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03.06.2015 | Wasserwirtschaft | Schwerpunkt | Online-Artikel

Offene Gewässer – Was machen wir mit unseren Sedimenten?

2:30 Min. Lesedauer

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In jedem natürlichen Fließgewässer spielen sich Veränderungen ab. Insbesondere Sedimente führen zu Problemen. Eine interdisziplinäre Diskussion zum Thema "Sedimentdynamik" fordert Professor Holger Schüttrumpf, RWTH Aachen.

Sedimente gehören zu Flüssen und Seen wie Wasser und Fische. Jedes natürliche Fließgewässer ist aufgrund der vielfältigen Strömungsprozesse und aufgrund beweglicher Sohlensedimente vielfältigen morphodynamischen Veränderungen ausgesetzt. Daher kommt es in jedem natürlichen Fließgewässer bei entsprechender Abflussdynamik zu Umlagerungen von Sohlenmaterial, d. h. zu Erosion und Sedimentation.

Unnatürliches Sedimentregime in vielen Gewässern

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Die natürliche Sedimentdynamik wurde durch den Menschen und zum Nutzen des Menschen in den letzten Jahrhunderten durch den Bau zahlreicher Querbauwerke und Uferbefestigungen signifikant begrenzt bzw. eingeschränkt. Eine natürliche Sedimentdynamik war bzw. ist in vielen Gewässern nicht mehr möglich. Aus dieser Situation heraus ergibt sich ein unnatürliches Sedimentregime und damit eine unnatürliche Gewässersohle. Das Gewässer wird weiterhin häufig als statisches und nicht mehr als dynamisches System betrachtet, Veränderungen werden vielfach als unnatürlich klassifiziert und anthropogene Ursachen gesucht. Hierfür möchte ich zwei Beispiele nennen, die mir in der Praxis zuletzt häufiger begegnet sind.

Nutzung der Abflussdynamik bringt Vorteile

Mir fehlt derzeit der kritische Umgang mit der Dynamik des Systems Gewässer. Einerseits beklagen wir eine zunehmende Verlandung von Stauräumen, andererseits leiten wir die Stauraumsedimente auch bei nicht vorhandener Schadstoffbelastung nicht nach Unterstrom weiter, obwohl sie dort nachweislich fehlen. So führt gerade die Sorge um den Verlust wertvoller Kies-Lücken-Systeme dazu, dass Stauraumsedimente unabhängig von ihrer Fraktion nicht im Gewässer transportiert werden dürfen, obwohl die Abflussdynamik einen Transport bis ins Meer zuließe. Die Nutzung dieser Dynamik bietet auch volkswirtschaftliche Kostenvorteile, da sie beidseitig die Entnahme- und Zugabemengen von Feststoffen in Gewässern reduziert sowie den sonst doppelten Flächenverbrauch vermeidet.

Gewässerstruktur lässt sich nicht vollständig planen

Im Rahmen von Renaturierungen wird die Gewässerstruktur "geplant" und Abweichungen zum Planzustand werden als unerwünscht bewertet, obwohl sie lediglich die Antwort des Systems Gewässer auf die Abflussdynamik darstellen. Natürlich muss sich das Gewässer nach einer Renaturierung einen dynamischen Gleichgewichtszustand suchen. Dies ist mit Umlagerungen von Sedimenten im Gewässer verbunden und kann auch bei sorgfältigster Planung und Bauausführung nicht vermieden werden.

Das Thema "Offene Gewässer" beinhaltet insbesondere bzgl. der Sedimentproblematik noch viel interdisziplinären Umsetzungs-, Forschungs- und Diskussionsbedarf. Die Diskussion zum Thema "Sedimentdynamik" wurde trotz zahlreicher Untersuchungen in der Vergangenheit noch gar nicht richtig begonnen.

Der gleichlautende Kommentar wurde in der Fachzeitschrift "WasserWirtschaft", Ausgabe 06/2015 veröffentlicht.

Zum Autor

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Holger Schüttrumpf ist Lehrstuhlinhaber und Leiter des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft der RWTH Aachen.

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