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18.03.2024 | Verkehrssicherheit | Im Fokus | Online-Artikel

Ist die Vision Zero in Gefahr?

verfasst von: Christiane Köllner

3:30 Min. Lesedauer

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Bis 2050 soll in der EU niemand mehr im Straßenverkehr ums Leben kommen. Ein aktueller Bericht des Europäischen Rechnungshofs macht jedoch deutlich: Dieses Ziel wird voraussichtlich nicht erreicht. 

Sollte die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten keine größeren Anstrengungen unternehmen, könnten die mittel- bis langfristigen Ziele bei der Verkehrssicherheit verfehlt werden. Zu diesem Schluss gelangt der Europäische Rechnungshof in einem neuen Bericht. Es ist Ziel der EU, die Zahl der Toten und Schwerverletzten bei Straßenverkehrsunfällen zunächst zu halbieren und dann allmählich auf nahezu null zu senken. Jedoch seien "trotz umfassender Anstrengungen der Europäischen Kommission zur Verringerung der Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten in den letzten Jahren kaum Fortschritte erzielt worden", heißt es. Ob es der EU gelingen werde, diese Zahl bis 2050 auf nahezu null zu drücken, sei daher äußerst fraglich. Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten im Vergleich zu 2019, als 22.800 Menschen ums Leben kamen, anstelle der angepeilten Halbierung voraussichtlich nur um ein Viertel sinken.

Straßenverkehrsunfälle sind laut dem Europäische Rechnungshof eine häufige Ursache für vorzeitige Todesfälle in der EU. Besonders verletzliche Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer seien besonders gefährdet. Sie machten fast 50 % der Verkehrstoten aus, gefolgt von Autoinsassen (45 %). Auf einen Verkehrstoten kämen schätzungsweise fünf Schwerverletzte. 

"Die EU hat im Bereich der Straßenverkehrssicherheit bereits viel erreicht, aber noch immer sterben Tag für Tag Menschen auf unseren Straßen", so Eva Lindström, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Bleibt es beim jetzigen Fortschrittstempo, kann das Ziel einer Halbierung der Zahl der Verkehrstoten bis zum Ende des Jahrzehnts nicht erreicht werden. Wenn die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Ziele erreichen wollen, müssen sie einen Gang zulegen."

In Rumänien gibt es die meisten Verkehrstoten

Im Jahr 2022 (dem letzten Jahr, zu dem vollständige Zahlen vorliegen) seien EU-weit 20.640 Menschen auf den Straßen ums Leben gekommen. Die durchschnittliche Zahl der Verkehrstoten pro eine Million Einwohner habe in der EU bei 46 gelegen. Mit 22 Verkehrstoten je eine Million Einwohner verzeichnete Schweden die niedrigste Zahl, während Rumänien eine Rate von 86 Verkehrstoten aufwies. Um das für 2030 angestrebte Ziel zu erreichen, müsste die Zahl der Verkehrstoten in der EU jährlich um 4,6 % sinken, so die EU-Prüfer. In den letzten fünf Jahren sei sie jedoch durchschnittlich nur um 2,5 % pro Jahr zurückgegangen. 

Nach Einschätzung des Rechnungshofs ließen sich die EU-Ziele für mehr Sicherheit im Straßenverkehr nur erreichen, wenn die Mitgliedstaaten die erforderlichen Konzepte entwickelten und finanzierten. Die Umsetzung konkreter Maßnahmen liege in der Hand der Mitgliedstaaten. Um sie bei der Senkung der Zahl der Verkehrsopfer zu unterstützen, verfolge die Kommission einen mehrstufigen Ansatz: das "EU Safe System". Der Ansatz beruhe auf acht Säulen, darunter sichere Fahrzeuge, Straßeninfrastruktur sowie -nutzung. Die Prüfer des Rechnungshofs bewerten den Ansatz als umfassend, weisen aber auch auf Mängel hin. Beispielsweise würden Leistungen der Mitgliedstaaten von der Kommission noch nicht wirksam überwacht. Darüber hinaus deckten die EU-Maßnahmen nicht alle Risiken ab, wie etwa zu schnelles Fahren, was – neben Trunkenheit am Steuer, Fahren ohne Sicherheitsgurt und Ablenkungen des Fahrers – zu den Hauptursachen für Unfälle zähle.

Zu wenig Fokus auf Infrastruktur

Zwischen 2014 und 2020 habe die EU rund 6,7 Milliarden Euro für Projekte bereitgestellt, die zur Straßenverkehrssicherheit beigetragen hätten. Die entsprechenden EU-Anforderungen bezögen sich jedoch nicht auf die Bereiche der Infrastruktur, wo die meisten Verkehrstoten zu verzeichnen seien, wie zum Beispiel städtische Gebiete, Radwege und Nebenstraßen. Gleichzeitig unterschieden sich die in den einzelnen EU-Ländern erzielten Fortschritte im Bereich der Verkehrssicherheitskonzepte erheblich voneinander. Außerdem werde bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Nutzens der Projekte dem einzelnen Menschenleben in den verschiedenen Mitgliedstaaten ein sehr unterschiedlicher Wert beigemessen. 

Bei der Auswahl von Projekten sei die Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit zudem kein Schlüsselkriterium gewesen, da sie mit anderen vordringlichen Zielen wie etwa der Förderung umweltfreundlicherer Verkehrsmittel in Konkurrenz gestanden habe. Auch hätten Unfallschwerpunkte in den Auswahlkriterien häufig keine Rolle gespielt. Da in den kommenden Jahren möglicherweise weniger EU-Gelder für die Straßenverkehrssicherheit zur Verfügung stünden, sei es umso wichtiger sicherzustellen, so die EU-Prüfer, dass die vorhandenen Mittel bestmöglich eingesetzt würden, um Leben zu retten.

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