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29.09.2014 | Umwelt | Interview | Online-Artikel

Erste Schritte beim Umweltschutz in der Schifffahrt in Sicht

verfasst von: Günter Knackfuß

4 Min. Lesedauer

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Die Europäische Union will die Grenzwerte für Schwefel in Schiffstreibstoffen senken. Wir sprachen mit Thomas Biebig über die Auswirkungen, Landstromversorgung, Abgasentschwefelungsanlagen und alternative Treibstoffe.

Für Schiffe in der Nord- und Ostsee werden die Grenzwerte für Schwefel in Schiffstreibstoffen bereits ab 2015 gesenkt. Dann soll der zulässige Schwefelgehalt von derzeit 1,5 Prozent bei 0,1 Prozent liegen.

Springer für Professionals: Warum geht die EU-Kommission ausgerechnet gegen die Schwefeldioxidemissionen vor?

Thomas Biebig: Schadstoffemissionen im Allgemeinen und Schwefeldioxidemissionen im Besonderen können mit negativen Auswirkungen u.a. auf die Bewohner von Hafenstädten und entlang der Schifffahrtsrouten verbunden sein. Gerade bei der Verminderung des Schwefelgehalts in Schiffstreibstoffen zeigt sich, für eine schnelle, wettbewerbsneutrale Umsetzung sind einheitliche, international verbindliche Regelungen unverzichtbare Voraussetzung. Eine Minderung der Schadstoffemissionen ist sowohl ein Anliegen der International Maritime Organization IMO und der Europäischen Union als auch der maritimen Wirtschaft.

Die IMO vereinbarte eine stufenweise Reduzierung der Schwefelgehalte im Schiffstreibstoff, in der nächsten Stufe ab Januar 2015 für die sogenannte "SECA" Gebiete max. 0,1 Prozent (u.a. Ost- und Nordsee). Alternativ sind Abgasreinigungsanlagen verwendbar.

In den Häfen der EU ist bereits heute eine Begrenzung auf maximal 0,1 Prozent Schwefelgehalt festgelegt.

Besonders betroffen sind die Hafenstädte. In Rostock belasten auch die Kreuzfahrtschiffe die Umwelt. Welche Alternativen werden zur Zeit geprüft?

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Jüngste Immissionsuntersuchungen der Behörden zur Schifffahrt in Rostock – und hier insbesondere zur Kreuzschifffahrt – bestätigen die bisherigen Erkenntnisse: Es existieren in Rostock keine Grenzwertüberschreitungen bei sämtlichen Schadstoffkategorien (SOx, NOx, PM 10 und sowie die erst ab 2015 geltenden Grenzwerte für PM 2,5). Dies betrifft neben den jeweiligen Jahres- auch die Kurzzeitgrenzwerte.

Natürlich verursacht die Schifffahrt Belastungen für die Umwelt. Zusammen mit den Reedern prüfen Behörden und Infrastrukturbetreiber Möglichkeiten der Schadstoffminimierung (u.a. alternative Kraftstoffe, geringere Hafenliegezeit durch effektivere Abläufe, Landstromversorgung, …). 

Die Hansestadt Hamburg geht bei der Landstromversorgung von Kreuzlinern voran. Wo sehen sie die Grenzen dieses Projekts?

Generell wird ein wirtschaftlicher Betrieb von Landstromanlagen (dies schließt den Bau mit ein) gerade im Kreuzfahrtbereich als schwer erreichbar erachtet. Auch wenn der Hamburger Senat den Einsatz von Landstromversorgungseinrichtungen wünscht und finanziert, ist das eigentliche Emissionsproblem an Bord noch nicht gelöst, sondern wird lediglich mit allen verbundenen Infrastrukturkosten auf die Landseite geschoben. Zudem reduziert Landstrom nur die Belastungen während der Hafenliegezeit, nicht jedoch beim Ein- und Auslaufen, Fest- und Losmachen sowie auf See. Auch hier muss das Emissionsproblem gelöst werden.

 

Eine Nachrüstung von Schiffen mit Abgasentschwefelungsanlagen – ist das überhaupt machbar?

Eine Nachrüstung ist möglich und machbar und wird von einzelnen Reedereien bereits vollzogen. Die Wirtschaftlichkeit hängt vom Einzelfall ab. Die Entscheidung, welcher Weg gewählt wird, ist aber allein Angelegenheit der Reeder. Die Nutzung moderner Umwelttechnologien an Bord von Seeschiffen soll im Rahmen bestehender Programme des Bundes gefördert werden. So zum Beispiel mit dem Programm "Innovativer Schiffbau sichert wettbewerbsfähige Arbeitsplätze" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi).

Ein weiterer Lösungsweg der Zukunft gegen Emissionsprobleme wäre der Einsatz von Flüssiggas. Wie bewerten sie dies?

Erdgas reduziert erheblich die Schadstoffbelastungen aus Schwefel, Stickstoff- und Partikelemissionen, ggf. auch bei Klimagasen. In Abhängigkeit von der  Preisentwicklung im Treibstoffmarkt ist eine rasche Marktdurchdringung zu erwarten. Erdgas stellt eine (aber nicht die einzige) vielversprechende Möglichkeit dar.

Wann kann denn mit der Brennstoffzelle auf Hochseeschiffen gerechnet werden?

Der Einsatz von Brennstoffzellen auf Fährverbindungen wird erprobt, von einer Ausweitung ist auszugehen, wenn diese Art der Energieversorgung gegenüber anderen Brennstoffen wettbewerbsfähig ist. Da die Integration der Brennstoffzellen-Technologie in die Seeschifffahrt ein Novum ist, wird mit einem verstärkten Einsatz von Brennstoffzellen auf Schiffen voraussichtlich aber erst ab 2020 gerechnet.

An der Warnow stehen besonders die Emissionen der Kreuzschifffahrt im Mittelpunkt des Interesses. Geplant ist auch ein Bündnis mit anderen Hafenstädten. Was hat es damit auf sich?

Die maritime Wirtschaft sucht auf internationaler Ebene gemeinsam nach Lösungen zur Schadstoffminimierung, dies schließt Reeder und Häfen mit ein. Traditionell bestehen zwischen den Hafenstädten der Ostsee bzw. deren Hafenverwaltungen gerade auf dem Gebiet der Umweltfragen vielfältige Arbeitsgruppen. Allerdings bleiben die Schiffe Verursacher der Emissionen und nicht die Häfen.

Das Interview führte Günter Knackfuß, freier Autor, für Springer für Professionals.

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