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22.05.2012 | Journalismus | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wulff, Bild und der Henri-Nannen-Preis

verfasst von: Andrea Amerland

2:30 Min. Lesedauer

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Hat die Bildzeitung den Henri-Nannen-Preis verdient oder war der Eklat rund um Hans Leyendecker und seine Kollegen von der Süddeutschen Zeitung die einzig richtige Reaktion? Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung hat sechs Jahre Bildberichterstattung zu Wulff analysiert und weiß Antwort.

Die Studie "Bild und Wulff – Ziemlich beste Partner. Fallstudie über eine einseitig aufgelöste Geschäftsbeziehung“ kommt zu einem eindeutigen wie pointierten Ergebnis: "Wer "Bild“ im Fall Wulff für guten Journalismus lobt, muss Stalker für ihre Treue, Schwarzfahrer für umweltfreundliches Verkehrsverhalten und Schmuggler für das Überwinden von Grenzen auszeichnen.“ Rund 1528 Wulff-Meldungen aus dem Online-Archiv von "bild.de" hat das Autorenteam aus Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz zwischen 2006 und März 2012 unter die Lupe genommen. Relevant war dabei die Frage, wie und was die Bildzeitung über Wulff berichtet hat. Das Ergebnis: Wulff habe sein Verhältnis zu Bild zu Recht als Geschäftsbeziehung, nicht aber als Beziehung zwischen Journalisten und Politiker eingestuft.

Bild dir deine Meinung - Imagetransfer als PR-Kampagne

Die Autoren Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz bringen die Strategie der Bildzeitung auf den Punkt: große Aufmerksamkeit um jeden Preis erringen und dabei noch eine gute Figur machen. Dabei setzt das einstige Schmuddelblatt auf alle Mittel der Kommunikation, von der Werbung über die Unterhaltung bis hin zur PR - und manchmal auch auf Mittel des Journalismus, heißt es in der Twitter-Timeline der Otto-Brenner-Stiftung. Die Anstrengungen scheinen sich gelohnt zu haben. Der Imagewandel ist offenbar gelungen. Das einstige Hassobjekt der 68er gilt inzwischen bei jüngeren Lesern als cool und wurde zudem mit der Krone des Enthüllungsjournalismus geadelt, weil es die Kreditaffäre um Christian Wulff aufgedeckt haben soll. Allerdings geschah die Aufdeckung nicht investigativ, sondern als Nebenprodukt bestehender Beziehungen, urteilen die Autoren der Studie.

Was heißt journalistische Recherche?

Wie wichtig Recherche-Know-how ist, zeigt nicht nur der Skandal um den Henri-Nannen-Preis. Auf der 11. Jahreskonferenz des "Netzwerk Recherche" in Hamburg hieß es, dass kritische Hintergrundrecherchen vielen Redaktionen heute zu aufwändig seien. Gerade die Veranstaltungen zur Recherche oder anderen praktischen Tipps waren nach den Aussagen vieler Teilnehmer überfüllt. Der Informationsbedarf zum Thema Recherche ist also groß.

Das wirft die Frage auf, was es eigentlich heißt, journalistisch oder gar investigativ zu recherchieren. Manfred Redelfs erklärt es in einem Handbuch zur Didaktik des Journalismus. Der Leiter der Greenpeace-Rechercheabteilung ist Lehrbeauftragter an den Instituten für Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universitäten Hamburg und Dortmund sowie Gründungsmitglied der Journalistenorganisation "Netzwerk Recherche".

Ausgehend von Hans Leyendecker, der moniert, wie wenig Redakteure von Recherche verstehen, zeigt Redelfs an konkreten Fallbeispielen die wichtigsten Methoden der Recherche im Zeitalter von Google. Wie spüre ich relevante PDFs und Dokumente auf? Und wie biete ich Berufspraktikern Kurse in Online-Recherche? Auch wer keine Seminare plant, kann Know-how für seine Arbeit in der Redaktion mitnehmen.

Horst Pöttker zeigt in seinem Beitrag "Recherche - chronisches Defizit des Journalismus" an konkreten Beispielen, wie viel Wahrheit hinter Skandal- und Sensationsberichterstattung steckt.

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