Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Phänomen Marke erfolgte bislang nur aus dem Blickwinkel der einzelnen verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Das hat eine ganzheitliche Betrachtung der Marke bis heute verhindert. Dies muss sich in Zukunft durch einen transdisziplinären Ansatz ändern, denn ein richtiges Markenverständnis konnte so nicht erreicht werden. Die Zahl der Publikationen zum Thema Marke aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven hat ein fast unüberschaubares Ausmaß angenommen. Ob dadurch das richtige Markenverständnis erreicht wurde, muss allerdings bezweifelt werden (Felser 2007).
Marlboro ist eine der erfolgreichsten Zigaretten-Marken. Ihr Image lässt eine kräftige Männerzigarette erwarten. Marktführer ist Marlboro aber nur deshalb, weil diese Marke auch von Raucherinnen bevorzugt wird. Welche Erklärung liefert hierzu das Image? Welche Bedürfnisse der Raucherinnen werden von einer kräftigen Männerzigarette befriedigt? Die Erklärung bleibt die Image-Theorie schuldig.
Seit dem ersten Markenwahlexperiment mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) im Jahre 2002 muss Marke neu gedacht werden (Kenning, Ahlert 2004) und (Kenning 2003). Zur Erinnerung sei dieses bahnbrechende Experiment kurz geschildert: Probanden wurden im Kernspintomographen paarweise Marken zur Wahl präsentiert. Immer dann, wenn der Proband seine Lieblingsmarke wählen konnte, zeigte sich im Hirn ein charakteristisches Aktivierungsmuster: Vereinfacht beschrieben war die Aktivierung erhöht im sog. limbischen System und reduziert in Teilen des präfrontalen Cortex. Das limbische System arbeitet unbewusst und ist für implizite Entscheidungsprozesse zuständig. Dort werden Marken mit Bedeutungen verknüpft und Entscheidungen für die Lieblingsmarke mit dem Gefühl der Belohnung ausgestattet. In den gering aktivierten Bereichen des frontalen Cortex finden die bewussten sprich expliziten Vernunft-Entscheidungen statt und werden verstandesmäßige Kontrollen durchgeführt. Diese sind bei der Wahl der Lieblingsmarke – einer starken Marke – aber offensichtlich nicht erforderlich.
Der Erfolg starker Marken beruht auf einer impliziten Heuristik, die zu einer kortikalen Entlastung führt. Dies geschieht in Bruchteilen von Sekunden und ist nur möglich, weil ein umfangreiches implizites Markenwissen zur Verfügung steht. Es entsteht im Verlauf der unbewussten Markenbildung, vollzieht sich unbewusst, unvermeidlich und fortlaufend (Ahlert 2005). Deshalb sind starke Marken meist auch alte Marken, durchschnittlich 90 Jahre alt.
Im Langzeitgedächtnis sind nur solche Inhalte gespeichert, die für das Individuum relevant sind. Es handelt sich um Ereignisse und Fakten, die mit Emotionen verknüpft sind und deshalb dauerhaft bedeutsam bleiben. Diese Assoziationen, gleichgültig ob innerhalb oder außerhalb unseres gegenwärtigen wachen Bewusstseins, bilden die Grundlage für unsere Markenpräferenzen.
In vielen Markengeschichten sind die archetypischen Rollenmuster implizit enthalten und machen sie deshalb weltweit verständlich und überzeugend; meist sind es Heldengeschichten (Campbell 1988, 1993).
Unser Unterbewusstsein hat sich unseres Konsumverhaltens bemächtigt, weil Produkte und Dienstleistungen die vielfältigsten Möglichkeiten bieten, unser symbolisches Leben zu gestalten. Fast jeder Konsumartikel taugt für unsere alltäglichen Beschwörungsrituale. Und der Bedarf wächst ständig. Wir wollen keine maschinell produzierten Weingläser aus Pressglas, sondern mundgeblasene, authentische Werke, deren Herstellung ebenso im alchemistischen Dunkel bleibt wie die Gewinnung von Glas selbst. Nur so – glauben wir – können Gläser beim Anstoßen jenen Klang erzeugen, der den Trinkgenossen dank magischem Zauber zum freundschaftlichen Verbündeten macht – so will es unser Unterbewusstsein.
Psychodynamische Ansätze in der psychologischen Markenforschung folgen tiefenpsychologischen Erkenntnissen und bauen letztlich alle auf Arbeiten von Freud und seinen Schülern auf. Allerdings haben Freud und seine Schüler niemals einen unmittelbaren Beitrag zum Verständnis des Konsumentenverhaltens geliefert. Ihr Interesse galt ausschließlich dem Seelenheil ihrer Patienten.
„Marken sind kollektive Deutungsmuster, die Menschen als Orientierungshilfen zur Bewältigung von Entscheidungskonflikten nutzen. Marken entstehen anthropologisch aus der Verarbeitung komplexer Erfahrungen. Die Markenbildung vollzieht sich unbewusst, unvermeidlich und fortlaufend. Sie ist vielfältigen, meist unkontrollierten Einflüssen ausgesetzt.“ (In: Ertragsreserven aus Markenkapital. 2. Auflage, Wiesbaden 2004. Gutjahr, G., Zitat)
Das psychologische Markenmodell ist ein Konstrukt, das nicht nur dem neuen Markenverständnis dient. Es liefert auch die Grundlage für die Operationalisierung der Markenstärke. Sie besteht aus fünf Variablen. Im Vordergrund steht dabei die überwiegend implizite Markenfaszination. Sie beruht auf der Markensympathie, dem intuitiven Vertrauen und der Uniqueness.
Unter Experten gibt es meist einhellige Antworten auf die Frage nach „starken“ Marken: Es seien die „alten“ und „bekannten“ Marken, die „Lieblingsmarken“ von Handel und Verbrauchern, „sympathische“ Marken, „erfolgreiche“ Marken, Marken, die „Wertschöpfung“ erlauben, und die auch neben billigeren No-Names oder Handelsmarken bestehen können.
Brand Success® ist ein marktpsychologisches Messmodell, dessen Variablen im Rahmen der Grundlagenforschung des Institut für Marktpsychologie in Mannheim – IFM MANNHEIM – entwickelt wurden.
-Modells wird im folgenden Beispiel an PKW-Marken demonstriert. Die Messung fand 2005 statt und zwar an einer kleinen, nicht-repräsentativen Stichprobe von 232 PKW-Fahrerrn. Die Messwerte von heute würden sicherlich davon ab¬weichen. An der herausragenden Stärke der Marken BMW, VW, Mercedes und Audi hat sich bis heute wahrscheinlich nur die Rangfolge geändert
Der Begriff Marke wird heute nicht mehr nur für Konsumgüter und Dienstleistungen benutzt. Gerhard Schröder und Angela Merkel wurden schon als Marken bezeichnet, Parteien können wie Marken behandelt werden, ebenso Prominente wie Thomas Gottschalk.
-Messmodells soll auch hier am folgenden Beispiel führender Logistik-Unternehmen demonstriert werden. Die Eigenstudie fand im Jahre 2006 statt, und zwar an einer kleinen, nicht-repräsentativen Stichprobe von privaten und ge-werblichen Kunden der Unternehmen. Beide Unternehmen bieten einen Paket-Lieferservice an und stehen damit im Wettbewerb zur Deutschen Post und zu UPS.
Im umfassenden betriebswirtschaftlichen Markenverständnis (Meffert, Burmann 2007) wird die Marke als Unternehmen gesehen und auf Unternehmenstradition, Konzernzugehörigkeit und Verhalten der Mitarbeiter hingewiesen. Die Wirkung hebt auf die Identifikation der Mitarbeiter ab, die sie motiviert für die produzierten Konsumgüter und Dienstleistungen als Brand-Promotor in der Öffentlichkeit aufzutreten. Deshalb entstand schon früh ein Interesse daran, die Stärke der Identifikation zu messen, denn Controlling setzt auch hier Measurement voraus.
Seit der ersten Veröffentlichung des IAT (Implicit Association Test, Greenwald, Mc Ghee, Schwartz, 1998) ist es üblich, von impliziten Methoden zu sprechen, was aber nicht korrekt ist: Implizit sind nicht die Methoden, sondern das, was gemessen wird, also z.B. die unbewussten Prozesse und die intuitiven Entscheidungen der Konsumenten, die bei der Produkt- oder Markenwahl zugrunde liegen.
Da die bisherigen impliziten Verfahren wir Priming und IAT (nebst Varianten) nur Einstellungen messen, nicht jedoch die impliziten Hintergründe dafür offenlegen (z.B. implizites Markenwissen), ist der Input für Marketingmaßnahmen gering.
Tatsache ist, dass es starke Marken gibt, denen die Konsumenten oft ein Leben lang die Treue halten. Der Rest sind aber nur „Märkchen“, die im Laufe von drei Jahren die Mehrheit ihrer Kunden an andere Marken verlieren.
In den vorangegangenen Abschnitten wurde das Markencontrolling unter verhaltenswissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet, weil das Measurement im Vordergrund stand: „If you can't measure it, you can't manage it“ ist der Grundsatz der Markenführung, wenn es darum geht, die Wettbewerbsfähigkeit der Marken zu kontrollieren. Die Markenstärke ist hierbei die entscheidende Variable.
Eine Vorbemerkung zum Verständnis des Begriffs „Postmoderne“ und zur Erinnerung sei gestattet. Den Begriff gibt es seit ca. 1870, als verschiedene Autoren über die heterogenen gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungen jener Zeit berichteten.
Weil heute nicht der Besitz einer Ware die entscheidende Rolle spielt, sondern der Zugang zu ihrer Nutzung, hängt der Marketingerfolg von anderen Faktoren ab, hauptsächlich von der Kundenbindung. Damit ist aber gemeint, dass der Konsument auf den Anbieter angewiesen ist.
Mit Celebrities werden Menschen bezeichnet, die von den Medien und der Werbung als prominente oder berühmte Persönlichkeiten dargestellt werden. Der Begriff ist vom Lateinischen „celeber“ abgeleitet, was als „viel besprochen“, „bekannt“ oder „berühmt“ übersetzt werden kann. Celebrity-Marketing steht für Werbung mit Prominenten, und prominent sind Personen mit hohem sozialen Status in Bezug auf Einkommen, Prestige und gesellschaftlichen Einfluss.
Handelsmarketing bedeutet Planung, Realisation und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Aktivitäten institutioneller Handelsunternehmungen, wobei die Unternehmensziele durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse und aktive Gestaltung der Märkte verwirklicht werden sollen. Das Handelsmarketing trifft dabei v. a. Entscheidungen über Maßnahmen, die das Kaufverhalten der aktuellen und potenziellen Kunden im Sinne des Handelsunternehmen beeinflussen sollen, und konzipiert die geeigneten Marketinginstrumente. Die Strategien werden an die Kundenwünsche und –bedürfnisse angepasst, um Kunden zu gewinnen und zu binden.
Die Teilnahme an Brand Communities kann für den postmodernen Konsumenten sehr reizvoll sein und für die Markenbindung von unschätzbarem Wert. Allerdings sind die von den Unternehmen geführten und unterstützten Communities, die häufig als Clubs in Erscheinung treten (z.B. Porsche-Club Deutschland), für postmoderne Konsumenten nicht besonders attraktiv. Sie bieten diesem zu wenig Möglichkeiten der Selbstbestimmung, und der postmoderne Konsumente liebt es nicht, Regeln zu befolgen.
Die Positionierung der Marken ist eine zentrale Aufgabe der Markenführung und eine schwierige dazu. „Die Positionierung ist die hohe Schule des Marketing“ (Kroeber-Riehl, Esch 2000). Sie besteht darin, durch Kommunikation die Marke gegenüber den Wettbewerbern differenziert darzustellen und gleichzeitig den Bedürfnissen und Erwartungen der Konsumenten in der Zielgruppe zu entsprechen.
Das jüngste Beispiel für Branding by Storytelling war während der Tage, in denen dieses Buchmanuskript entstand, als TV-Spot zu sehen. In 30 Sekunden erfuhr der Zuschauer, dass sich Ferdinand Porsche ehemals seinen Sportwagen selbst bauen musste, weil kein Fahrzeug auf dem Markt seinen Vorstellungen entsprach. Er baute also einen zweisitzigen Sportwagen, der noch heute im legendären Porsche 911 weiterlebt.
Nicht alle Markenartikel bergen Stoff für eine Markengeschichte. Das postmoderne Markenmanagement muss deshalb auch andere Methoden der psychologischen Markenführung einsetzen. Der postmoderne Konsument bietet hierfür die Voraussetzungen. Es wurde an früherer Stelle bereits betont, dass nicht der materielle Besitz eines Produktes den eigentlichen Kaufwunsch darstellt. Vielmehr geht es um die Nutzung der Produkte, wenn sie Zugang zu neuen reizvollen Erlebnismöglichkeiten bieten.
Unternehmen sind Shareholdern verpflichtet und deshalb bestrebt, das Ertragspotenzial ihrer Marken zu steigern. Umfangreiche Sortimente scheinen hierfür die besten Voraussetzungen zu bieten, wie die Vorzeige-Marken Nivea, Maggi, Kneipp zeigen. Tatsächlich erweisen sich aber auch dann neue Produkte als Flops, wenn sie von einer starken Marke getragen werden. Ursache hierfür sind Fehlentscheidungen der Produkt- und Marketingmanager, die sich zu Umsatzsteigerungen mit neuen Produkten gezwungen sehen.
„Wo Ben Affleck – Hollywoodstar und Frauenschwarm – auftaucht, werden die Mädels schwach und verfolgen ihn scharenweise bis in sein Hotel. Ganz unauffällig und lässig drückt er bei jedem kleinen Flirt auf seinen Zähler und bringt es an einem Tag auf 103 Zähler. Im Hotel erwartet ihn aber eine Überraschung: Plötzlich beachten die Mädchen ihn überhaupt nicht mehr. Vorbei am Star stürzen sie sich auf den Liftboy, der sie mit einem unschlagbaren Deo auf seine Duftspur gelockt hat. 2372 Clicks auf dem Flirtzähler des Liftboys.“ Das Geheimnis: Spray more, get more! So der Slogan. Je mehr Lynx, desto mehr Frauen, so lautet die Botschaft des Werbespots. Den Flirtzähler gab es beim Kauf des Deos von Axe gratis (Hatt 2010). Storytelling in seiner besten Form also. Der Erfolg eines Duftes hängt natürlich vom Geschmack der Zielgruppe ab. Bei erwachsenen Frauen wird Lynx vielleicht nicht wirken.
Die Nachhaltigkeit hat eine lange Geschichte. Die Idee, die mit dem Begriff verbunden ist, taucht schon im 15. Jahrhundert in sogenannten Forstordnungen auf, z.B. 1442 in einer Anordnung zur Waldnutzung und Walderhaltung der Stadt Speyer.
Das Verhalten der Konsumenten beim Einkauf im Geschäft hat in den letzten Jahren verstärkt das Interesse der Marketingforscher gefunden. Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass die Beobachtungen unter Laborbedingungen in einem Teststudio sehr oft zu falschen Schlüssen und unzuverlässigen Prognosen für das spätere Verhalten am POS geführt haben. In lebensechter, biotischer Situation, unbeobachtet von Marktforschern, verhielten sich die Probanden meist ganz anders.