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24.07.2014 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Carsharing als Baustein für den Klimaschutz

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

6 Min. Lesedauer

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Shared Mobility wird künftig deutlich zunehmen - vor allem in Großstädten. Gemeinsam genutzte Fahrzeuge und Mobilitätsangebote versprechen Kostenvorteile und mehr Flexibilität. Doch tragen Carsharing-Systeme auch zum Klimaschutz bei? Dieser Frage will das Forschungsprojekt Share nachgehen.

Nutzen statt besitzen - dieser Verhaltenswandel bei Konsumenten wird den Personenverkehr in Zukunft stark ändern. Bis 2020 soll der weltweite Markt für Shared Mobility, also für gemeinsam genutzte Fahrzeuge und Mobilitätsangebote, jährlich um bis zu 35 Prozent wachsen. Vor allem in Großstädten. Dies ist ein Ergebnis der neuen Marktstudie "Shared Mobility - Wie Unternehmen neue Spielregeln für den Personenverkehr etablieren" von Roland Berger Strategy Consultants.

Deutliches Startzeichen für diese Marktentwicklung sei die zunehmende Anzahl der Marktakteure in diesem Segment, erklären die Roland-Berger-Analysten. Neben innovativen Start-ups würden immer mehr etablierte Unternehmen wie Automobilhersteller, Transport- und Logistikfirmen sowie Fluggesellschaften auf diesen Markt drängen. Dabei sei das Angebot an innovativen Produkten und Dienstleistungen sehr breit: Neben neuen Online-Plattformen wächst die Zahl der Firmen, die IT-Technologien und (Industrie-)Hardware etwa in Form von Fahrzeugen und Fahrrädern liefern.

Treiber der Shared Mobility: Konsumkultur, Ressourcenknappheit, Digitalisierung, Demografie

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Und was treibt die Kunden zur Shared Mobility? Immer mehr Verbraucher wollen ein Produkt oft nicht mehr besitzen, sondern nur noch nutzen und mit anderen teilen. Hier ist eine neue Konsumkultur entstanden. Auch die Ressourcenknappheit in den Ballungszentren führt zunehmend zu alternativen Mobilitätskonzepten. Zudem nehmen immer mehr ältere Menschen individuelle und günstige Bring- und Holdienste in Anspruch. Durch den Ausbau der Kommunikationstechnologien entstehen auch neue Möglichkeiten, Produkte und Prozesse online schneller und einfacher miteinander zu vernetzen. "Die Verknüpfung aller Angebote zu einer Mobilitätskette lässt sich so immer leichter organisieren", erklärt Roland Berger-Stratege Christian Freese.

Wachstumsfelder der Shared Mobility

Nach der Roland Berger-Studie gibt es vier zentrale Wachstumsfelder der Shared Mobility:

  • Ridesharing: Der Markt für organisiertes Mitfahren und Taxidienste auf kurzen und mittleren Strecken soll am stärksten zulegen - um rund 35 Prozent jährlich. Bis 2020 dürfte das weltweite Marktvolumen rund 5,2 Milliarden Euro betragen. Vor allem das Ridesharing mit privaten Fahrern wird im städtischen Bereich deutlich zunehmen, sagen die Analysten.
  • Bikesharing: In vielen europäischen und amerikanischen Städten etabliert sich gerade das Fahrrad als das innerstädtische Verkehrsmittel schlechthin, so die Studie. Der flächendeckende Einsatz von E-Bikes sorge für einen weiteren Wachstumsschub, weil sich dadurch neue Kundenschichten erschließen lassen. So wird der weltweite Markt für den Fahrradverleih bis 2020 um rund 20 Prozent jährlich weiterwachsen - auf bis zu 5,3 Milliarden Euro.
  • Shared Parking: Die Parkplatzsuche in Großstädten ist eine der größten Hürden für Autofahrer. Durch die mobile Kommunikation und die Einbeziehung von privaten Stellplätzen öffne sich daher ein neuer, attraktiver Markt, sagen die Experten. Dieser werde voraussichtlich um 25 Prozent jährlich wachsen und bis 2020 ein Geschäftsvolumen von rund 2 Milliarden Euro erreichen.
  • Carsharing: Dieser Markt wird laut Studie bis 2020 voraussichtlich um 30 Prozent jährlich wachsen - auf 5,6 Milliarden Euro Umsatz weltweit. Dabei sollen zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten im Business-to-Business-Bereich (Flottenmanagement), im Kundengeschäft (Autovermietung) sowie im sogenannten Peer-to-Peer-Bereich (Ausleihe von Privat zu Privat) entstehen.

Wie nachhaltig ist Carsharing?

Neue Mobilitätsangebote geraten also verstärkt ins Blickfeld. Insbesondere der Carsharing-Markt entwickelt sich sehr dynamisch. Allerdings gibt aber auch noch einige Fragezeichen: Erschließen flexible Carsharing-Angebote langfristig neue Nutzergruppen? Wie verhalten sich die Nutzer? Kann die Integration von Elektromobilität in intermodale Mobilitätsangebote die Reichweiten und Kostenproblematik von Elektro-Pkw verringern? Hat die Einbettung von Elektro-Pkw in Carsharing Potenziale für einen klimaverträglicheren Verkehr?

Mit diesen Fragen beschäftigen sich das Öko-Institut und das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), Springer für Professionals berichtete im Online-Artikel "Wie nachhaltig ist Carsharing?" In Kooperation mit dem Daimler Carsharing-Service car2go untersuchen die beiden Institute im Forschungsprojekt Share vor allem flexible, nicht-stationsgebundene Carsharing-Angebote - insbesondere mit Elektrofahrzeugen. Sie analysieren unter anderem das Nutzerverhalten sowie den möglichen langfristige Klimaschutzbeitrag von flexiblem Carsharing.

Erste Zwischenergebnisse des auf mehrere Jahre angelegten Projektes, das vom Bundesumweltministerium gefördert wird, sind kürzlich präsentiert worden. Ob und in welchem Umfang flexible Carsharing-Modelle zum Klimaschutz beitragen können und welche Unterschiede zwischen konventionellen und elektrischen Fahrzeugen sichtbar werden, untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch bis 2016.

Lesen Sie mehr zu den ersten Ergebnisse des Forschungsprojekts Share auf Seite 2.

Nutzer schätzen Elektroautos als umweltfreundlicher ein

"Wir schauen sowohl auf Änderungen im Verkehrsverhalten - also ob beispielsweise das eigene Auto oder der öffentliche Verkehr häufiger oder weniger benutzt werden - als auch auf die Nutzergruppen von flexiblem Carsharing", erklärt Friederike Hülsmann, Expertin für nachhaltige Mobilität am Öko-Institut. "Nicht zuletzt berechnet das Projekt Share die Treibhausgasbilanz für car2go in Stuttgart mit einer batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugflotte sowie in Köln, wo Autos mit sparsamen Verbrennungsmotoren fahren, um den Beitrag von stationsunabhängigem Carsharing zum Klimaschutz abzuschätzen."

Erste Auswertungen der groß angelegten Nutzerbefragung in Stuttgart und Köln würden zeigen, dass vor allem jüngere, gut ausgebildete Menschen in Städten flexible Carsharing-Angebote intensiv nutzen. Fast alle besitzen ein Smartphone und kombinieren unterschiedliche Verkehrsmittel je nach Situation. Nutzer des nicht-stationsgebundenen Carsharing erleben Elektrofahrzeuge als genauso flexibel und praktisch wie konventionelle Fahrzeuge. Zusätzlich schätzen sie die Elektroautos als umweltfreundlicher und damit auch attraktiver als benzinbetriebene Pkw ein, wie die Forschungsinstitute erläutern.

Allerdings ist die Frage, inwieweit die Elektroautos wirklich umweltfreundlicher sind und dem grünen Image gerecht werden. Denn betrachtet man die gesamte Energiekette vom Kraftwerk bis zum Rad, können die CO2-Emissionen je nach Stromquelle sehr unterschiedlich sein. Beim aktuellen Strommix in Deutschland fahren die Elektroautos allenfalls lokal emissionsfrei - vor allem, wenn man den gestiegenen Braunkohle an der Bruttostromerzeugung in den letzten Jahren bedenkt.

Flexibles Carsharing stößt bei den Nutzern auf hohe Akzeptanz

"Am flexiblen Carsharing schätzen die Nutzer vor allem, dass es so vielseitig und frei nutzbar ist", sagt ISOE-Mobilitätsexperte Konrad Götz. Als positiv bewertet wird auch, dass alle öffentlichen Parkplätze im Straßenraum nutzbar sind und die Fahrzeuge nicht irgendwohin zurückgebracht werden müssen, sondern One-Way genutzt werden können. Weitere Vorteile sind, dass die Nutzer sich nicht um den Unterhalt kümmern müssen und dass monatliche Fixkosten entfallen. "Dieses Konzept von Carsharing zieht daher auch Menschen an, die öffentlichen Verkehrssystemen eigentlich eher ablehnend gegenüberstehen, weil sie diese als unflexibel einstufen", sagt Götz.

Inwiefern sich Entwicklung "Nutzen statt besitzen" insgesamt auf das Verkehrsverhalten, vor allem die Nutzung des Autos auswirkt, könne erst nach der zweiten Projektphase, bei der längerfristige Trends erfasst werden, beurteilt werden, erklären die Forschungsinstitute.

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