Zementproben
Sample information
XRF DSC, %
Fineness
Laser Granulometer
Mortar Strengh, MPa
Name
Sampling location
SO3
Dihydrate
Hemihydrate
Blaine
R45 Alpine
R32 Alpine
d50
RRSB n
RRSB d′
R1
R2
CEM I 52,5 N
Ex mill
3,47
2,9
2,1
4960
0,2
1,0
8,3
0,96
11,6
17,3
30,6
CEM I 52,5 N
Ex mill
3,39
3,2
1,6
4600
1,0
3,4
9,2
0,95
12,8
18,6
33,6
CEM I 52,5 pre-hyd.
Ex silo
3,19
0,1
0,9
4750
0,8
3,1
9,2
0,98
12,7
13,4
30,1
CEM I 52,5 N
Ex mill
3,59
3,4
2,1
5030
0,2
1,6
8,1
0,98
11,2
16,7
35,7
CEM I 52,5 N Ball Mill
Ex silo
3,69
0,5
1,5
4100
4,5
8,7
11,8
0,93
15,9
19,8
35,3
Die Walzenschüsselmühle ist charakterisiert durch:
  • Keine Einschränkung für Zemente mit Klinkergehalten > 95 % (sogenannten OPCs) und Komposit-Zemente mit moderaten Blaine-Werten (< 4500 Blaine)
  • Keine relevanten Unterschiede für diese Zementtypen im Vergleich zu Kugelmühlenzementen
  • Feinheiten > 5000 Blaine sind heute technisch möglich, die Wirtschaftlichkeit (Investition und Betriebskosten) im Vergleich zur Kugelmühle ist aber nicht mehr gegeben.
  • Höhere Blaine-Werte für frühfeste Zemente im Vergleich zu Kugelmühlenzementen notwendig
  • Mahltemperaturen > 75 °C gut für Durchsatz und Mühlenstabilität – jedoch Risiko von Klumpenbildung im Silo
  • Zementfeinheiten von 6000 Blaine wurden in einer MVR-Walzenschüsselmühle bereits stabil erreicht
  • Durch die Möglichkeit der Beheizung sind hohe Aufgabefeuchten (von Zumahlstoffen) möglich
  • Hohe Differenz der spezifischen Mahlbarkeit von Zumahlstoffen zu Klinker möglich
Die Effizienzsteigerung der Hochdruckmahlung gegenüber der Kugelmühlen-Mahlung beträgt 100 % und mehr. Das Mahlgut wird nur kurz beansprucht (1,5–3 kWh/t pro Durchgang). Nach jedem Durchgang muss das Mahlgut gesichtet werden. Dafür ist eine im Vergleich zum Kugelmühlen-Kreislauf deutlich höhere Sichtluftmenge mit dem dafür notwendigen Energieaufwand erforderlich. Bauartbedingt unterscheiden sich die Druckverluste von Walzenschüsselmühlen verschiedener Hersteller.
Ein Mühlenventilator hat in etwa dieselbe installierte Leistung wie der Mühlenantrieb selbst. Die absorbierte Leistung hängt vom Produktportfolio ab, aber größenordnungsmäßig liegen der Stromverbrauch von Venilator und Mühlenantrieb in einer ähnlichen Größenordnung.
Wie in Abb. 7 zu erkennen ist, gibt es Walzenschüsselmühlen, die selbst für feine Zementqualitäten einen Gesamtdruckverlust kleiner 35 mbar erreichen, während andere noch deutlich höher liegen. Diese Betrachtung ist ebenso relevant, da man die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems und nicht nur den Vergleich der Mahlenergien von einer Walzenschüsselmühle (VRM) zu einer Kugelmühle (KM) (PVRM zu PKM etwa 1 : 2) betrachten muss (Tab. 2).
TABELLE 2
Vergleichende Darstellung verschiedener Kriterien bei Einsatz einer Kugelmühle (KM) und einer Walzenschüsselmühle (VRM)
Kriterium
KM
VRM
Gips Dehydrierung
Hoch
Niedrig
KGV
Breit
Normal
Blaine für 1 d Festigkeitsziel
Referenz
+ 500
Blaine für 28 d Festigkeitsziel
Referenz
+ 100
SEEC für 1 d Festigkeitsziel
100 %
80–85 %
SEEC für 28 d Festigkeitsziel
100 %
75–80 %
Max. Blaine
5500–5800
5200
SEEC specific electrical energy consumption

3.4 Gutbettwalzenmühle oder Rollenpresse

Die Gutbettwalzenmühle (Abb. 8) ist bereits seit über drei Jahrzehnten bekannt und vielfach eingesetzt.
In den 1990er-Jahren, als die meisten Walzenpressen installiert wurden, litt diese Mahltechnik unter schweren mechanischen Problemen. Die damals verwendeten segmentierten Walzenoberflächen erwiesen sich als nicht zuverlässig. Nach dieser negativen Erfahrung stellten alle Lieferanten von Segmenten auf ganze Walzen um. In der Zwischenzeit hielt die Walzenschüsselmühle Einzug in die Zementmahlung und die Rollenpresse wurde nur noch selten gewählt.
Angetrieben durch die erfolgreiche Einführung der Walzenpressentechnologie in der Erzaufbereitung forcierten verschiedene Hersteller (wie z. B. KHD, Polysius, Köppern) die Verwendung der Walzenpresse zur Fertigmahlung von Zement. Dabei wurden spezielle Verschleißschutztechnologien für die Walzen entwickelt, wie zum Beispiel den Hexadur®-Verschleißschutz. Dadurch konnte die Verfügbarkeit der Rollenpresse deutlich verbessert werden. Heutzutage sind Walzen in der Zementmahlung bereits bis zu 50.000 h und mehr ohne Wartungsarbeiten in Betrieb.
Rollenpressen werden heute vorwiegend in der Mineralrohstoffindustrie und als Rohmühle in der Zementindustrie eingesetzt, wenn der Anteil toniger Aufgabematerialien < 5 % beträgt und die Aufgabefeuchte < 10 % ist. Durch das steilere Kornband des Mahlproduktes einer Rollenpresse erzielt man Vorteile im Ofenbetrieb und erreicht auch geringere Staubverluste, was für die Betreiber wirtschaftlich und energetisch interessant ist.
In der Zementindustrie sind bereits einige wenige Anlagen zur Fertigmahlung installiert. Das Haupteinsatzgebiet ist hier vorwiegend die Erweiterung einer bestehenden Kugelmühle, wie bereits diskutiert. Studien mit Zementen haben gezeigt, dass trotz Kornbandsteilheiten mit RRSB-Koeffizienten von 1,06 und höher sehr ähnliche Wasseransprüche wie bei Kugelmühlenzementen erzielt werden. Beton- und Mörteltests zeigten lediglich einen Nachteil in der Eintagesfestigkeit. Nach 7 und 28 Tagen waren die Festigkeiten im Vergleich bereits jeweils höher.
Die Begrenzung für den Einsatz in der Zementmahlung ist die maximal mögliche Durchsatzrate. Hierbei ist der limitierende Faktor der Walzendurchmesser und somit die zu installierende Motorleistung. Die derzeit größte Rollenpresse mit einem Walzendurchmesser von 2,2 m steht in Thailand mit einer installierten Motorleistung von 3900 kW.
Die Zementindustrie ist mit ihrem Massenprodukt in den letzten Jahren mehr und mehr mit steigenden Produktionskosten konfrontiert. Einerseits sind CO2-Emissionsabgaben in einigen Ländern zu bezahlen, was in Europa bereits zu erheblichen Kosten um ca. 100 € pro t CO2 geführt hat, zudem sind die steigenden Preise für Energie und fossile Brennstoffe ein weiterer Kostentreiber. Die Zulieferer haben noch nicht darauf reagiert, um den spezifischen Energieverbrauch im Bereich der Mahltechnik zu reduzieren, darum gibt es hier nur wenig Neues zu berichten. Von den Trends am Markt werden drei Beispiele angeführt:
1.
Einsatz keramischer Kugeln
 
2.
Einsatz einer horizontalen Rührwerkskugelmühle, genannt Booster Mill® von Polysius (Abb. 9 und 10)
 
3.
Separatmahlung
 
Ad 1) Keramische Kugeln
werden von chinesischen Anbietern vorwiegend propagiert und sollen bei der Mahlung folgende Vorteile bieten:
  • Energieeinsparungen von bis zu 20 %
  • Eine bessere Kornverteilung im Bereich 3–32 µm und dadurch bessere Festigkeitsentwicklungen
  • Eine um bis zu 20 °C geringere Temperaturentwicklung
  • 40 % geringerer Verschleiß im Vergleich zu Stahlkugeln
Soweit bekannt können in klassischen herkömmlichen Kugelmühlenmahlsystemen die Energieeinsparungen mit dem Ersatz von keramischen Kugeln anstelle von herkömmlichen Stahlkugeln aufgrund der viel geringeren Dichte von Korund nicht realisiert werden. Hier liegt das Schüttgewicht im Bereich von 2,1 bis 2,3 kg/dm3 im Vergleich zu 4,8 kg/dm3 bei (kleinen) Stahlkugeln.
Der Einsatz von keramischen Kugeln ist daher nur bei wenigen kombinierten Mahlsystemen gerechtfertigt. Beim Großteil der Installationen hat diese Umstellung zu einem erheblichen Produktionsverlust geführt. Geringe Reduktionen im spezifischen Energieverbrauch sind erzielt worden, diese sind jedoch auch mit einem Produktionsrückgang und Modifikationen an den Kammerlängen verbunden. Der finanzielle Aufwand für Umbauten, ein Produktionsrückgang sowie erhöhte Kosten für die Kugeln sind über Einsparungen im spezifischen Energieverbrauch nicht wirtschaftlich zu rechtfertigen.
Ad 2) Polysius – Booster Mill®
Die horizontale Rührwerkskugelmühle mit einer Gattierung von 6 mm und kleineren Kugeln ist eine schnell und einfach umsetzbare Zusatzinstallation für Kugelmühlenkreisläufe sowie für Walzenschüsselmühlen, um einen Teilstrom des Sichterrückgutes fein aufzumahlen und somit den Anlagendurchsatz sowie die Produktqualität für Mischzemente mit großen Mahlbarkeitsunterschieden der einzelnen Komponenten zu verbessern.
Durch die Installation, welche in einem Zeitraum von nur drei bis vier Monaten erfolgen kann, können folgende Verbesserungen erzielt werden:
  • Produktion von sogenannten Hochperformance-Zementen
  • Eine Reduktion des Klinkerfaktors
  • Erhöhung der Klinkerreaktivität
  • Produktionssteigerung bei geringer Investition
  • Schnelle Installation bei kurzer Stillstandszeit
Testresultate aus einer Installation in der Türkei zeigen, dass der Energiebedarf eines CEM I 42,5 N Zementes von 34 kWh/t auf 29 kWh/t reduziert und die Produktionsrate von 45 t/h auf 55 t/h erhöht werden konnten.
Weiterhin konnte ein CEM I 52,5 R mit derselben Produktionsmenge eines CEM I 42,5 R und einem spezifischen Energieverbrauch von 50 kWh/t produziert werden. Die Anlage war zu dem Zeitpunkt noch nicht vollständig optimiert und hatte noch Verbesserungspotential, die Resultate jedoch waren bereits vielversprechend.
Ad 3) Separatmahlung
Die Separatmahlung – also die getrennte Vermahlung der einzelnen Mahlkomponenten, Klinker und Zuschlagstoffe – hat den Vorteil, dass man entsprechend den Anforderungen für eine optimale Zementperformance jede Komponente in einer bestmöglichen Korngrößenverteilung produzieren kann (Abb. 11). Dies ist bei der gemeinsamen Vermahlung nicht möglich, da z. B. Klinker und Kalkstein sehr unterschiedliche spezifische Mahlbarkeiten besitzen. In diesem Fall wird der Kalkstein als Mahlkomponente mit dem geringeren spezifischen Energieverbrauch übermahlen, die Zementperformance und Festigkeitswerte leiden unter diesem Umstand (Abb. 12).
Die getrennte Vermahlung der einzelnen Komponenten wurde in verschiedenen Regionen an verschiedenen Zementqualitäten getestet. Dabei wurde eine deutliche Reduktion des Klinkerfaktors (CF Reduction) festgestellt (siehe Tab. 3).
TABELLE 3
Reduktion des Klinkerfaktors durch Separatmahlung
Plant
Cement Type
CF Reduction (%)
Plant 1
Slag cement
16
Plant 2
Slag cement
13
Plant 3
Pozzolanic cement
10
Plant 4
Limestone cement
7
In Werken mit einer hohen Flexibilität an installierten Mahlsystemen und Mahlkapazitäten konnte die Separatmahlung einfacher umgesetzt werden.
Durch die stetig steigenden Kosten für die elektrische Energie, für die CO2-Zertifikate und einen steigenden Marktbedarf an Mischzementen wird die Separatmahlung an Bedeutung gewinnen.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Metadaten
Titel
Zementmahlung – Stand der Technik und Trends für die Zukunft
verfasst von
Dipl.-Ing. Thomas Holzinger
Helmut Flachberger
Publikationsdatum
12.04.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte / Ausgabe 4/2023
Print ISSN: 0005-8912
Elektronische ISSN: 1613-7531
DOI
https://doi.org/10.1007/s00501-023-01343-6

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