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19.03.2024 | Venture Capital | Gastbeitrag | Online-Artikel

Externe Experten geben Portfolio-Unternehmen Power

verfasst von: Marko Maschek

4:30 Min. Lesedauer

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Finanzinvestoren wie Unternehmen sind auch in Deutschland zunehmend offen, externe Management-Fachkräfte an Bord zu nehmen. Das gilt vor allem für Technologieunternehmen, die vor der nächsten Skalierungsschwelle stehen. 

In den USA ist es seit Jahren Gepflogenheit, unabhängige Expertinnen und Experten in Aufsichtsgremien von Venture-Capital- (VC) und Private-Equity- (PE) finanzierten Portfoliounternehmen zu berufen. Manche glauben sogar, dass diese Konstellation ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Ländern darstellt und zum Erfolg von US-Unternehmen beiträgt. In Deutschland war eine solche Praxis in der Vergangenheit weniger gängig. Allerdings findet inzwischen ein Umdenken statt. Sowohl Finanzinvestoren als auch Unternehmen zeigen sich zunehmend offen für diese Art der Partizipation.

Zunächst gibt es die Unternehmensführung betreffend einen großen Unterschied zwischen den USA und Deutschland: Dem amerikanischen monistischen Board of Directors, einem Einzelgremium, der einem Verwaltungsrat entspricht, stehen in deutschen Aktiengesellschaften Management Board und Aufsichtsrat als Kontrollgremien gegenüber. Der Aufsichtsrat kontrolliert das Management, sanktioniert den Jahresabschluss und legt die Incentives für die Operativen fest. Obwohl er auch mittelbar zur Unternehmensstrategie beiträgt, ist dies im Wesentlichen Aufgabe des Vorstands beziehungsweise des Managements. Vermögensverwaltenden Finanzinvestoren ist es zudem untersagt, auf operative Belange direkt einzuwirken.

Gesammeltes Know-how an einem Tisch

Das US-amerikanische Board of Directors dagegen besteht sowohl aus operativem Management wie auch Investoren und externen Expertinnen oder Experten, auch Independent Directors genannt. Es bestimmt die Strategie des Unternehmens, trifft sich häufig - zehn reguläre Sitzungen pro Jahr sind gängig - und versammelt quasi das gesamte Know-how des Unternehmens um einen Tisch - eben das Board.

Experten sind in der Regel ehemalige oder operative C-Level-Manager aus dem Industriesegment des Portfolio-Unternehmens. Für den Abgleich der Interessen sorgt die Incentivierung der Independent Directors durch Optionen oder auch durch eine Finanzbeteiligung. Diese sind oft vermögend und können auch größere Summen investieren. 

Wer das Board besetzt, wird allerdings in der Regel nach potenziellem Beitrag zum Portfoliounternehmen unterschieden, weniger nach Kapitaleinsatz. Aufsichtsratsmandate in kleinen Technologiefirmen werden durchschnittlich mit 15.000 im Jahr für einfache Mitglieder und 25.000 für den Vorsitzenden vergütet. Zusätzlich können noch Optionen an Experten verteilt werden - der Prozentsatz ist vergleichbar mit leitenden Angestellten der zweiten Ebene. 

Gründer suchen praktische Unterstützung

Was diese Fachleute in den Portfolio-Unternehmen von Investoren leisten können, machen zwei Beispiele aus der Praxis deutlich: Ralf Brunner, der mehr als 30 Jahre bei mehreren internationalen IT-Dienstleistern tätig, hat derzeit zwei Beratungsmandate in IT-Unternehmen - einem Start-up in Tübingen und einem Mittelständler in Stuttgart. Darum gebeten wurde er jeweils durch die Gründer. 

"Bei dem Mittelständler war der Gründer in den 60ern und möchte seine Nachfolge regeln", berichtet er. "Er hat erkannt, dass es in seinem Unternehmen Corporate-Governance-Probleme gibt. Darüber hinaus fehlte ihm Fachexpertise, insbesondere in Bezug auf die Etablierung neuer Geschäftsmodelle und die Aufstellung des Unternehmens hinsichtlich Cyber-Security. Ich war der Meinung, dass ich aufgrund meiner Erfahrung zu beiden Problemkreisen beitragen kann."

Experten sind keine Frühstücks-Direktoren

Auch Markus Schwarz, 26 Jahre lang im Management von SAP, bewegt die digitale Transformation seit vielen Jahren. Nach seiner Berufung zum Hochschulprofessor wollte er weiter mit der IT-Industrie verbunden bleiben, "in der ich meine gesamte Karriere verbracht hatte". Natürlich habe es auch Zweifel gegeben, was Experten in der Funktion beitragen können. "Ich war ja zuvor in leitender Position tätig gewesen. Schon aus dieser Warte ist es ein signifikanter Unterschied", erläutert Schwarz. 

Ein Frühstücks-Direktor, der lediglich auf der Webseite oder dem Briefpapier in Erscheinung tritt, wollte Markus Schwarz ausdrücklich nicht sein. Der ehemalige SAP-Manager erkennt gegenwärtig eine klare Professionalisierung kleiner Technologieunternehmen. Während die Jahre von 1980 bis 2000 als "ruhiges Fahrwasser" gelten, sei die Phase ab der Jahrtausendwende geprägt von starken Umwälzungen. Hier zu gehören neben der Künstlichen Intelligenz (KI) auch die Cloud oder das Thema Cyber-Security. Dies erfordere ein Überdenken und meistens auch eine Anpassung der bisherigen Geschäftsmodelle.

Unternehmer müssen offen für Hilfe sein

Viele kleine Tech-Firmen in Deutschland sind getrieben von einem Eigentümer, der die Firma manchmal entgegen allen Widrigkeiten aufgebaut und vielleicht zehn oder 20 Millionen Euro Umsatz generiert. Doch diese - zugegeben stolze - Leistung, verhindert nach Ansicht der beiden Experten allerdings häufig die Einsicht, dass Hilfe von außen nötig ist - etwa für die Skalierung des Geschäftes oder das Verständnis neuer technologischer Trends. 

Damit eine solche Zusammenarbeit funktioniert, braucht es eine aufgeschlossene Haltung über dem Externen. Sie manifestiert sich für beide Seiten in einem Zeitinvestment. Der CEO muss den Zugriff auf die zweite Managementebene zulassen und den Austausch fördern. Dabei geht es nicht um Einmischung ins operative Geschäft. In der Praxis kann zum Beispiel das Sales- & Marketing-Team bei der Ausarbeitung eines Partnerprogramms gecoached werden.

Fazit: Die Welle der Hinzunahme externer Experten in Deutschland scheint losgetreten, untermauert durch den Veränderungsdruck in der Industrie. Viele Gründer haben erkannt, dass es zusätzliche Expertise braucht, um den nächsten Schritt zu machen und angesichts neuer technologischer Herausforderungen wettbewerbsfähig zu bleiben. Ziel muss es sein, am Ende bessere Unternehmen zu bauen.

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