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2009 | Buch

Zwischen Europa und Amerika

Polens Außen- und Sicherheitspolitik nach 1989

verfasst von: Veronica Ziemer

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

Nach einer Einschätzung von Kazimierz Dziewanowski lautet die grundlegende Frage zur polnischen Außenpolitik: „Kann man irgendjemandem vertrauen? Werden wir nicht verraten, von unseren Feinden überfallen, von den Verbünde- 1 ten im Stich gelassen, für 30 Silberlinge verkauft?“ Die polnische Außenpolitik unterlag nach 1989 einem fundamentalen W- del. Dieser betraf all ihre inneren und äußeren Parameter wie Ziele, Prinzipien und geopolitische Lage. Kaum ein anderes Land bekam das Ende des Kalten Krieges deutlicher zu spüren als Polen. Die Veränderung der geopolitischen Situation war immens: Keiner der bis 1989 an Polen angrenzenden Staaten üb- stand die Neuordnung nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs. Mit sieben neuen Nachbarn – Russland, Litauen, Belarus, der Ukraine, der Slowakei, der Tschechischen Republik und dem vereinten Deutschland – musste das nun unabhängige Polen eine neue Formel für gute Nachbarschaft und Zusammen- beit finden. Darüber hinaus bekam das Land die Chance, dem Sicherheitsdil- ma zwischen Deutschland und Russland zu entkommen. Der Fall der Berliner Mauer und der Zusammenbruch der Sowjetunion ermöglichten es Polen, zum ersten Mal seit 200 Jahren – abgesehen von der kurzen Phase der Zwisch- kriegszeit – wieder volle innere und äußere Souveränität auszuüben. Nach den Verhandlungen am runden Tisch und den Wahlen von 1989 wurde eine neue Verfassungsordnung etabliert, die Dritte Republik. Die erste Republik war im Jahr 1795 durch die dritte Teilung Polens beendetet worden, die Zweite Republik (1918-1939) zerbrach durch den Zweiten Weltkrieg.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Auszug
Nach einer Einschätzung von Kazimierz Dziewanowski lautet die grundlegende Frage zur polnischen Außenpolitik: „Kann man irgendjemandem vertrauen? Werden wir nicht verraten, von unseren Feinden überfallen, von den Verbündeten im Stich gelassen, für 30 Silberlinge verkauft?“1
2. Die Rollentheorie
Auszug
In der wissenschaftlichen Literatur werden beim Studium der Internationalen Beziehungen zwei bis sechs Analyseebenen unterschieden. Am meisten verbreitetet ist der Ansatz der drei Ebenen, die Kenneth Waltz in seiner Studie über die Ursachen von Kriegen ausmacht: Die individuelle Ebene (der Mensch), der Staat sowie das internationale System.35 Zwischen diesen „three images“ — so die Terminologie von Waltz — besteht ein enger Zusammenhang, der auch für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit bedeutsam ist. Die außenpolitischen Entscheidungen des Staates, in unserem Fall Polen, werden von der jeweiligen Elite getroffen. Die außenpolitische Elite besteht letztlich aus Individuen, die ihrerseits jedoch die Zwänge des internationalen Systems bei ihrer Entscheidungsfindung und ihrem Handeln berücksichtigen müssen. Diesem Verständnis der „three images“ liegt die folgende Untersuchung zugrunde, wobei der Staat als handelnder Akteur im Zentrum der Betrachtung steht.
3. Vorstellungen von Polens nationaler Identität bis 1989
Auszug
Von Ende des 18. Jahrhunderts bis 1989 war Polen lediglich in den Zwischenkriegsjahren (1918–1939) ein freier und souveräner Staat. Diese Erfahrung hat bis heute einen nachhaltigen Einfluss auf die Vorstellungen von nationaler Identität, auf das eigene Selbstverständnis als Akteur sowie Polens Rollenperformanz. Da das Land aufgrund der rund 200-jährigen Besatzungszeit nicht in der Lage war, selbst über sein Schicksal zu bestimmen, entstand das Bedürfnis, auf die vermeintlich glanzvolle Vergangenheit zurückzublicken, anstatt auf die Gegenwart oder die Zukunft zu sehen. Der Stolz auf die nationale Identität bot in der Zeit der nationalsozialistischen und kommunistischen Herrschaft den Kitt, der die polnische Gesellschaft zusammenhielt. Zwischen der Außenpolitik und der Identität entstand auf diese Weise ein enger Wechselbezug, der bis heute anhält.
4. Polens Weg in die euroatlantischen Strukturen
Auszug
Die Mitgliedschaft in der NATO und der EU stellten die Prioritäten der polnischen Außenpolitik in den neunziger Jahren dar. Im Folgenden wird der polnische Weg in die euroatlantischen Strukturen des Westens analysiert. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Bemühungen der politischen Klasse, die Erfordernisse einer baldigen Mitgliedschaft in beiden Bündnissen zu erfüllen sowie die Spannungen, die sich durch die außenpolitischen Rollenbilder daraus ergaben. Dabei stellten die geopolitische Lage und die historischen Erfahrungen die Determinanten dar, aus denen sich die Rollenbilder des Primats der Sicherheit, der Betonung der Souveränität sowie der Geschichte als Lehrmeisterin ergaben.
5. Polen als regionale Führungsmacht
Auszug
Polens Wandel vom Satellitenstaat der Sowjetunion zum Befehlshaber einer eigenen Schutzzone im Irak hat viele neue Bezeichnungen für den neuen Status Polens als wichtigen Akteur in den Internationalen Beziehungen mit sich gebracht. Sie reichen von „Amerikas Protegé im Osten“307 über „neuer Player“308 bis hin zu „Dreh- und Angelpunkt der regionalen Sicherheit“309. Wie sehr sich Polens Rolle in der kurzen Zeitspanne von gut einem Jahrzehnt verändert hat, zeigt ein Zitat von US-Präsident George W. Bush wärend seines Warschau- Aufenthalts im Juni 2001: „Die Frage ist nicht mehr, was andere für Polen tun können, sondern was Amerika und Polen und ganz Europa für den Rest der Welt tun können.“310 Polens Bedeutung als internationaler Akteur hat zugenommen, sowohl im Bereich der transatlantischen Sicherheit als auch auf dem europäischen Parkett. Immer häufiger ist in der Presse die Rede von Polen als „regionaler Führungsmacht“.
6. Quo vadis Polonia?
Auszug
In diesem abschließenden Kapitel sollen die eingangs formulierten Arbeitshypothesen nochmals auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Zu diesem Zweck werden alle verfolgten Argumentationsstränge nochmals zusammengefasst.554
Backmatter
Metadaten
Titel
Zwischen Europa und Amerika
verfasst von
Veronica Ziemer
Copyright-Jahr
2009
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91335-3
Print ISBN
978-3-531-16450-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91335-3