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09.04.2015 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Auf der Suche nach dem Sound von morgen

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4:30 Min. Lesedauer

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Der Ton macht die Musik: Was am Auto Geräusche verursacht, überlassen die Autobauer nicht dem Zufall. Denn der Kunde erwartet guten Klang und optimale Hörerlebnisse. Doch Leichtbau, hubraumreduzierte, aufgeladene Motoren und Elektrifizierung fordern Sounddesigner und Audiospezialisten heraus.

Autos müssen heute mehr sein als reines Fortbewegungsmittel. Sie entwickeln sich zum Unterhaltungs- und Lebensraum, zum Büro auf vier Rädern, in dem die Menschen immer mehr Zeit verbringen. Das Auto soll ein Ort sein, wo die Menschen mit ihrem digitalen Leben verknüpft sein können. Dementsprechend steigen auch die Ansprüche der Kunden an die Systeme im Fahrzeug. Dazu gehört auch der Wunsch nach gutem Klang und ausgefeiltem Audioerlebnis.

Die Audioindustrie hat sich in den letzten 30 Jahren stark gewandelt: Über Vinyl-LPs in den 80iger-Jahren, über die ersten CDs hin zu in digitalisierten Daten, die auf Smartphones heruntergeladen und durch satellitengestützte Funksysteme und Musikdienste gestreamt werden.

Vom Haus ins Auto: HD-Audiostreaming

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Dieser Wandel betrifft nicht zuletzt auch das Hörerlebnis im Fahrzeug. Durch den Komprimierungsprozess ist Musik zwar so mobil wie nie zuvor, allerdings auf Kosten der Audioqualität. Denn bei der Komprimierung von Audiodateien könnten bis zu 90 Prozent der ursprünglich im Studio aufgenommenen Audioinhalte verloren gehen, erzählt Michael Mauser, President of Lifestyle Division Harman in einem Gespräch auf dem diesjährigen Genfer Autosalon. Daher hat Harman das Korrekturverfahren Clari-Fi entwickelt, um Musik trotz niedriger Bitraten in Premiumqualität übertragen zu können, wie im Artikel "Spezieller Algorithmus heilt Komprimierungsschäden an Musikdateien" aus dem Sonderheft zur Electronica 2014 erläutert wird. Die Software-Lösung kann die Audioqualität komprimierter und digitalisierter Musikquellen automatisch analysieren und verbessern.

Doch Mauser denkt schon weiter. Für ihn heißt der nächste Schritt HD-Audio. Musik soll damit möglichst unverfälscht ins Auto gebracht werden. Harman hat dazu ein entsprechendes HD-Audiosystem entwickelt. HD-Audioinhalte sollen ohne Übertragungsverlust abzuspielen sein. 96 kHz 24-bit HD Audio in Studioqualität soll sich genauso einfach wie innerhalb der Wohnung auch in das Auto streamen lassen.

Die Audioqualität wird voraussichtlich an Bedeutung zunehmen. Spätestens mit selbstfahrenden Autos wird der Wunsch nach Komfort, hochqualitativem Entertainment und personalisiertem Fahr- und Sounderlebnis, wie das System Individual Sound Zones bereits heute verdeutlicht, nochmals steigen.

Die Elektroautowelt klingt anders

Doch es geht nicht nur um die Audiosysteme im Fahrzeug. Neben dem Hörerlebnis im Fahrzeuginnenraum spielt auch die Fahrzeugakustik, genauer die Motor-, Abroll- und Windgeräusche, eine große Rolle. Eng damit verbunden ist die Verkehrssicherheit. Denn die neue Elektroautowelt klingt anders als die der klassischen Verbrennungsmotoren. Konnte ein Fußgänger bislang ein Auto mit Verbrennungsmotor einfach lokalisieren, ist das bei Elektroautos anders: Bei niedrigen Geschwindigkeiten, bevor wahrnehmbare Abrollgeräusche entstehen, fehlt das Motorengeräusch. Das birgt Sicherheitsrisiken - zum Beispiel für Sehbehinderte, die auf Geräusche angewiesen sind.

Deshalb geben manche Hersteller ihren Autos einen synthetischen Klang mit - wie etwa den Audi e-sound. Die kürzlich von Harman vorgestellte externe Klangsynthese erzeugt authentisch klingende Motorengeräusche sowohl außerhalb als auch im Innenraum des Fahrzeugs. Auch Entwicklungsspezialist Bertrandt unterstützt seine Kunden dabei, Soundmodule zu entwickeln und in Elektrofahrzeuge zu integrieren, wie das Unternehmen im Artikel "Entwicklung und Integration von Soundmodulen" aus der ATZ 07-08/2014 erklärt.

Dem Motor ein Soundprofil verleihen

Aber auch bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gibt es aktive Methoden, um das Motorengeräusch zu gestalten, wie zum Beispiel Bose anhand eines Konzeptfahrzeugs im Artikel "Aktive Methoden für freie Gestaltung des Motorengeräuschs" aus der ATZ 3-2014 verdeutlicht. Ein anderes Beispiel: Die interne Klangsynthese von Harman erzeugt ein leistungsstarkes Audiofeedback für kleinere, Kraftstoff sparende Motoren. Dabei generiert das System synthetische Geräusche, die dem abgeschwächten Motorensound Profil verleihen sollen und den Motor so klingen lassen wie vom Hersteller gewünscht.

Denn beim Autofahren spielen natürlich auch Emotionen eine Rolle. Das Fahrerlebnis im Auto wird bereichert, wenn das Motorengeräusch dem Fahrer akustisches Feedback zu seiner Beschleunigungsrate und Geschwindigkeit liefert. Dieses Gefühl der Involvierung geht bei Hybridfahrzeugen und Elektroautos verloren, da es beim Batterieantrieb kein hörbares "Motorengeräusch" gibt.

Leichte Materialien erschweren Geräuschdämmung

Daneben führt der Einsatz leichterer Materialien dazu, dass die im Wageninneren wahrnehmbaren Straßengeräusche lauter wahrgenommen werden. Infolge reduzierter Massen und teilweise geringerer Steifigkeiten können unerwünschte Schwingungen entstehen. Da Leichtbau immer auch auf Kosten von Dämmmaterial geht. Dann kommen über Motor und Reifen unerwünschte Geräusche in das Auto. Daher arbeiten Unternehmen an Lösungen, die unerwünschte Straßengeräusche neutralisieren, bevor diese für die Fahrzeuginsassen wahrnehmbar werden. Zudem wird zukünftig auch der sogenannte Vorbeifahrt-Lärm verstärkt gesetzlichen Regulierungen unterliegen.

Markentypisches Klangbild erzeugen

Neben dem Wunsch nach Wohlklang und dem Ausschluss von Störgeräuschen sind die Hersteller auch immer stärker bestrebt, ein markentypisches Klangbild zu erzeugen und damit die Marken-DNS eines Autoherstellers herauszustellen. Der Kunde wünscht sich einen Sound und eine Atmosphäre, die ihm verdeutlicht, welche Marke er fährt. Und gerade das Auto ist ein Produkt, das mehr und mehr nach emotionalen Gesichtspunkten gekauft wird. "Marktforschungen zeigen, dass Technik, die selbstverständlich geworden ist und die man sowieso nicht versteht, als Kaufargument in den Hintergrund tritt und durch emotionale 'Gründe' ersetzt wird. Welches Fahrzeug der Kunde letzten Endes kauft, wird immer mehr Geschmacksache", steht in der Einleitung (Seite 2) zum Buch Handbuch Fahrzeugakustik. Und hier zählen neben guter Optik auch der Geräuschkomfort und das akustische Design.

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