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2012 | OriginalPaper | Buchkapitel

3. Zur Wahl eines metatheoretischen Konzepts

verfasst von : Matthias Potthoff

Erschienen in: Medien-Frames und ihre Entstehung

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Zusammenfassung

Wie das obige Zitat von Reese, Gandy und Grant treffend zum Ausdruck bringt, mindert die bislang ausgebliebene Entscheidung der wissenschaftlichen Gemeinschaft, nach welchem metatheoretischen Konzept der Framing-Ansatz weiterentwickelt werden soll, die Begeisterung für ihn in keiner Weise. Dennoch scheint eine zielführende Erörterung dieses Aspekts dringend notwendig, da es ohne eine Festlegung auf ein bestimmtes Konzept kaum möglich ist, den Ansatz einer Bewertung und Kritik zu unterziehen. Während z B. für Theorien bestimmte Qualitätskriterien existieren, gibt es diese für derart diffuse Konzepte wie Ansätze kaum.

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Fußnoten
1
Im Vorangegangenen und im Folgenden wird der Begriff »Ansatz« verwendet, bis an geeigneter Stelle eine Alternative präsentiert wird.
 
2
In der Tat leidet der Paradigmenbegriff unter dieser oft kritisierten Ungenauigkeit. So äußert beispielsweise Shapere (1964: 393, vgl. auch von Kutschera 1982: 509), der Begriff sei „so vague and ambiguous that it cannot easily be withheld, so general that it cannot easily be applied, so mysterious that it cannot help explain, and so misleading that it is a positive hindrance to the understanding of some central aspects of science […].”
 
3
Shapere zufolge ist diese Nähe der Konzepte auch eine Folge der Weite des Paradigmenbegriffs, welche bedingt, dass ein Paradigma schwer zu erfassen und zu beschreiben ist. „[W]e might assume that Kuhn discusses the theory because it is as near as he can get in words to the inexpressible paradigm.” (Shapere 1964: 387).
 
4
Diese Äußerungen Kuhns lassen sich so interpretieren, als müsse sich die Theorie durch Übereinstimmung mit Tatsachen bewähren, was mit seinen vorherigen Ausführungen augenscheinlich unvereinbar wäre. Jedoch versteht er unter Verifikation keine endgültige Bewahrheitung, sondern nur eine relative: Die verifizierte Theorie stellt angesichts der zur Verfügung stehenden Auswahl die lebensfähigste Alternative dar, passt also besser und nicht vollständig zu den Daten (vgl. Kuhn 1981: 157).
 
5
Diese abweichende Begriffsbestimmung mag es dann auch sein, welche es sinnvoll macht, von der »Konstituierung« eines Paradigmas zu sprechen. Fasst man den Begriff hingegen streng nach Kuhns Vorgaben auf, wäre dies eher inadäquat – schließlich impliziert die Rede von der Konstituierung eines Paradigmas, dass man es quasi im Reagenzglas zeugen und per Dekret als solches bestimmen kann. Dies scheint allerdings unwahrscheinlich, wenn es „bei der Wahl eines Paradigmas keine höhere Norm als die Billigung durch die jeweilige Gemeinschaft“ (Kuhn 1981: 106) gibt. Auch wenn einige Wissenschaftler mehr Einfluss haben mögen als andere, herrscht diesbezüglich keine Autokratie. Dementsprechend macht es auch wenig Sinn, einen Kandidaten für ein Paradigma vorzuschlagen, denn eine allgemeine Billigung einer Theorie wird damit wohl kaum erreicht werden können. Auch das Vortragen guter Gründe dürfte fruchtlos bleiben, wenn alternative Paradigmen – wie Kuhn (vgl. ebd.: 116) es darstellt – inkommensurabel sind und keine rationale Grundlage für ihren Vergleich bereithalten. Kurzum: Welche Theorie sich zu einem Kuhnschen Paradigma entwickelt und welche nicht, kann nicht beeinflusst oder vorhergesagt, sondern lediglich ex post festgestellt werden (siehe hierzu auch Dahinden 2006: 320).
 
6
Eine weitere mögliche Erklärung für das Fehlen eines kommunikationswissenschaftlichen Paradigmas bieten die Komplexität des Untersuchungsobjektes und die bislang eingeschränkten Möglichkeiten seiner Erforschung: Anders als in den naturwissenschaftlichen Fächern gelingt es in den Sozialwissenschaften nicht, den Einfluss von A auf B isoliert von anderen Faktoren zu betrachten. Ein Beispiel aus der Journalismusforschung: Schreibt ein Journalist einen Artikel zu einem politischen Thema, ist seine persönliche politische Einstellung lediglich ein möglicher Einflussfaktor von vielen. Potenziell relevant sind ebenfalls andere persönliche Merkmale, kulturelle Einflüsse, situationale Faktoren usw. Welcher Faktor in welcher Stärke zum Tragen kommt, ist hierbei kaum zu beurteilen aufgrund der Tatsache, dass sich der Produktionsprozess selbst einer genauen Untersuchung entzieht. Die einzelnen Gedankengänge, welche zur Wahl eines Satzes oder Wortes führen, sind dem Handelnden nicht gänzlich bewusst und mit den jetzigen facheigenen Mitteln nicht rekonstruierbar. Zu beobachten sind lediglich gewisse Anfangsbedingungen und ein Endergebnis, der Zwischenraum jedoch lässt viel Platz für divergierende Theorien.
 
7
Der Grundgedanke des Priming-Ansatzes lautet, dass ein externer Stimulus dafür sorgen kann, dass einem Individuum bestimmte, bereits bei ihm im Gedächtnis vorhandene Wissenseinheiten bewusst werden. Diese Gedanken und Vorstellungen haben dann für eine gewisse Zeit nach der Stimulusgabe eine höhere Verfügbarkeit als andere Wissenseinheiten und werden damit eher bei der Interpretation oder Beurteilung eines anschließend präsentierten Sachverhaltes herangezogen. (Vgl. Schenk 2007: 305, D. Scheufele 2000: 299) Im Rahmen der Kommunikationswissenschaft interessiert man sich hier insbesondere für „Effekte, die bestimmte Medieninhalte auf die spätere Beurteilung von Gegenständen, Personen und Ereignissen haben, die mit diesen Inhalten weitgehend in Zusammenhang stehen.“ (Schenk 2007: 305).
 
8
Letztlich ist diese Begründung jedoch sehr schwach. Treffend merkt Stegmüller (1973: 174, Hervorh. im Orig., siehe auch Shapere 1964: 385f.) an: „[.] KUHN könnte nur dann für sich beanspruchen, Begründungen für das, was sein muß, aufgrund von Erkenntnissen darüber, was gewesen ist, gegeben zu haben, wenn er einen sehr weitgehenden philosophischen Essentialismus verträte, gemäß welchem historische Gegebenheiten die Grundlage dafür bilden, das Wesen dessen, was gegeben ist, zu erschauen.“
 
9
In Poppers Terminologie sind Basissätze solche, „die behaupten, dass sich in einem individuellen Raum-Zeit-Gebiet ein beobachtbarer Vorgang abspielt“ (Popper 1976: 69), also singuläre Ereignisse darstellen oder beschreiben. Werden sie anerkannt, sind sie die Grundlage für die Bewährung von Hypothesen (vgl. ebd.: 55).
 
10
Die vollständige Textpassage lautet: „[E]iner der entscheidenden Züge des raffinierten Falsifikationismus besteht darin, dass er den Begriff der Theorie als grundlegenden Begriff in der Logik der Forschung durch den Begriff der Theorienreihe ersetzt. Es ist eine Aufeinanderfolge von Theorien und nicht eine gegebene Theorie, die als wissenschaftlich oder scheinwissenschaftlich bewertet wird. Aber die Glieder solcher Theorie-Reihen sind gewöhnlich durch eine bemerkenswerte Kontinuität verbunden, die sie zu Forschungsprogrammen verschmilzt.“ (Lakatos 1974: 128, Hervorh. im Orig.) In der englischsprachigen Version: „[O]ne of the crucial features of sophisticated falsificationism is that it replaces the concept of theory as the basic concept of the logic of discovery by the concept of series of theories. It is a succession of theories and not one given theory which is appraised as scientific or pseudo-scientific. But the members of such series of theories are usually connected by a remarkable continuity which welds them into research programmes.” (Lakatos 1972: 132, Hervorh. im Orig.).
 
11
Diese Bezeichnung verweist darauf, dass Theorien hier als sprachliche Aussagensysteme und nicht in mathematischen Formeln vorgestellt werden (vgl. Rusch 2001: 99).
 
Metadaten
Titel
Zur Wahl eines metatheoretischen Konzepts
verfasst von
Matthias Potthoff
Copyright-Jahr
2012
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-19648-0_3