2010 | OriginalPaper | Chapter
"Wir haben mehr zu bieten". Die Plakatkampagnen zu Europa- und Bundestagswahl
Authors : Eva-Maria Lessinger, Christina Holtz-Bacha
Published in: Die Massenmedien im Wahlkampf
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Die Wahlplakate von heute, so Manfred Hagen (1984, S. 49), seien "nur blasse Nachkommen einer fast ein Jahrhundert lang blühenden, äußerst mannigfaltigen und oft aussagestarken Propagandaform". Ganz Unrecht hat er mit dieser Einschätzung sicher nicht. Nicht zufällig werden Zeitungsanzeigen oder Fernsehspots von politischen Parteien eher selten gesammelt, während Wahlplakate nicht nur aus dokumentarischen, sondern auch aus ästhetischen Gründen restauriert, in Archiven aufbewahrt, in Geschichtsbüchern abgedruckt und in Museen ausgestellt werden. Was man Wahlwerbeanzeigen und -spots wohl kaum zugestehen würde, erscheint im Hinblick auf Wahlplakate fast selbstverständlich: Sie sind nicht einfach nur eine persuasive Kommunikationsform, die Politiker oder Ideen ‘verkaufen’ will, sondern mehr als jedes andere politische Werbemittel zugleich (Gebrauchs-) Kunst. Dabei ist die besondere Auffälligkeit dieses Mediums zum Teil aus der Not geboren. Um sich im alltäglichen Kampf um Aufmerksamkeit durchzusetzen, muss das Plakat als ein durchschnittlich nur wenige Sekunden beachtetes Medium des ‘Schnelldialogs’ effizienter als jedes andere Wahlwerbemittel mit auffälligen Blickfängen und einer unmittelbar verständlichen Aussage operieren, was nur durch eine graphische Schlüsselidee, Vereinfachungen, Wiederholungen oder aber durch radikale Übertreibungen und bis an Zynismus grenzenden Humor zu erreichen ist (vgl. Prakke, 1963, S. 31). Ältere Analysen politischer Plakate konzentrieren sich deshalb viel stärker auf künstlerisch-ästhetische und historische als auf funktionale Aspekte des Mediums Plakat (vgl. z. B. Arnold, 1979; Bohrmann, 1984; Hagen, 1978, 1984; Hundhausen, 1975; Kämpfer, 1985; Langguth, 1995; Malhorta 1984, 1988; Ronneberger, 1975; Staeck & Karst, 1973; Wasmund, 1986).