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25.10.2013 | Innovationsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie Sie erfolgskritisches Wissen im Unternehmen halten

6:30 Min. Lesedauer

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Wenn Mitarbeiter den Arbeitgeber wechseln oder in den Ruhestand treten, dann geht mit ihnen oft erfolgskritisches Wissen verloren. Ähnlich verhält es sich bei firmeninternen Stellenwechseln. Bernadette Imkamp von Schwäbisch Hall sagt, wie Wissenstransfer-Coaching den Wissensverlust minimiert.

In jedem Unternehmen gibt es erfolgskritisches Wissen, das nicht verloren gehen darf, wenn das Unternehmen auch künftig erfolgreich arbeiten möchte. Dieses Wissen ist oft personengebunden. Also stellt ein Abwandern oder Ausscheiden der Wissensträger ein operatives Risiko dar. Dieses Risiko einer Wissenserosion wird sich in den kommenden Jahren in vielen Unternehmen erhöhen, denn aufgrund der Altersstruktur ihrer Belegschaften scheiden mehr Mitarbeiter aus dem Berufsleben aus. Außerdem rückt mit der vielzitierten Generation Y eine Generation von Leistungsträgern nach, die sich oft nicht so fest und dauerhaft wie ihre älteren Kollegen an einen Arbeitgeber binden. Auch das kann die Wissensbasis gefährden.

Herausforderung Wissenstransfer

Deshalb wird es für Unternehmen zunehmend wichtig sicherzustellen, dass erfolgskritisches Wissen nicht „in Rente“ geht oder sich aus anderen Gründen von der Organisation „verabschiedet“. Probleme treten hiermit in der Praxis vor allem dann auf, wenn es sich bei dem erfolgskritischen Wissen um Erfahrungswissen handelt. Denn dieses Wissen ist oft nur in den Köpfen der Wissensträger verankert und nicht schriftlich dokumentiert. In diesen Fällen ist ein Transfer des erfolgskritischen Wissens von den Mitarbeitern, die dieses aktuell haben, auf diejenigen, die es künftig (auch) besitzen sollen, oft der einzige gangbare Weg, um das Wissen in der Organisation zu bewahren.

Ein solcher Wissenstransfer erfolgt im Betriebsalltag häufig noch nicht oder unstrukturiert – unter anderem aus folgenden Gründen:

  • mangelnde Zeit im Tagesgeschäft,

  • zu spätes Erkennen der Notwendigkeit eines Wissenstransfers,

  • fehlende Systematik beim Erkennen und Abgrenzen erfolgsrelevanter Wissensbereiche und

  • fehlende Systematisierung und Institutionalisierung der Wissensweitergabe.

Oft führen auch persönliche Befindlichkeiten dazu, dass ein Transfer des erfolgskritischen Wissens nur teilweise erfolgt. Deshalb ist es wichtig, den Prozess der Wissensweitergabe zu systematisieren und durch ein neutrales Coaching zu begleiten – auch weil den aktuellen Stelleninhabern oft nicht bewusst ist, über wie viel erfolgsrelevantes Wissen sie verfügen. Und die künftigen Stelleninhaber hingegen wissen meist noch nicht, was das erfolgskritische Wissen bei ihrer künftigen Tätigkeit ist. Also können sie es nicht gezielt erfragen.

Mitarbeiter beim Wissens-Transfer coachen

Im Rahmen ihres Projekts Generationenmanagement suchte Schwäbisch Hall Wege, um den Wissenserhalt im Unternehmen sicherzustellen. Bei diesem Projekt wurden unter anderem auf Basis des künftigen Personalbedarfs die Personalmanagement- und -entwicklungsinstrumente daraufhin überprüft, inwieweit sie „demographiefest" sind – also gewährleisten, dass auch künftig die Mitarbeiter mit der benötigten Qualifikation zur Verfügung stehen. Hieraus resultierte 2010 ein Pilot-Projekt zum Thema Wissenstransfer-Coaching im Unternehmen, und nach bestandenem Praxistest wurde dieses Coaching 2011 offiziell als Personal- und Wissensmanagement-Instrument bei Schwäbisch Hall eingeführt.

Mehrstufiges, systematisches Verfahren

Angestoßen wird ein Wissenstransfer-Coaching-Prozess im Normalfall bei den jährlich stattfindenden Personalmanagement-Gesprächen zwischen den Führungskräften in den Fachbereichen und den Vertretern des Personalbereichs. Dabei besprechen die Beteiligten unter anderem, welche Mitarbeiter (voraussichtlich) ausscheiden – zum Beispiel, weil sie das Rentenalter erreichen oder eine andere Position bei Schwäbisch Hall übernehmen. Sie ermitteln auch, welche dieser Mitarbeiter Träger erfolgskritischen Wissens sind und in welchen Fällen im Vorfeld oder parallel zum Wechsel des Stelleninhabers ein Transfer-Coaching sinnvoll wäre. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den IT-Experten bei Schwäbisch Hall, die im Lauf ihres Arbeitslebens zum Beispiel Spezialwissen zu zentralen Anwendungsprogrammen oder Großrechneranlagen erworben haben. Ist einer dieser Experten Träger von erfolgskritischem Wissen und verlässt er das Haus beispielsweise aus Altersgründen in absehbarer Zeit, wird nach dem Personalmanagement-Gespräch ein Prozess angestoßen, der im Idealfall aus acht Schritten besteht.

Die acht Coaching-Schritte

Schritt 1: Die Führungskraft des (IT-)Experten und der Vertreter des Personalbereichs beleuchten nach dem Personalmanagement-Gespräch die Ausgangssituation: Wann verlässt der (IT-)Experte die Abteilung wohin? Wer wird sein (voraussichtlicher) Nachfolger sein? Arbeitet dieser bereits für Schwäbisch Hall? Warum ist der (IT-)Experte Träger von erfolgskritischem Wissen? Welchen Charakter hat dieses Wissen? Wie könnte der Wissenstransfer erfolgen?

Schritt 2: Nach dieser Erstanalyse beauftragt die Führungskraft einen hierfür geschulten Coach der Schwäbisch Hall Training (SHT), einem Tochterunternehmen der Bausparkasse Schwäbisch Hall, den Wissenstransfer-Prozess zu begleiten. Gemeinsam durchleuchten sie die Kompetenzen und die Aufgaben des (IT-)Experten: Über welche speziellen Fähigkeiten verfügt er zum Beispiel aufgrund seines beruflichen Werdegangs, seiner bisherigen Tätigkeit, seiner (Zusammen-)Arbeit mit anderen Bereichen und Organisationen? Welche dieser Kenntnisse sind erfolgskritisch?

Schritt 3: Die Führungskraft bespricht mit dem (IT-)Experten das geplante Wissenstransfer-Coaching und holt sein Commitment hierzu ein. Mit dem Coach analysieren sie gemeinsam, über welches Spezialwissen der (IT-)Experte im Detail verfügt. Die Leitfragen dabei sind:

  • Auf welchen Quellen basiert Ihr Wissen?

  • Welche Kompetenzen befähigen Sie für Ihre Aufgaben?

  • Welche Aufgaben erfüllen Sie aktuell?

Einen Wissensbaum erstellen

Basierend auf diesem Gespräch erstellen sie einen sogenannten Wissensbaum, dessen Wurzeln die Quellen des Wissens, der Stamm die Kompetenzen und die Krone die aktuellen Aufgaben beinhalten. Diese Systematisierung ist hilfreich für das Strukturieren des weiteren Prozess und versinnbildlicht das Lebenswerk des Wissensgebers.

Schritt 4: Auf Basis dieser Übersicht verständigen sich die Führungskraft und der Coach darüber, welches Wissen dem Nachfolger des (IT-)Experten in welcher Reihenfolge und mit welchen Prioritäten vermittelt wird. Entscheidend ist dafür vor allem die Relevanz der Themen für das Unternehmen oder für eine möglichst rasche Einarbeitung des Nachfolgers.

Schritt 5: Nachdem dieser Rahmen feststeht, beziehen die Führungskraft und der Coach den Nachfolger des (IT-)Experten in das Wissenstransfer-Coaching ein. Der Nachfolger erhält Informationen, wie der Wissenstransfer abläuft, wozu er dient und um welche Inhalte es geht.

Schritt 6: Die Führungskraft, der Coach, der (IT-)Experte als Wissensgeber und sein Nachfolger als Wissensnehmer treffen sich zum Wissenstransfer-Auftakt. Dieses Treffen dient der Erläuterung der Ziele des Wissenstransfer-Coachings sowie der Klärung des organisatorischen Ablaufs. Gemeinsam erstellen die Teilnehmer einen Transferplan, in dem auch steht, wie oft sich der (IT-)Experte und sein Nachfolger (voraussichtlich) treffen, welche Themen jeweils behandelt werden und was beide zur Vorbereitung tun sollten.

Schritt 7: In den Folgemonaten treffen sich der (IT-)Experte und sein Nachfolger regelmäßig – zum Beispiel über einen Zeitraum von drei Monaten alle drei Wochen – um das erfolgskritische Wissen zu „transferieren“. In diesen von dem Coach moderierten Dialogen befassen sich Wissensgeber und Wissensnehmer systematisch mit den im Transferplan definierten Themen. Das Ziel: der Wissensnehmer eignet sich das erfolgskritische Wissen an. Dabei liegt der Fokus neben dem fachlichen Spezialwissen vor allem auf dem Erfahrungswissen, das sich nur bedingt verschriftlichen lässt. Solche Punkte können sein:

  • Stolperdrähte, über die man beim alltäglichen Wahrnehmen der Funktion, schnell stürzt,

  • Faktoren, denen der künftige Stelleninhaber zum Beispiel aufgrund der Historie eines Projekts ein besonderes Augenmerk schenken sollte, um dieses erfolgreich zu managen

  • Faktoren, die es bei der Zusammenarbeit mit anderen Bereichen und Organisationen, zu beachten gilt.

Schritt 8: Nach dem eigentlichen Transferprozess treffen sich die Führungskraft und der Coach erneut mit dem Wissensgeber und dem Wissensnehmer, um den Prozess gemeinsam zu reflektieren und evaluieren. Vereinbart wird auch, inwieweit der Wissensgeber den Wissensnehmer weiterhin unterstützt – zum Beispiel, indem er ihm bei Fragen als Ansprechpartner sowie Tipp- und Ratgeber zur Seite steht. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, die Arbeit des bisherigen Stelleninhabers nochmal ausdrücklich zu würdigen.

Verantwortlich für das Steuern des Gesamtprozesses ist die jeweilige Führungskraft. Der Coach unterstützt als Dienstleister in dem Prozess. Er hilft der Führungskraft sowie dem Wissensgeber und dem Wissensnehmer dabei, den Transfer-Prozess qualitativ hochwertig und systematisch zu gestalten.

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