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2006 | Buch

Investition Vertrauen

Prozesse der Vertrauensentwicklung in Organisationen

verfasst von: Prof. Dr. Margit Osterloh, Dr. Antoinette Weibel

Verlag: Gabler

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Vertrauen — eine besondere Investition
Auszug
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, meinte Lenin. Zahlreiche Manager und Managerinnen stimmen dem heute immer noch uneingeschränkt zu, obwohl die moderne Wissensgesellschaft mit der damaligen Kommandowirtschaft wenig gemein hat. Kreativität und Teilen von Wissen lassen sich kaum anordnen und noch schwerer kontrollieren. Viele Unternehmensführer wie Bill Gates haben erkannt, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur ihr wichtigstes Kapital sind, sondern dass dieses Kapital jeden Abend aus dem Unternehmen hinausspaziert. Vertrauen gilt heute zu Recht als das „Schmiermittel“ unserer Gesellschaft und als der wichtigste Wettbewerbsvorteil von Nationen und Unternehmen. Misstrauen hingegen belegt alles wirtschaftliche Handeln mit einer Art Steuer, die in Gesellschaften mit einem hohen Maß an Vertrauen entfällt (Fukuyama, 1995). Länder, in denen die Menschen einander vertrauen, haben ein hheres Wirtschaftswachstum (Putnam, 2001) und eine höhere durchschnittliche Lebenszufriedenheit ihrer Bevölkerung (Layard, 2004).
Kapitel 2. Vertrauen — ein schillernder Begriff
Auszug
Trau, schau, wem. (Volksmund) Vertrauen hat sich in den letzten Jahren zum Modethema der Sozialwissenschaften entwickelt. Es gibt kaum eine Konferenz, auf der Vertrauen unerwähnt bliebe. Wie bei vielen Modeerscheinungen ist jedoch das Thema „Vertrauen“ keineswegs neu. Vielmehr hat es eine lange Tradition. Als deutscher Gründervater gilt Simmel (1908). Das Thema wurde vor gut zehn Jahren wiederentdeckt und präsentiert sich noch ein bisschen in Wildwestmanier: Jeder Forscher möchte seine Spuren hinterlassen und Pionierarbeit leisten. So gibt es Vertrauensdefinitionen wie Sand am Meer, und Übereinstimmung herrscht in wenigen Aspekten. Dieses Begriffsdickicht wird auch dadurch genährt, dass Vertrauen als Thema alle sozialwissenschaftlichen Forschungsbereiche betrifft: Es gibt soziologische, psychologische, ökonomische, anthropologische und philosophische Artikel zum Thema Vertrauen.
Kapitel 3. Vertrauen und Kontrolle — ein prekäres oder ein trautes Verhältnis?
Auszug
Das prekäre Verhältnis von Vertrauen und Kontrolle erleben wir täglich in Unternehmen in Form von Delegationsentscheidungen. Delegation hat viele Vorteile. Die Problemlösungsfähigkeit des Unternehmens wird durch Entlastung der Vorgesetzten vergröß ert. Die Problemlösungsgüte wird verbessert, wenn Entscheidungen durch Mitarbeiter gefällt werden, die über die notwendige Sachkenntnis verfügen. Lernmöglichkeiten werden eröffnet und die intrinsische Motivation der Mitarbeiter wird gestärkt.
Kapitel 4. Vertrauen und Fairness
Auszug
Fragen der Fairness und Gerechtigkeit beschäftigen Philosophen, Sozial- und Politikwissenschaftler von jeher. Seit nunmehr vierzig Jahren betonen auch die Psychologen, dass jeder Mensch ein Bedürfnis nach Fairness hat. Menschen reagieren sensibel auf eine ungerechte Behandlung, unabhängig davon, ob das erzielte Ergebnis zu ihrem Voroder Nachteil ist. Seit einiger Zeit beschäftigt sich auch die Managementforschung mit diesem Thema. Es wurde gezeigt, dass unfaire Behandlung zu erhöhten Fehlzeiten, vermehrtem Diebstahl und Fluktuation beiträgt. Faire Behandlung dagegen erhöht die Arbeitsleistung, die Identifikation mit der Organisation und das Vertrauen in Vorgesetzte und Unternehmen. Ausschlaggebend ist dabei, was Menschen in einem Unternehmen empirisch als gerecht empfinden. Das kann, muss aber nicht mit dem übereinstimmen, was Philosophen normativ als gerecht bezeichnen und was Gegenstand der Unternehmensethik ist (vgl. Steinmann & Löhr, 1991; Rothlin, 2005).
Kapitel 5. Vertrauen durch Führung
Auszug
Was verbindet Persönlichkeiten wie Mutter Theresa, Churchill, Kennedy, Lenin und Hitler? Es ist ihre besondere Art mit ihren Untergebenen oder Gefolgschaften umzugehen. Sie inspirieren, ermutigen die Menschen mit vertrauten überzeugungen und Praktiken zu brechen und steigern das Selbstwertgefühl der Geführten, indem sie sich mit den Führern identifizieren. Sie praktizieren einen transformationalen bzw. charismatischen Führungsstil. Der Begriff Charisma wird umgangssprachlich mit persönlicher Ausstrahlung, Anziehungskraft, Attraktivität oder innerem Feuer umschrieben. Charisma hat weder etwas mit der körperlichen Gestalt eines Menschen zu tun, noch ist es von der Intelligenz oder Ausdrucksfähigkeit einer Person abhängig. Der schüchterne James Dean wurde von seinen Zeitgenossen ebenso verehrt, wie der wortgewandte John F. Kennedy. Auch kann selbstloses Verhalten das Charisma eines Menschen nicht erklären. Sowohl Mutter Theresa als auch Adolf Hitler wurden als charismatische Führungspersonen bezeichnet. Charismatische Persönlichkeiten faszinieren die Menschen. Sie teilen die Meinung des Führers, vertrauen ihm und identifizieren sich mit seinen Werten, Normen und Visionen. Dies bildet die Grundlage für eigenschafts- und identifikationsbasiertes Vertrauen — also das, was wir in Kapitel 2 als „echtes Vertrauen“ gekennzeichnet haben.
Tina Graf, Margit Osterloh
Kapitel 6. Corporate Governance und Vertrauen
Auszug
Am 2. Dezember 2001 brach der Energielieferant Enron zusammen. Er war bis dahin siebtgröß tes Unternehmen der Vereinigten Staaten und Wunderkind der New Economy. Innerhalb von zehn Monaten sank der Aktienkurs von 90 US Dollar auf 26 Cent. Der Konkurs führte allein bei den Aktionären zu Verlusten von etwa 60 Milliarden US Dollar. Ersparnisse und Pensionsrücklagen von mehr als der Hälfte aller US-Haushalte waren betroffen (Aß länder, 2005). Weitere Skandale folgten: Worldcom, Tyco, Xerox, Adelphia, Merril Lynch. In Deutschland machten Flowtex, Comroad, Berliner Bankgesellschaft, Infineon und Daimler Chrysler negative Schlagzeilen, in der Schweiz Adecco, ABB und Swissair. Das Vertrauen in die gegenwärtige Corporate Governance von Publikumsaktiengesellschaften ist erschüttert. Gleichzeitig ist die moderne Publikumsaktiengesellschaft jedoch als Finanzierungsinstrument und Rechtsform unverzichtbar.
Kapitel 7. Vertrauen in geographisch verteilten Gruppen — die Hudson’s Bay Company und Open Source Produktion
Auszug
Oft werden persönliche Kontakte zwischen Menschen als enorm wichtig für Vertrauen betrachtet, vor allem wenn es um eigen-schafts- oder identifikationsbasiertes Vertrauen geht. Diese Formen des Vertrauens brauchen — so wird argumentiert — regelmäß ige persönliche Kommunikation. Vielfach wird bezweifelt, dass dies ohne Gespräch von Angesicht zu Angesicht in ausreichender Qualität möglich ist. Es heiß t: Trust needs touch (Handy, 1995).
Bernhard Kuster
Kapitel 8. Die Schurter AG — das Beispiel einer Vertrauensorganisation
Auszug
Vertrauensmanagement lohnt sich. Es zeigt sich, dass langfristig erfolgreiche Unternehmen überdurchschnittlich viel in vertrauensförderliche Human Ressourcen Praktiken investieren. Wir haben in den Kapiteln 3 und 5 die Southwest Airline als ein Beispiel für eine erfolgreiche Vertrauensorganisation anhand der Literatur vorgestellt. In diesem Kapitel zeigen wir anhand einer eigenen Untersuchung, dass auch mittlere Unternehmen erfolgreiches Vertrauensmanagement betreiben können. Das in diesem Kapitel vorgestellte Elektronikunternehmen Schürfer AG behauptet sich erfolgreich in einem hart umkämpften Markt und investiert, entgegen dem zu beobachtenden Trend zur Auslagerung arbeitsintensiver Tätigkeiten, in die Auswahl, Ausbildung und Retention von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des heimischen Werkplatzes Schweiz. Der Schürfer AG ist es gelungen, institutionelles Vertrauen zu schaffen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertrauen darauf, dass ihr Einsatz langfristig allen Unternehmensmitgliedern zu Gute kommt und dass sowohl die Geschäftsleitung als auch die Kollegen diese Einstellung teilen. Die in der Schürfer AG institutionalisierten Spielregeln und Praktiken sind darauf ausgerichtet, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszuwählen, die Identifikation mit dem Unternehmen zu stärken und eine langfristige Balance von Geben und Nehmen zu gewährleisten.
Marcel Korner
Kapitel 9. Schlusswort
Auszug
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Dieser Satz Lenins muss als Ergebnis dieses Buchs umformuliert werden: „Ist die Kontrolle gut, ist das Vertrauen besser.“ Was heiß t das?
Backmatter
Metadaten
Titel
Investition Vertrauen
verfasst von
Prof. Dr. Margit Osterloh
Dr. Antoinette Weibel
Copyright-Jahr
2006
Verlag
Gabler
Electronic ISBN
978-3-8349-9067-9
Print ISBN
978-3-409-12665-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9067-9

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