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23.10.2014 | Marketing + Vertrieb | Schwerpunkt | Online-Artikel

"Die Markenkompetenz kommt immer von innen"

verfasst von: Andrea Amerland

5:30 Min. Lesedauer

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Marken müssen langsam und kontinuierlich aufgebaut werden. Dann sind sie auch erfolgreich, ist sich Springer-Autor Nicholas Adjouri sicher. Im Interview erklärt er, wie sich Marken im Markt durchsetzen.

Springer für Professionals: Sie haben Ihr Buch „Alles was Sie über Marken wissen müssen“ genannt und Regeln für den Markenerfolg definiert. Was sind für Sie die wesentlichen Faktoren?

Nicholas Adjouri: Für den Markenerfolg sind naturgemäß viele Faktoren wichtig. Entscheidend ist aber primär, dass es eine unternehmerische Entscheidung und Commitment auf der ersten Ebene gibt. Das bedeutet, dass grundsätzlich die Geschäftsführungsebene hinter der Marke stehen muss. Die Marke darf nie eine halbherzige Angelegenheit sein. Es reicht nicht aus, wenn der Marketingleiter eine Marke initiiert, aber die Geschäftsführung nur teilweise dahintersteht. Der Grund hierfür ist einfach: Da Marke immer eine strategische Entscheidung ist und dies auch Kosten verursacht, muss die Geschäftsführung hierfür die Verantwortung übernehmen.

Ein weiterer Faktor ist Geduld: Marken bauchen sich nicht über Nacht auf – im Gegenteil: sie brauchen viele Jahre. In der Regel muss mindestens von zehn Jahren für die Etablierung einer Marke ausgegangen werden. Viele Manager wollen jedoch, dass in ein oder zwei Jahren eine Marke fest etabliert wird – dies ist nicht möglich, da eine Marke über Kommunikation (in der Regel Werbung) und Erfahrung (Kunden, die die Marke konsumieren) aufgebaut wird. Und dies dauert.

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Und welcher Faktor ist der wichtigste Faktor für den Markenerfolg?

Einer der wichtigsten Treiber für den Markenerfolg ist Kontinuität. Dies bedeutet, dass eine Marke Eckpfeiler für den Aufbau der Identität definieren muss. Diese müssen dann über einen langen Zeitraum eingehalten werden, um Vertrauen beim Kunden aufzubauen. Dies ist durchaus mit Menschen vergleichbar – ein Mensch, der dauernd seinen Charakter und Auftritt verändert, wird von seiner Umwelt nicht gerade als vertrauenswürdig angesehen.

Sie vertreten die These: Es gibt keine erfolglosen Marken. Wie ist das vor dem Hintergrund von Unternehmensinsolvenzen und Markensterben zu verstehen?

Zuerst muss man unterscheiden zwischen Marken und Unternehmen. Denn wenn Unternehmen insolvent gehen, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass auch die Marken sterben. AEG ist ein typisches Beispiel hierfür. Das Unternehmen ging 1996 insolvent – aber die Marke AEG existiert in vielen Branchen weiter. So hat u. a. Electrolux die Markenrechte für AEG im Haushaltsbereich erworben. Wo also AEG auf einem Staubsauger draufsteht, ist eigentlich Electrolux drin. Das Gleiche gilt für die alte traditionsreiche Marke Grundig. Diese gehört inzwischen auch einem ausländischen Investor – dem Kunden ist dies aber in der Regel nicht bekannt. Er denkt immer noch, dass er eine traditionsreiche deutsche Marke erwirbt.

Und wann gilt eine Marke als erfolgreich?

Der Erfolg als Merkmal einer Marke bedeutet nichts anderes, als dass eine Marke sich im Markt durchgesetzt hat. Wenn etwas zu einer Marke wird, dann ist dies als eine Auszeichnung zu verstehen – vergleichbar mit einem Sportler, der es von einem No-Name zu einem Leistungssportler geschafft hat und davon leben kann. Erfolg bedeutet aber nicht zwangsläufig Umsatz, Gewinn oder sogar Marktführerschaft – Erfolg kann auch in Form von Marktanteilen ersichtlich werden oder rein qualitativ mit einem hohen Image beschrieben werden. Andersherum bedeutet dies, dass es keine erfolglosen Marken gibt, weil diese nicht nur unbekannt geblieben sind, sondern weil diese im Markt und bei den Kunden bedeutungslos sind. Wenn diese „erfolglosen Marken“ vom Markt verschwinden, würde dies keinem auffallen.

Trotz allem können Marken sterben bzw. vom Markt verschwinden – in der Regel gibt es jedoch hierbei mehrere Rettungsversuche, da die Marken bei Kunden immer noch eine große Bedeutung haben. Ein Beispiel ist die ehemalige Fluglinie Pan Am, die zu den größten weltweit gehörte und mehrere Insolvenzen (und auch Rettungsversuche) absolvierte. Ein anderes Beispiel ist Maybach – hier wurde durch Daimler versucht, eine Marke wieder zu reanimieren. Doch die Pause zwischen der alten Marke Maybach (Anfang des 20. Jahrhunderts) und der Reanimation in der Neuzeit war zu lang – es gab ja kaum noch Augenzeugen der alten Marke Maybach. Für die Kunden hatte die Marke keine Bedeutung mehr – daher wurde sie von Daimler wieder eingestellt, bevor sie wieder eine Marke werden konnte.

Was bedeutet nachhaltiges Marken-Management in diesem Zusammenhang für Sie?

Marken-Management impliziert bereits den Begriff der Nachhaltigkeit, weil es bei Marken grundsätzlich um eine strategische, also langfristige, Perspektive geht. Da Markenidentitäten extrem langsam aufgebaut werden – Minimum sind hier zehn Jahre – muss diese Weitsicht auch im Management vorhanden sein. Der Aufbau einer Marke ist immer eine Investition in die nächste Generation. Oder anders: Die nachhaltige Marke wird den Vorstand bzw. den Marketingleiter immer überleben. Dies muss den Entscheidern im Unternehmen immer bewusst sein.

Was ist für die Entwicklung einer Marken-Strategie wichtig?

Wenn man Lehrbüchern folgt, dann ist natürlich eine gute Analyse das Fundament für eine gute Marken-Strategie. Doch eine Analyse kann unterschiedlich vorgenommen werden. Denn mit zunehmender Praxis-Erfahrung habe ich gelernt, dass die Marke zu komplex ist, um allein durch statistische Daten beschrieben werden zu können. Eine Marke kann auch überanalysiert werden. So führen viele statistische Daten auch zu einer Verwirrung der Ausgangssituation.

Könnten Sie das bitte an einem konkreten Beispiel näher erläutern?

Als die Telekom über eine neue Markenfarbe nachdachte, wäre hier eine statistische Analyse nicht hilfreich gewesen. Würde man Kunden verschiedene Farbvorschläge zur Auswahl vorlegen, wäre mit Sicherheit nicht Magenta mehrheitsfähig gewesen, sondern eher eine Farbe die der Mehrheit gefällt – u. a. Blau, Rot, Orange, Gelb etc. Die Farbe Magenta hat bei der Einführung polarisiert – es gab damals viel Kritik und Häme.

Heute ist von Kritik nichts mehr zu hören – die Farbe Magenta wird sogar positiv gesehen. Der Kunde hat diese Farbe akzeptiert und es ist inzwischen Teil der Markenidentität der Telekom. Ein anderer Aspekt ist, dass nicht nur die Sicht der Kunden wichtig ist. Wenn analysiert wird, muss zuerst das Bild der Mitarbeiter erhoben werden – am besten durch persönliche Interviews. Warum? Die Markenkompetenz kommt immer von innen – von den Menschen, die tagtäglich mit der Marke zu tun haben. Sie prägen die Marke intern und auch extern. Zwar ist die Meinung der Kunden auch wichtig, doch für die Entwicklung einer Markenidentität nicht immer zielführend.

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