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05.06.2015 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Banken zögern bei Mifid II

verfasst von: Eva-Susanne Krah

3:30 Min. Lesedauer

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Zwei Drittel der deutschen Kreditinstitute schieben die Umsetzung der verschärften Finanzmarktregeln vor sich her. Das zeigt ein Index.

Spätestens bis Anfang 2017 müssen sich die Banken fit gemacht haben für Mifid II (Markets in Financial Instruments Directive). Doch die Institute zögern bei den Transparenzregeln, wie die zweite Studie zum „MiFID II Readiness Index“ der Unternehmensberatung PPI zeigt. Der Index spiegelt den aktuellen Stand der Umsetzung bei den Geldhäusern auf Basis einer Befragung von Mifid-Verantwortlichen aus 50 Kreditinstituten vom September 2014 und Anfang 2015 wider.

Zwei von drei Banken stehen demnach nicht einmal in den Startlöchern. Der Umsetzungsgrad bei den Instituten liegt bisher nur bei sieben statt bei den anvisierten 30 Prozent. Damit hat sich der Stand seit September 2014 nur um einen Prozentpunkt verbessert. Die Verzögerung führt PPI beispielsweise auf kurzfristig bekanntgegebene Änderungen der Richtlinie durch die Aufsicht zurück, die Kapazitäten binden. Ein weiterer Grund ist das Honorarberatungsgesetz, das der deutsche Gesetzgeber den Mifid-II-Regeln eigeninitiativ vorgeschaltet hat. Banken seien so gezwungen, die Auswirkungen auf ihre Geschäftsmodelle mit den ergänzten Vorschriften erneut zu prüfen.

Viele Institute rechnen mit hohen Kosten

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Zwei von drei Geldhäusern befürchten laut Studie außerdem hohe oder sehr hohe Folgekosten in der Bankberatung aufgrund der neuen Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten. Und 54 Prozent rechnen bei der Einführung neuer Finanzinstrumente und Produkte mit Mehrkosten durch die künftig geltenden Auflagen. „Der Marktdruck nimmt überproportional zu, da sich die Mifid-II-Regeln auch auf gerade erst entwickelte Vertriebsstrategien der Banken auswirken“, erklärt Christian Appel, Experte für Banken-Compliance bei PPI. Er prognostiziert, dass sich das Produktportfolio deutscher Banken stark vereinfachen wird. Denn die Finanzmarktrichtlinie stelle die Institute wie bislang noch keine andere Regulierung vor die Frage, welches Geschäft sie noch weiter betreiben wollen und welches nicht.


„Die Branche befindet sich derzeit in einer Phase ständiger Unsicherheit“, sagt Appel. Zwar habe die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) eine technische Umsetzungsempfehlung zu Mifid II vorgelegt. Doch die Institute könnten sich darauf nur bedingt verlassen, da die Europäische Kommission diese bis Ende 2015 anpassen lassen kann. Zudem kommen die endgültigen Level-II-Verordnungen und Leitlinien frühestens im ersten Quartal 2016. Erst im Februar dieses Jahres hatte die ESMA ein ergänzendes Papier zur Richtlinie vorgelegt. Es enthält

  • Bestimmungen zur Bewertung der Liquidität von Nichteigenkapitalfinanzinstrumenten,
  • Ausführungen zur Berechnung von Schwellenwerten der Vor- und Nachhandelstransparenz sowie
  • zusätzliche Erläuterungen zum Draft Regulatory Technical Standard.

Banken loten neue Geschäftschancen aus

Gleichwohl sind einige Geldhäuser auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, um ihre Wettbewerbsposition im Rahmen der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie zu stärken. Fast jedes fünfte Institut ist laut dem Index davon überzeugt, dass sich solche Chancen bieten. Besonders optimistisch sind die Privat- und Geschäftsbanken. Mit 35 Prozent liegt diese Institutsgruppe mit ihrer Einschätzung deutlich vor den Genossenschaftsbanken (14 Prozent) und Sparkassen (11 Prozent). Große Banken wollen ihren zeitlichen Vorsprung bei der Umsetzung nutzen. Sie bieten laut Appel anderen Häusern ihr Know-how und ihre Infrastruktur zur Erfüllung der regulatorischen Anforderungen an, um die Kosten aus der eigenen Umsetzung zumindest zum Teil zu refinanzieren. Kleinere und mittlere Geldhäuser arbeiten verstärkt an Services für private und institutionelle Kunden.

Das Dilemma der zunehmenden Regulierung für Banken und Sparkassen haben die Bankmagazin-Autoren Anja Kühner und Stefan Terliesner in dem Titelbeitrag "Aufstand der Banker" (Ausgabe 04/2014, Seite 12-19) analysiert. Vorstände und Risikomanager in den Geldinstituten sowie Verbände und Berater machten dort ihrem Unmut über die Flut neuer Anforderungen Luft. Insbesondere viele kleine Sparkassen und Genossenschaftsbanken fühlten sich angesichts der gewaltigen Regulierungswelle ungerecht behandelt und überfordert, so die Autoren.

Zudem drücken Institute die Kosten, die aus der Umsetzung der Vorgaben entstehen. Jeder vierte Euro, der von 2010 bis 2012 für bankinterne Projekte aufgewendet wurde, stand laut einer gemeinsamen Befragung von Bankenverband, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bei 20 Kreditinstituten in direktem Zusammenhang mit den Regularien.

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