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17.03.2014 | Wasserwirtschaft | Interview | Online-Artikel

Ist Niederschlagswassermanagement ein Allheilkonzept?

verfasst von: Günter Knackfuß

3 Min. Lesedauer

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Regenwasser wird in Siedlungsgebieten strikt über Kanalnetze abgeleitet. Die Kombination von Versickerung, Rückhaltung und gedrosselter Ableitung bietet Vorteile. Im Interview Dr. Harald Sommer zu neuen Konzepten und Technologien.

Die bisherige Vorgehensweise bei der Regenwasserbewirtschaftung in Siedlungsgebieten, die strikte Ableitung des Regenwassers über Kanalnetze, hat zu unübersehbaren Problemen geführt. Die Kombination von Versickerung, Rückhaltung und gedrosselter Ableitung bietet hier sowohl wasserwirtschaftliche als auch finanzielle Vorteile. Dies erfordert ein Umdenken, neue Konzepte und neue Technologien.

Springer für Professionals: Welche aktuellen Herausforderungen bestehen beim Regenwasser?

Harald Sommer: Regenwasser ist, abhängig von den jeweiligen Nutzungen der Flächen, mäßig bis stark verschmutzt. Die Einträge in die Gewässer machen insbesondere bei Schwermetallen und Mineralölkohlenwasserstoffen den Hauptteil der Einträge gegenüber Kläranlagenabläufen und anderen Einleitungen aus. Daher ist das besondere Augenmerk auf die Behandlung der Abflüsse dieser Flächen zu legen.

Wie beurteilen sie die gegenwärtigen Behandlungsverfahren?

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Die in der Vergangenheit verwendeten Verfahren waren fast ausschließlich End-of-Pipe-Lösungen. Gegenwärtig werden diese weiter entwickelt. Sie haben aber den Nachteil, dass sie große Mengen nicht behandlungsbedürftiges Wasser mitbehandeln, was zu größeren Anlagen führt. Oder auch dazu, dass Anlagen aus Gründen von Platz- oder Höhenproblemen nicht, oder nur mit hohem baulichen und finanziellen Aufwand gebaut werden können.

Welche Lösungen werden von ihrer Gesellschaft favorisiert?

Wir favorisieren die gezielte Behandlung von Teilstoffströmen, d.h. die jeweiligen Regenwasserteilströme getrennt nach ihrer Belastung und Behandlungsbedürftigkeit. Dieses kann durch dezentrale oder semizentrale Behandlungsanlagen realisiert werden. Hierbei werden die behandlungsbedürftigen Flächen, die unterschiedliche Schadstoffe emittieren, gezielt auf den jeweiligen Schadstoff behandelt. Dies z.B. für Kupfer von Kupferdächern oder Schwermetallen von Straßen.

Sie sind aber auch für die Methode "End-of-Pipe-Behandlung"?

In bestimmten Fällen kommt man u.U. nicht an einer zentralen Behandlung vorbei. Es ist aber vorab für ein Einzugsbiet zu prüfen, inwieweit im Rahmen der Planung dezentrale Maßnahmen eingesetzt werden können und diese die zentrale Maßnahme ersetzen können. Es ist dabei auch zu prüfen, ob Teilgebiete, die dezentral behandelt werden können, vom Gesamtgebiet abgekoppelt werden können.

Mit den "Innolet-System" haben sie eine Innovation auf den Markt gebracht. Wie funktioniert dieser Nachrüstsatz?

Bei dem Innolet-System handelt es sich um einen Nachrüstsatz für bestehende Straßenabläufe. Es ist dafür konzipiert, bestehende Straßenabläufe für die gezielte Behandlung von Straßenablaufwasser zu ertüchtigen. Das System ist für Trocken- und auch für Naßgullies gleichermaßen geeignet. Es besteht aus einem zweistufigen Verfahren: 1. Abfiltration von Grobstoffen und 2. Filtration von Feinstoffen gleichzeitig mit adsorptivem Material. Es wird, nach Prüfung des Zustandes und der Geometrie, in den vorhandenen Straßenablauf eingesetzt. Das System ist sowohl in der Praxis erprobt als auch die Reinigungswirkung auf dem Prüfstand nachgewiesen (www.sieker.de).

Welche nachhaltigen Konzepte gibt es für einen Rückhalt des Wassers an der Oberfläche?

Folgende Konzepte verfolgen wir in den letzten Jahren:

  • Flächige oder kompakte Versickerungsanlagen,
  • Gezielter Rückhalt auf Dachflächen und Dachgärten,
  • Doppelnutzung von Flächen, d.h. temporärer Einstau von Flächen.

Prinzipiell geht es um die verteilte Nutzung von Speichern jeglicher Art zum Rückhalt und zur Verbesserung des lokalen Wasserhaushaltes. Darunter ist sowohl die Verdunstung, die Versickerung als auch die gedrosselte, d.h. dem Gewässer und dem natürlichen Abfluss angepasste, Ableitung zu verstehen. Im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte ist von der Ingenieurgesellschaft eine Datenbank entwickelt worden, die Informationen über die verschiedenen Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung enthält.

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