Skip to main content

2011 | Buch

Superwahljahr 2009

Vergleichende Analysen aus Anlass der Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Europäischen Parlamentent

herausgegeben von: Jens Tenscher

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Im Superwahljahr 2009 standen Parteien, Massenmedien und Wähler unter besonderem Kommunikationsstress. Eine Vielzahl von Wahlkampagnen auf kommunaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene wurde seitens der politischen Akteure in enger zeitlicher Abfolge geplant, koordiniert und mit dem Ziel inszeniert, die Wähler zur Stimmabgabe zu mobilisieren. Ihr hauptsächliches Augenmerk legten dabei nicht nur die Parteien auf die Bundestagswahlen im Herbst des Jahres. Die vorgelagerten Wahlen – insbesondere die Europawahlen – schienen dagegen auch für die massenmedialen Beobachter und die meisten Bürger vornehmlich als „Stimmungstest“ zu dienen. Diese seltene zeitliche Nähe von Bundestags- und Europawahlen macht sich der vorliegende Band zunutze, um sich in konsequent vergleichender Perspektive und auf empirischer Grundlage mit den Parteienkampagnen, der Medienberichterstattung und dem Wahlverhalten im Jahr 2009 auseinanderzusetzen. Dabei kommen Ähnlichkeiten und Unterschiedlichkeiten, aber vor allem das Ausmaß der wechselseitigen Beeinflussung von Haupt- und Nebenwahlen zum Vorschein.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

(K)eine wie die andere? Zur vergleichenden Analyse der Europaund Bundestagswahlen 2009

(K)eine wie die andere? Zur vergleichenden Analyse der Europaund Bundestagswahlen 2009
Zusammenfassung
Der Wahlkalender des Jahres 2009 ähnelte in frappierender Weise dem des „Superwahljahres“ 1994 (vgl. Bürklin/Roth 1994: 330): Zum zweiten Mal in der Geschichte Deutschlands fanden innerhalb eines Jahres die Bundespräsidentenwahl (23. Mai 2009), die Wahlen zum Europäischen Parlament (7. Juni 2009) und die Bundestagswahlen statt (27. September 2009). Hinzu kamen sechs Landtagswahlen: In Thüringen, Sachsen und im Saarland wurde vier Wochen vor, in Brandenburg und Schleswig-Holstein zusammen mit der Bundestagswahl über die neue Zusammensetzung der Landesparlamente abgestimmt. Der Wahlmarathon wurde schließlich durch acht Kommunalwahlen ergänzt, von denen sieben am Tag der Europawahl und eine am Tag der Bundestagswahl (Nordrhein-Westfalen) abgehalten wurden. Innerhalb von nur knapp vier Monaten, von Juni bis September 2009, mussten sich also die Abgeordneten und Kandidaten der nationalen und supranationalen Volksvertretung, von rund einem Drittel der deutschen Landtage, sowie in den Kommunen der Hälfte aller Bundesländer ihrer (Wieder-)Wahl stellen. Diese in ihrer zeitlichen Dichtheit äußerst seltene Häufung von Wahlen auf unterschiedlichen politischen Ebenen stellte die Parteien vor besondere Herausforderungen. Immerhin mussten in einzelnen Regionen bis zu vier Wahlkämpfe entweder zeitgleich oder in dichter Abfolge geplant, koordiniert, ausgeführt und möglichst zu einem in sich stimmigen Gesamtbild zusammengefügt werden (vgl. u.a. Steg 2010). Darüber hinaus galt es, die Parteimitglieder an der Basis für die Unterstützung eines langwierigen Etappen-Wahlkampfes zu mobilisieren, der teilweise in die Sommerferien fallen würde und dessen Finale mit der Bundestagswahl gleichzeitig den Höhepunkt darstellte. Die Europawahl war für die meisten Parteien auf dieser Langstrecke nicht mehr als eine „Zwischenstation“ (Niedermayer 2009a: 716), von dem eine Signalwirkung für die politischen Protagonisten selbst, für Journalisten, Bürger und Wähler erwartet wurde (vgl. auch Holtz-Bacha/Leidenberger 2010: 38).
Jens Tenscher

Parteien, Kandidaten und Kampagnen

Frontmatter
Wahlprogramme im Vergleich
Zusammenfassung
Die im Zuge der ersten Europawahlen entwickelte Nebenwahlthese von Reif und Schmitt (vgl. Reif/Schmitt 1980: 13) postuliert für die Nachfrageseite der Politik eine geringere Relevanz der Europawahlen im Vergleich zu Wahlen der nationalen Parlamente. Hieraus würden sich eine Reihe von Konsequenzen für das Wahlverhalten der Bevölkerung und damit für die Wahlergebnisse ergeben: Erstens folge aus dem geringeren Interesse der Bevölkerung an Europawahlen eine niedrige Wahlbeteiligung. Zweitens seien Erfolge kleiner und neuer Parteien zu erwarten, denn da keine Regierungsbildung zu verantworten sei, wären Wähler bei Nebenwahlen experimentierfreudiger und würden eher ihren wahren Parteipräferenzen folgen. Drittens seien Wähler bei diesen Wahlen eher bereit, ihrer Unzufriedenheit mit den Parteien und mit der Politikumsetzung der nationalen Regierungsparteien Ausdruck zu verleihen. Daraus könnten sich zum einen ein höherer Anteil ungültiger Stimmen und zum anderen Wahlverluste insbesondere für Regierungsparteien ergeben (vgl. Reif/Schmitt 1980: 9f.). Diese Argumentation beruht auf dem Grundgedanken, dass die dominante Ebene – also die nationalstaatliche – mit ihren Inhalten und Rationalitäten die Entscheidungsfindung der Wähler bei den Nebenwahlen stark beeinflusst.
Sandra Brunsbach, Stefanie John, Andrea Volkens, Annika Werner
Defizitär – und trotzdem professionell? Die Parteienkampagnen im Vergleich
Zusammenfassung
„Langweilig“, „geräuschlos“, „wenig inspirierend“ und „inhaltsleer“ – so lauteten nur einige der Schlagwörter, die die Wahlkampfbeobachter im Superwahljahr 2009 bemühten. Damit knüpften sie an Begrifflichkeiten an, die schon aus früheren Europawahlkämpfen in Deutschland bekannt waren (vgl. u.a. Tenscher 2006: 130f.). Allerdings bezogen sich die entsprechenden Bewertungen dieses Mal nicht nur auf den Wahlkampf im Vorfeld der europäischen Nebenwahl. In der Tat verursachte dieser wie seine Vorläufer auch im Jahr 2009 keine große Geräuschkulisse (vgl. Niedermayer 2009: 712ff.; Brunsbach et al. 2010: 91). Neu war aber, dass das Etikett „Watte- und Valium-Wahlkampf“ (o.V. 2009; van Rinsum/Grill 2009) im Jahr 2009 ebenso dem Bundestagswahlkampf, mithin der Konfrontation vor einer nationalen Hauptwahl, anheftete. Wie nur wenige Bundestagswahlkämpfe zuvor schleppte sich dieser im Superwahljahr über weite Strecken fast unauffällig dahin. Laute Töne, resonanzträchtige Konflikte, aufwühlende Themen oder bilderträchtige Selbstinszenierungen der politischen Kontrahenten, wie sie noch aus den beiden vorangegangenen Bundestagswahlkämpfen in guter Erinnerung waren, waren 2009 eine Seltenheit. Dergestalt entwickelte sich der Bundestagswahlkampf als ein in vielerlei Hinsicht eher untypisches Kommunikationsereignis – als ein nachrangiger Wahlkampf für eine vorrangige Wahl. Dass sich diese selbst als ein „Solitär“ (Korte 2010: 9) entpuppte, dass sich an der Wahl so wenige Wähler wie niemals zuvor in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands beteiligten und dass die Anzahl der Wechselwähler auf ein Rekordhoch bei national ausgetragenen Wahlen stieg (vgl. Hilmer 2010a: 149), mag nicht zuletzt ebendieser gedämpften Stimmung und Unaufgeregtheit geschuldet sein, in der der Bundestagswahlkampf 2009 stattfand.
Jens Tenscher
Webkampagnen im Vergleich
Zusammenfassung
Mitte der 1990er Jahre gingen die ersten deutschen Parteien ins Netz – allen voran SPD, CDU und FDP. Bereits im Bundestagswahlkampf 1998 waren die Onlineauftritte Teil der Wahlkampagnen, allerdings bestanden die Websites aus einzelnen ziselierten Angeboten. An was es fehlte, war eine sorgsam ausgearbeitete Dramaturgie der Webauftritte (vgl. Bieber 2002: 277). Doch schon mit den ersten Webkampagnen verfolgten die Parteien primär das Ziel, die Aufmerksamkeit jener Wähler auf sich zu ziehen, die sich mehr oder weniger häufig im Internet bewegen und die mit den Jahren zu einer immer größeren Gruppe angewachsen sind. Zunächst nicht viel mehr als „electronic broschures“ (Kamarck 1999: 108), die in der Regel gerade einmal über die Geschichte und Struktur der Parteiorganisation informierten sowie das Parteiprogramm online veröffentlichten, haben sich die Websites der Parteien und Politiker im Jahr 2009 zu multifunktionalen Drehscheiben entwickelt. Den Bürgern werden nicht nur auf den Websites der Parteien vielfältige Informationen rund um die Partei, deren Personal, Aktivitäten und Ziele angeboten, auch offerieren die Parteienwebsites mittlerweile zahlreiche Vernetzungen zu den Onlineauftritten einzelner Politiker (insbes. Spitzenkandidaten), zu spezifischen Kampagnenportalen oder zu parteispezifischen Teilorganisationen. Im Wahljahr 2009 stand dabei insbesondere die Vernetzung zu Social Network Sites der Partei und der eigenen Politiker im Zentrum (vgl. den Beitrag von Bieber und Schwöbel in diesem Band). Hoffnung wird dabei in das Interaktivitätspotential von Social Network Sites wie Facebook, Twitter und YouTube gesetzt, die die Wählermobilisierung und Bürgerpartizipation in ein neues Zeitalter navigieren sollen. Zehn Jahre nach den ersten Gehversuchen im Netz vermitteln die Websites der Parteien das Bild von strategisch geplanten, technisch ausgefeilten Auftritten.
Uta Rußmann
Individuelle Wahlkämpfe bei der Europawahl 2009: Länderübergreifende und ebenenspezifische Befunde
Zusammenfassung
Im Verlauf von Wahlkämpfen spielen nicht nur Parteien und die Massenmedien eine entscheidende Rolle für Erfolg und Misserfolg, sondern auch individuelle Kandidatinnen und deren persönliche Kampagnenaktivitäten. Bislang haben in erster Linie Spitzen- oder Präsidentschaftskandidatinnen im Fokus wissenschaftlicher Analysen gestanden (vgl. Hacker 1995; Campbell 2000; Filzmaier/Plasser 2001; Brettschneider 2002), aber auch Personen, die ‚nur‛ um Stimmen und in der Folge Sitze im Parlament kämpfen, spielen eine wichtige Rolle für den Wahlausgang. Eben jene Individuen – und weniger die Parteien an sich – geben Informationen an potentielle Wähler weiter, diskutieren konkret über inhaltliche Fragen und (re-)etablieren die Verbindung zwischen Wählerschaft und Parteien. Bei Europawahlen, die allgemein als nationale Nebenwahlen charakterisiert werden (vgl. Reif/Schmitt 1980), könnte diese Rolle von besonders großer Relevanz sein. Europawahlkampagnen werden als generell wenig intensiv beschrieben (vgl. Cayrol 1991) und auch die Medienaufmerksamkeit ist eher gering (vgl. Maier/Tenscher 2006; de Vreese et al. 2007). Die Aktivitäten der Kandidatinnen könnten daher zu einer stärkeren Politisierung der EU, vor allem mit Blick auf Europawahlen, beitragen. Leider liegen bislang kaum komparative Studien über individuelle Wahlkämpfe bei Europawahlen vor, so dass wir über diese relevante Komponente des Wahlprozesses wenig aussagen können. Mit dem vorliegenden Beitrag soll etwas Licht ins Dunkel individueller Europawahlkämpfe gebracht werden.
Heiko Giebler, Andreas M. Wüst

Medienangebote und Medieninhalte

Frontmatter
Mit kleinen Schritten aus dem Schatten: Haupt- und Nebenwahlkämpfe in Tageszeitungen am Beispiel der Bundestags- und Europawahlen 1979-2009
Zusammenfassung
Im Jahr 2009 traf es sich, dass in der Bundesrepublik Deutschland die (siebte) Wahl zum Europäischen Parlament und die (siebzehnte) Bundestagswahl im Abstand von nur wenigen Monaten anberaumt waren: die erstere am 7. Juni, die letztere am 27. September. Da die Europawahl seit 1979 alle fünf Jahre, die Bundestagswahl seit 1949 aber (normalerweise) alle vier Jahre stattfindet, war diese Koinzidenz ein seltener Fall, der (nach 1994) erst zum zweiten Mal eintrat. Damit rückten zwei Wahlen in eine zeitliche Nähe, die von ihrer Funktion und Bedeutung sehr unterschiedlich sind. Während bei der Europawahl das gemeinsame Parlament der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) bestimmt wird, das über begrenzte, wenn auch im Laufe der Jahre gewachsene Kompetenzen verfügt, wird in der Bundestagswahl über die Zusammensetzung des Bundestages, des nationalen Parlaments, entschieden und mittelbar darüber, wer im Lande regiert und wie die Machtverteilung aussieht.
Jürgen Wilke, Christian Schäfer, Melanie Leidecker
„Hast’ es nicht gesehen?!“ Haupt- und Nebenwahlkämpfe in deutschen Fernsehnachrichten
Zusammenfassung
Wahl ist nicht gleich Wahl, und Wahlkampf ist nicht gleich Wahlkampf. Insbesondere Wahlen und Wahlkämpfe zur nationalen Wahlen zeigen deutliche unterschiede zu jenen auf regionaler Ebene (vgl. Heath 1999; Freire 2004). Letztere werden als zweitrangig und untergeordnet beschrieben, was sich sowohl auf Wahlkampagnen als auch auf das Wählerverhalten auswirken kann. Auch bezüglich der Europawahl ist eine Zweitrangigkeit im Vergleich mit nationalen Wahlen, wie zum Beispiel der Bundestagswahl, wiederholt festgestellt worden (vgl. Reif/Schmitt 1980; van der Eijk/Franklin 1996). Wie den regionalen Wahlen wird auch der Europawahl eine geringere Bedeutung beigemessen. Diese Zweitrangigkeit der Europawahl kennzeichnet sich zum einen durch eine geringere Wahlbeteiligung und zum anderen durch eine deutliche und starke Fokussierung auf nationale Aspekte. In anderen Worten, die Wähler haben ein geringeres Interesse und wählen vorwiegend aufgrund nationaler Überlegungen, und die nationalen Politiker nutzen die Chance zur Profilierung, während EUPolitiker kaum in Erscheinung treten. Den Medien kann in solcher Situation eine entscheidende Rolle zukommen. Einerseits können sie mobilisierend wirken und somit auf die Wahlbeteiligung Einfluss nehmen und andererseits bieten die Medien ein Forum für die verschiedenen politischen Akteure. Die Tatsache, dass Wähler ihre Wahlentscheidung bei Nebenwahlen zu einem späteren Zeitpunkt treffen als bei Hauptwahlen (vgl. Eisinga 1997), verleiht einer Untersuchung der Kampagne in den Massenmedien zusätzliche Relevanz. Gibt es Unterschiede in der Medienberichterstattung von nationalen, erstrangigen Wahlen und zweitrangigen Wahlen?
Hajo G. Boomgaarden, Claes H. de Vreese, Holli A. Semetko
Wahlkampf auf dem Boulevard: Personality-Talkshows, Personalisierung und Prominenzkapital zwischen Haupt- und Nebenwahl
Zusammenfassung
Die Aufmerksamkeit des Publikums ist in gegenwärtigen Medienkulturen immer schwieriger zu erlangen. Die Zahl der medialen Angebote, sich zu informieren, zu unterhalten und zu bilden, steigt stetig weiter an. Das gilt erstens für die Konstellation zwischen verschiedenen Medien. So werden beispielsweise von Fernsehen, Print und Internet erbitterte Kämpfe um Marktanteile ausgefochten und immer wieder auch auf dem Rechtsweg ausgetragen. Die verschärfte Konkurrenz zeigt sich zweitens aber auch innerhalb eines Mediums, was am deutlichsten im Bereich des Fernsehens nachzuvollziehen ist. Die Pluralisierung der Angebote vollzog sich in Deutschland zunächst radikal mit der Einführung des dualen Rundfunksystems 1984, im Zuge dessen sich das Publikum zunehmend diversifizierte (vgl. schon Winter/Eckert 1990) und politische Kommunikation unter „Vielkanalbedingungen“ (Schulz 1998) sich neu ausrichten musste.
Andreas Dörner, Ludgera Vogt
Politische Online-Kommunikation im Spannungsfeld zwischen Europa- und Bundestagswahl
Zusammenfassung
Das deutsche „Superwahljahr 2009“ bot eine kunstvolle Dramaturgie mit der Abfolge zahlreicher Wahlen auf unterschiedlichen administrativen Ebenen – die Mehrebenendemokratie generierte dabei empirisch jenen „Dauerwahlkampf“, der in politischen Kommunikationsforschung bereits häufig skizziert worden ist. Den Auftakt für den Kampagnenreigen lieferte die Neuauflage der Landtagswahl in Hessen am 18. Januar, danach setzten die Bundespräsidentenwahl im Mai und die Europawahl im Juni 2009 die nächsten Akzente. Als Generalprobe für die Bundestagswahl und Startschuss für die letzte Kampagnenphase galten die Wahlen der Ländervertretungen im Saarland, in Sachsen und Thüringen, die Ende August und damit nur vier Wochen vor der Bundestagswahl stattfanden. Und schließlich bot der 27. September den Höhepunkt im komplexen Wahlkalendarium – neben der nationalen Hauptwahl konkurrierten in Brandenburg und Schleswig-Holstein noch zwei weitere Parlamentswahlen um die Aufmerksamkeit der Bürger.
Christoph Bieber, Christian Schwöbel

Resonanzen und Wirkungen der Kampagnen

Frontmatter
Wahlkämpfe in Krisenzeiten: Ein Vergleich der Medien- und der Bevölkerungsagenda vor den Europa- und Bundestagswahlen 2009
Zusammenfassung
Die Europa- und die Bundestagswahlen im Jahr 2009 fanden nicht unter normalen Umständen statt. Vielmehr unterschieden sich die Ausgangsbedingungen für die beiden Wahlkämpfe stark von denen in anderen Jahren: Zum einen prägte selten zuvor ein einzelnes Thema das kommunikative Umfeld von Europa- und Bundestagswahlen so stark wie 2009 die Wirtschaftskrise. Bei der massiven Präsenz dieses Thema in der öffentlichen Diskussion darf davon ausgegangen werden, dass es auch für die Bevölkerung von herausragender Bedeutung war. Zahlreiche Untersuchungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsthemen weisen nach, dass gerade von der Wirtschaftsberichterstattung ein Agenda-Setting- Effekt auf die Problemwahrnehmung der Bevölkerung ausgeht. Dies gilt insbesondere für negative Meldungen über die Wirtschaftslage. Und dies gilt auch für Rezipienten, die selbst gar nicht von Arbeitslosigkeit betroffen oder bedroht sind (vgl. u.a. Mutz 1992; Brettschneider 2003; Quiring 2004; Hagen 2005; Soroka 2006).
Marko Bachl, Frank Brettschneider
Effekte von Medien-Framing und Medien-Priming bei Haupt- und Nebenwahlen: Theoretische Ansätze, empirische Befunde und konzeptionelle Überlegungen
Zusammenfassung
Ob Politiker, Manager, Gewerkschaftsvertreter, Journalisten oder Wähler – wir alle betrachten die Ereignisse, Sachverhalte, Akteure und Entwicklungen, mit denen wir neu oder erneut konfrontiert werden, aus einer bestimmten Perspektive oder Warte, um sie kognitiv verarbeiten, interpretieren und bewerten zu können. Solche Perspektiven nennt der Framing-Ansatz Interpretations- bzw. Bezugsrahmen – englisch: Frames (vgl. z.B. Reese 2001; Scheufele 2003; Matthes 2007; Scheufele/Scheufele 2010).
Bertram Scheufele
Verschiedene Ebenen, verschiedene Wirkungen? Eine vergleichende Analyse von Wirkungen der Europa- und Bundestagswahlkampagnen 2009
Zusammenfassung
Im Jahr 2009 erlebten die Deutschen zwei nationale Wahlkämpfe, einen zur Europawahl, einen zur Bundestagswahl. Beide scheinen den Geschmack der Bürger nicht allzu gut getroffen zu haben. Für ihre Kampagnen zur Europawahl mussten sich die Parteien zum Teil herbe Kritik gefallen lassen. So wurde die Plakatwerbung als „krampfhaft originell“ (Brössler/Höll 2009) kritisiert, bei der stellenweise nicht einmal einfachste Werberegeln beachtet worden wären (vgl. Wölk 2009). Insgesamt sollten sich die Parteien etwas Neues einfallen lassen (vgl. Spiegel-online 2009). Wenige Wochen später folgte der Bundestagswahlkampf, der allerdings auch nur wenige Bürger ansprach. In Bevölkerungsumfragen gaben viele an, sie fänden den Wahlkampf weder interessant noch spannend (vgl. Süddeutsche.de 2009). Akademische Beobachter teilten diesen Befund und deuteten ihn als eine Konsequenz des politischen Wettbewerbs unter den Bedingungen einer Großen Koalition (vgl. Korte 2009).
Harald Schoen, Rebecca Teusch
Backmatter
Metadaten
Titel
Superwahljahr 2009
herausgegeben von
Jens Tenscher
Copyright-Jahr
2011
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-93220-0
Print ISBN
978-3-531-17139-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-93220-0