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07.10.2013 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Künstliches Blatt: Solarzelle soll Wasserstoff direkt aus Wasser gewinnen

verfasst von: Katrin Pudenz

3:30 Min. Lesedauer

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Bislang wird Wasserstoff meist aus fossilen Quellen wie Erdgas gewonnen. Nach einer Vision von Berliner Forschern könnte sich dies jedoch ändern. Denn Wissenschaftler Lutz Geelhaar vom Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI) und Kollegen wollen eine besondere Art von Solarzelle entwickeln, die Wasserstoff direkt aus Wasser gewinnen kann.

Gemeinsam mit seinem japanischen Kollegen Jumpei Kamimura und anderen Wissenschaftlern verfolgt Geelhaar das Ziel, die Grundlagen für ein künstliches Blatt zu schaffen. So wie am Baum mit der Energie aus dem Sonnenlicht in Blättern Biomasse erzeugt wird, soll das künstliche Blatt Wasser direkt in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Die Solarzelle befindet sich dazu in einem Wasserbad, in das Sonnenlicht scheinen kann. Idealerweise sollten die Gase nicht gemischt entstehen - das wäre hochexplosives Knallgas - sondern getrennt. "Wirklich interessiert sind wir am Wasserstoff", betont PDI-Forscher Geelhaar.

"Noch ist solch ein Photoelektrolyseur eine Vision, zu der wir mit unseren grundlegenden Arbeiten beitragen möchten", betont Geelhaar. Sonnenfarmen zur direkten Erzeugung von Wasserstoff hätten den Vorteil, dass er im Prinzip wie Erdgas gehandhabt werden kann. Wasserstoff lässt sich in Tanks speichern oder über Pipelines verteilen. Das Gas könnte zum entscheidenden Speicher für die künftige Energiewirtschaft werden. Der Halbleiterphysiker warnt allerdings vor übereilten Erwartungen: "Das ist Grundlagenforschung, das kann man in drei Jahren noch nicht kaufen."

Die direkte Abspaltung von Wasserstoff unter Lichteinfall ist bereits 1970 von japanischen Forschern erstmals beobachtet worden, berichtet der Forschungsverbund Berlin (FVB) zu dem das PDI gehört. Der nach ihnen benannte Honda-Fujishima-Effekt beschäftigt seitdem die Wissenschaftler. Die Entdeckung gelang mit Titandioxid, ein Material, das beispielsweise vielen Zahnpasten die weiße Farbe verleiht. Jedoch absorbiert Titandioxid kaum Licht, die Wasserstoffausbeute ist gering. "Wir haben deshalb nach dunklen Halbleitermaterialien gesucht, die durch Umwandlung von Sonnenlicht genau die Energiemenge im Kontakt mit Wasser übertragen können, durch die Wassermoleküle aufgespalten werden", erläutert Kamimura. Und diese Zelle sollte natürlich über Jahre stabil funktionieren.

Halbleiter Indium-Gallium-Nitrid

Das nun von Geelhaar und Kamimura entwickelte Material basiert auf Indium-Gallium-Nitrid. Gemeinsamen Messungen mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) zeigten, dass das neue Material als Elektrode für die Wasserstofferzeugung aus Sonnenlicht besonders vielversprechend ist, berichtet der FVB. Es arbeite effizient und stabil. Indium-Gallium-Nitrid ist ein Halbleiter, der auch in Laserdioden eingesetzt wird, die den Spektralbereich von grün bis zum nahen ultraviolett abdecken. Durch unterschiedlich große Anteile von Galliumnitrid und Indiumnitrid könne Licht mit verschiedenen Wellenlängen abgegeben (Wandlung von elektrischer Energie in Licht) oder - in der Solarzelle (Lichtenergie in elektrische Energie) - aufgenommen werden. So lasse sich etwa in Solarzellen ein größerer Spektralbereich des Sonnenlichts einfangen.

Jedoch wird für die Züchtung der Kristallschicht für das neue Material eine Unterlage benötigt, die dem Kristallgitter ähnlich ist, beschreibt Geelhaar das Problem, auf das die Wissenschaftler gestoßen sind. "Für das Indium-Gallium-Nitrid gibt es leider keine Unterlage, die diese Bedingung erfüllt." Jedoch habe Kamimura schließlich das Kristallgitter doch noch überlisten können. Denn wenn schon keine Schicht möglich ist, dann doch feinste Nanodrähte: Die lässt Kamimura auf Siliziumunterlagen wachsen, berichtet der FVB. Das ermöglicht es, viel Licht einzufangen. Nanofasern aus Indium-Gallium-Nitrid, die mit einigen Fremdatomen Magnesium versehen sind (p-dotiert), zeigen einen relativ hohen Photostrom, gleichzeitig entwickelt sich Wasserstoff an der Grenzfläche der Nanodrähte mit Wasser, berichten die Wissenschaftler. Co-Katalysatoren wie Platin verbessern zudem die Reaktion. "Das sind sehr ermutigende Ergebnisse", meint Halbleiterphysiker Geelhaar. "Unsere Nanofasern absorbieren bereits über ein breites Spektrum Licht und wandeln es in Strom um. Die Proben lösen sich zudem nicht auf, sondern liefern über längere Messzeiten konstante Ergebnisse bei der Wasserstoffproduktion."

Aber noch liegt noch ein weiter Weg vor Geelhaar und Kamimura. Zur Erzeugung des Sauerstoffs an einer Gegenelektrode musste bislang mit einer von außen angelegten elektrischen Hilfsspannung gearbeitet werden. Das nächste Ziel ist nun, die Wasserstofferzeugung autark nur aus der Energie des Sonnenlichts zu erreichen.

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