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15.03.2013 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Lokalisierungsstrategien für die BRIC-Staaten

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

3:30 Min. Lesedauer

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Die Zukunft der Automobilindustrie liegt nach Expertenmeinung in den BRIC-Märkten: 2011 betrug der Anteil der in Brasilien, Russland, Indien und China verkauften Autos am weltweiten Absatz 34 Prozent; dieser Anteil soll bis 2018 auf 42 Prozent steigen. Was bedeutet das für die Automobilindustrie? Sie darf jedenfalls nicht den Fehler machen, die BRIC-Staaten über einen Kamm zu scheren.

Die BRIC-Märkte bieten den OEM und Zulieferern in den kommenden Jahren einen entscheidenden Hebel für Wachstum. Doch können die Unternehmen dieses Potenzial nur nutzen, wenn sie eine auf alle vier BRIC-Märkte spezifisch zugeschnittene Strategie für die Lokalisierung der Produkte und der Wertschöpfungskette entwickeln. Wo stehen die Unternehmen derzeit bei der Umsetzung von Lokalisierungsstrategien? Das hat die Boston Consulting Group in der Studie "Winning the BRIC Auto Markets - Achieving Deep Localization in Brazil, Russia, India, and China" untersucht. Die Unternehmensberatung hat dazu Lokalisierungsstrategien von 49 weltweit führenden OEM und Zulieferern analysiert und Expertengespräche geführt.

Keine Standardrezepte

Boston Consulting unterteilt OEM und Zulieferer in der Automobilbranche in fünf Lokalisierungstypen, und zwar in Home Players, Exporters, Explorers, Settlers und Global Players:

  • Home Players, die nur ein geringes Volumen ihrer Produkte in die BRIC-Staaten exportieren
  • Exporters, die über eine geringe Präsenz entlang der Wertschöpfungskette in den BRIC-Staaten verfügen, wobei alle Schlüsselfunktionen von der Unternehmenszentrale kontrolliert werden
  • Explorers, die bereits einige Funktionen lokalisiert haben, aber die Unternehmenszentrale immer noch die Strategie in dem jeweiligen BRIC-Land bestimmt
  • Settlers, die alle wesentlichen Funktionen lokalisiert haben. Die lokalen Einheiten agieren relativ eigenverantwortlich und unabhängig von den Firmenzentralen, der Fokus der Aktivitäten liegt aber noch auf dem jeweiligen BRIC-Markt
  • Global Players, die schließlich das höchste Lokalisierungsniveau erreicht haben. Hier agieren die Geschäftseinheiten in den BRIC-Staaten nicht nur unabhängig von der Zentrale, sondern haben ihrerseits globale Verantwortlichkeiten für einzelne Funktionen oder Produkte übernommen.

Generell sind in allen BRIC-Staaten der Vertrieb und die Fertigung am stärksten lokalisiert, während Unternehmen ihre Beschaffungs- und vor allem ihre Entwicklungsaktivitäten erst später nachziehen. Die Studie ergab, dass die weltweit führenden, multinational tätigen OEM und Zulieferer in der Automobilbranche hinsichtlich ihrer Lokalisierungsstrategie in fünf verschiedene Kategorien fallen: BRIC-Champions (Zwölf Prozent der Unternehmen, die umfassend in allen vier BRIC-Ländern lokalisiert sind), Länder-Champions (41 Prozent der untersuchten Unternehmen, die sich in einem oder in zwei Ländern stark lokalisiert haben), Funktionslokalisierer (18 Prozent der befragten Unternehmen, die sich auf die Lokalisierung einzelner Funktionen konzentrieren), Zentralist (Vier Prozent der Unternehmen, die einen geringen bis mittleren Lokalisierungsrad in allen vier BRIC-Ländern aufweisen), Opportunitätensucher (24 Prozent der Unternehmen, vor allem Zulieferer, die keine regional oder funktional spezifisch zugeschnittene Lokalisierungsstrategie verfolgen und nur punktuell nach sich bietenden Opportunitäten suchen).

Die Unternehmensberatung kommt zu dem Schluss, dass jedes Unternehmen für sich das optimale Lokalisierungsprofil definieren sollte. Standardrezepte gäbe es nicht. Vielmehr müssten im Sinne einer Cross-BRIC-Strategie für jede Funktion die Stärken und Potenziale der einzelnen BRIC-Länder zu den Unternehmenszielen gesetzt werden.

Das eine BRIC-Auto gibt es nicht

So verwundert es nicht, dass auch die Verbraucher in den BRIC-Ländern unterschiedliche Präferenzen haben. Alle bisherigen Versuche, ein Referenzmodell zu entwickeln, das den wesentlichen Kundenanforderungen in allen BRIC-Ländern genügt, seien bisher fehlgeschlagen. Denn die Bedürfnisse der Kunden in diesen vier Ländern seien äußerst unterschiedlich. So neigten chinesische Kunden zu luxuriös wirkenden Limousinen, in Brasilien bevorzuge man sportliche Modelle, die Indien verlangten nach kostgünstigen Fahrzeugen und die Russen Limousinen oder SUVs, die möglichst den in westlichen Ländern angebotenen Modellen gleichen sollen.

Diesen unterschiedlichen Kundenbedürfnissen und Mobilitätstypen gerecht zu werden, ist eine Herausforderung für die Bereiche F&E, Beschaffung, Fertigung und Vertrieb eines Automobilunternehmens. Doch die Mühen lohnen sich: Hersteller können kostengünstiger entwickeln, lokale Kundenwünsche besser erschließen und Fertigkeiten erlangen, die im Heimatmarkt vielleicht gar nicht vorhanden sind.

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