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05.09.2016 | Energiewende | Kommentar | Online-Artikel

Die Energiewende steht vor einem Paradigmenwechsel

verfasst von: Univ.-Prof. Dr. Günther Brauner

3 Min. Lesedauer

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Eine regenerative Energieversorgung für Alle ist möglich, ist sich Springer Vieweg-Autor Günther Brauner sicher. Er analysiert langfristige Strategien und fordert eine ganzheitliche Betrachtung.

Die Energiewende stellt keine kurzfristige Revolution sondern einen längerfristigen Evolutionsprozess dar. Die Pionierzeit mit der Entwicklung der regenerativen Energiequellen wie Windenergie und Photovoltaik und deren prinzipielle Integration in die bestehenden Systeme neigt sich zu ihrem Ende. In der Vergangenheit stellten diese Quellen eine Minoritätserzeugung dar und sie konnten daher in die bestehenden Netze leicht integriert werden, indem ihnen die Reservekapazitäten der Netze kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden.

Empfehlung der Redaktion

2016 | Buch

Energiesysteme: regenerativ und dezentral

Strategien für die Energiewende

Dieses Buch analysiert die langfristigen Strategien der Energiewende im Zusammenhang mit den systemtechnischen Ansätzen und den Möglichkeiten einer fairen, bezahlbaren und vor allem sicheren Energieversorgung. 


Mittlerweile ist diese Vorgehensweise an ihre Begrenzungen gestoßen. Die regenerativen Quellen haben hohe Installationsleistungen bei niedriger gewonnener Jahresenergie. Die vorhandenen Netzkapazitäten sind im Übertragungsnetz durch die Windenergie weitgehend aufgebraucht und es ist zeitweise teures Engpassmanagement mit vorübergehender Abschaltung von Winderzeugungsanlagen in den küstennahen Regionen mit hohem Windpotenzial und dem Anfahren von thermischen Kraftwerken in den südlichen Regionen mit geringerem Potenzial vorhanden. Der Ausbau von Nord-Süd-Leitungsverbindungen in Deutschland sollte dieses Problem lösen, scheitert aber derzeit an der mangelnden Akzeptanz der hiervon betroffenen Bevölkerung. In dem Buch "Energiesysteme: regenarativ und dezentral" werden Lösungsansätze und Strategien zur Minderung dieser Problematik aufgezeigt. Ergänzend zu dem Ausbau des Übertragungsnetzes sind folgende systembezogene Lösungsansätze erforderlich:

Regenerative Quellen müssen sich an den möglichen Netzausbau anpassen

Die Quellen müssen sich von einer Leistungs- zur Energieorientierung entwickeln. Schwachwindanlagen können auch im Binnenland verbrauchsnah aufgestellt werden und mindern die Netzanschlussleistung, die Transportentfernung und den Bedarf an Speicherung und bei den Netzdienstleistungen. Gebäudeintegrierte Photovoltaik mit Batteriespeichern führt zu dezentralen vorbilanzierten Versorgungsstrukturen mit geringer Netzbelastung im Verteilungsnetz. Die Photovoltaik der Zukunft wirkt dann aus der Sicht der Netze als dezentrale Lastminderung.

Der adäquate Ausbau der Übertragungs- und Verteilungsnetze stellt derzeit die größte Barriere für die erfolgreiche Entwicklung der nachhaltigen Energieversorgung dar. Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und vereinfachte Verfahren beim Umbau bestehender Leitungssystem auf höhere Übertragungsleistungen sind notwendig.

Energielieferanten werden zu Energiedienstleistern

Regenerative Quellen haben überwiegend fixe und kaum variable Kosten. Durch das gleichzeitige Aufkommen von Wind- und Solarenergie sind große Marktpreisschwankungen möglich. Energiedienstleistungen mit Speicherung und Ausgleichsenergie werden zukünftig gegenüber der reinen Erzeugung an Bedeutung gewinnen. Neben dem Großhandel wird sich ein dezentraler automatisierter Kleinhandel zwischen Prosumern unter möglicher Beteiligung der Energiedienstleister entwickeln.

Potenziale, Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit sind langfristige Ziele

Die regional technisch, wirtschaftlich und umweltverträglich ausbaubaren Potenziale der regenerativen Energie stellen die Entwicklungsmöglichkeiten bei der Energiewende dar. Im Vergleich zum heutigen Primärenergiebedarf sind diese Potenziale beschränkt. Energieeffizienz und Suffizienz in der Endanwendung von Energie müssen daher zukünftig den Bedarf an die regenerativen Erzeugungsmöglichkeiten anpassen. Der Bedarf ist dabei auf etwa 30 bis 50 Prozent abzusenken. Dadurch wird aber die teurere regenerative Energie wieder leistbar. Technologisch ist dies durch Elektromobilität, energieaktive Städte sowie effiziente und nachhaltig versorgte Industrieprozesse möglich.

Volkswirtschaftliche Gesamtkosten aus den Komponenten Erzeugung, Infrastruktur und Energiedienstleistung stellen die zukünftigen Optimierungsziele dar. Die Förderungen müssen sich von der Komponenten- zur Systemförderung entwickeln und alle Beteiligten fair behandeln. Ein sozialverträgliches dezentrales Erzeugungs- und Effizienzcontracting kann eine leistbare regenerative Energieversorgung für Alle ermöglichen. Um eine langfristige Entwicklung zu ermöglichen, sollte eine zeitlich gleichmäßige Förder- und Investitionspolitik ein kontinuierliches Innovations- und Investitionsklima schaffen, damit sich die zukünftig notwendigen Symbiontenketten nach wirtschaftlich längerfristig gültigen Kriterien evolutionär entwickeln können.

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