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13.03.2024 | Führungsqualität | Interview | Online-Artikel

"Manager brauchen künftig Know-how-Transferfähigkeit"

verfasst von: Andrea Amerland

5:30 Min. Lesedauer

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Was müssen Führungskräfte aktuell und künftig können? Auf diese scheinbar einfache Frage hat Springer-Autor Enrico Sass komplexe Antworten. Springer Professional sprach mit dem Forscher über die wichtigsten Managementkompetenzen. 

springerprofessional.de: Sie haben für Ihr Buch Führungskräfte und Experten zu aktuellen und künftigen Management-Schlüsselkompetenzen befragt. Wie definieren Sie Management als Schlüsselkompetenz?

Enrico Sass: Management ist ein Verständnis für Mensch und Umwelt, sich kritisch, fundiert mit Umweltentwicklungen und Mitarbeitenden auseinanderzusetzen. Management setzt somit eine menschliche Reife und eine Reflexionsfähigkeit voraus. Natürlich geht es in einem weiteren Sinne um eine nachhaltige und zielorientierte Organisation von Ressourcen unter Berücksichtigung mitarbeiterbezogener Aspekte. Management beinhaltet ein starkes Bewusstsein für die eigenen Stärken und Schwächen sowie das Wirken im Handlungsumfeld.

Empfehlung der Redaktion

2023 | Buch

Managementkompetenzen der Gegenwart und Zukunft

Welche Skills brauchen Führungskräfte?

Dieses Fachbuch gibt einen praxisnahen Einblick in die Anforderungen an gegenwärtige und zukünftige Führungskräfte. Hierzu wurden 75 Reflexionsgespräche mit Experten aus wissensintensiven Unternehmen geführt und ausgewertet. 

Es wird eine Antwort auf die Frage gegeben, was unter Management als Schlüsselkompetenz gegenwärtig und zukünftig verstanden wird und welche Kompetenzen und Qualifikationen ein erfolgreiches Management auszeichnen.

Welche Schlüsselkompetenzen brauchen Führungskräfte aktuell besonders?

Empathie und Kommunikationskompetenz. Das ist nichts Neues. Diese Kompetenzen haben nur noch mehr an Bedeutung gewonnen. Jüngere Arbeitnehmende hinterfragen mehr den Sinn ihrer Engagements, benötigen intensive Feedbacks, um ihre persönliche Entwicklung voranzubringen. Sie sind oftmals selbstbewusster als Generationen zuvor. Es ist mehr Kommunikation und individuelle Aufklärungsarbeit hinsichtlich Arbeitsziele und des unmittelbaren Lerneffekts notwendig. 

Ein Orientierungsrahmen, in dem Beschäftigte ihr Potenzial entwickeln und sich im Idealfall verwirklichen können, kommt hinzu. Dazu muss die Führungskraft eine Vision haben, authentisch verkörpern, wo die Reise gehen soll. Dies hat gerade in der Corona-Zeit eine hohe Bedeutung erfahren. Diese Orientierungsfunktion ist wichtig, da die junge Generation nicht immer nach den großen Vorbildern sucht, sondern, wie es ein erfahrener Manager und Interviewpartner ausdrückt, eine Art Cherry Picking betreibt. Erfolgreiche Menschen und Muster, die sich im unmittelbaren Handlungsumfeld befinden, dienen oftmals als Vorbilder. 

Das waren Soft Skills. Welche Hard Skills sind aktuell essenziel?

Ein stärkeres Out-of-the-box-Denken, um Veränderungen voranzubringen, ein betriebswirtschaftliches Grundverständnis für einen nachhaltigen Umgang mit Arbeitsmitteln und Ressourcen, kommen hinzu. Hierfür hat die betriebswirtschaftliche Qualifizierung eine enorme Bedeutung, um eine nachhaltige Verwendung vorhandener Mittel sicherzustellen. Aber auch Diversity-Fähigkeiten, Lust auf Führung und Menschen. Dies bedeutet vor allem, kein Impression Management zu betreiben, sondern Sachverhalt klar, realistisch, deutlich darzustellen.

Und welche sind die wichtigsten Managementkompetenzen, die Führungskräfte in Zukunft benötigen?

Manager brauchen künftig Know-how-Transferfähigkeit. Es wird eine der wichtigsten Fähigkeiten sein, Wissen auf neue Anwendungsfelder zu übertragen - gerade im digitalen Geschäftsmodellkontext. Dazu gehört eine fundierte Reflexionsfähigkeit, was überhaupt übertragbar ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Führungskraft ein Bewusstsein für die eigenen und mitarbeiterbezogenen Kernkompetenzen haben sollte. Nicht jede Fähigkeit, jeder etablierte Ablauf, jedes Produkt werden in die digitale Welt und in andere Anwendungskontexte übertragbar sein. Dies verlangt von Führungskräften ein weitreichendes Grundverständnis für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge. 

Es reicht nicht, ein Vorgehensmodell für die Entwicklung neuer Ideen und Abläufe an die Wand zu projizieren, ohne über ein tiefergehendes Verständnis für technische, betriebswirtschaftliche und kulturelle Zusammenhänge zu verfügen. Wichtig ist auch das Management zeitlich befristeter Remote-Teams, das Führen aus der Distanz. Teamentwicklung findet im digitalen Raum statt - mit den bekannten Phasen aus Forming, Storming und Norming.

Vor welchen Herausforderungen werden Manger stehen?

Digitalisierung, KI, Informationskomplexität, Social Media sowie nachhaltige Ressourcen und Projektmanagementfähigkeiten werden eine noch größere Rolle spielen, egal, ob agil oder klassisch. Um Veränderungen einzuleiten, getrieben durch Digitalisierung oder demografische Effekte, wie der zunehmende Fachkräftemangel und die damit verbundene Integration von Mitarbeitern anderer Landeskulturen, verlangt es eine gelebte Projektkultur. Diese beschränkt sich nicht nur auf das eigene Unternehmen. Die Motivation und Zusammenarbeit von und mit Netzwerkpartnern und vor allem Freelancern wird an Bedeutung zunehmen. Ein über das Unternehmen hinausgehende Führung zeitlich befristeter Projektstrukturen wird somit zu einer sehr wichtigen Managementkompetenz.

Gibt es dabei vollkommen neue Kenntnisse und Fertigkeiten und warum?

Bezogen auf allgemeine Managementfähigkeiten als Schlüsselkompetenzen eher nicht. Auch im letzten Jahrhundert mussten Führungskräfte kommunizieren und Empathie beweisen, engagierte Teams beteiligen, Kunden zeitnah in den Entwicklungsprozess involvieren. Es ist eher eine stärkere Priorisierung von Fertigkeiten, die bereits lange zum Management gehören, wie eine noch individuellere Miterbeiterkommunikation und Partizipation in einem interkulturellen Remote-Teamkontext. Dies verlangen junge Menschen und dies verlangt die Situation des Fachkräftemangels in vielen Branchen. 

Was bedeutet das in der Praxis?

Die bekannten Management-Skills müssen auf aktuelle Themen wie KI, Digitalisierung, Remote-Teams übertragen werden. Diese Inhalte sind sicherlich neuer. Mitarbeitergewinnung und -bindung haben eine höhere Priorität. Die Fähigkeit, sich schnell ändernden Umweltbedingungen anpassen zu können, wird für für Unternehmen wichtiger, die sich im digitalen Geschäftsmodellkontext befinden. Hierzu sind dynamische Fähigkeiten wichtig, geprägt von Neugierde an Umweltentwicklungen, der Fähigkeit ein Geschäftsmodell zu gestalten und dieses in den eigenen Strukturen mit Begeisterung umzusetzen. Gleichzeitig kommt es auf fundierte Reflexionsfähigkeit an: Führungskräfte müssen erkennen können, wann es Sinn macht, bestimmte agile Managementmethoden einzusetzen. Das Kunststück besteht darin, die digitale Arbeitskultur mit der analogen zu verbinden.

Wie lassen sich die entsprechenden Fähigkeiten für die Zukunft aufbauen oder erwerben?

Einfach auf den Punkt gebracht: Unternehmerisches Handeln stärken. Eine Projektkultur etablieren, in der Beschäftigte Verantwortung übernehmen. Dies setzt aber eine entsprechende Reife und Qualifikation der Mitarbeitenden voraus. Ansonsten sind es die üblichen Instrumente wie kontinuierliche Entwicklungsgespräche, fach- und persönlichkeitsbezogenes Coachings, Einbezug in die Führungskräfteplanung, Motivation durch Einbezug der persönlichen Ziele und Stärken, Integration in zukünftige Netzwerke, ein breites Tätigkeitsfeld und herausfordernde Problemstellungen. 

Eine Know-how-Transferfähigkeit kann daher nur aufgebaut werden, wenn eine Spielwiese für die Übertragung von Fähigkeiten auf ein neues Anwendungsfeld gegeben ist und das in einem interkulturellen Kontext. Eine interdisziplinäre Projektarbeit und die Integration von Anwendern und Netzwerkpartnern bilden somit eine ideale Lernumgebung. Wie bereits angesprochen, eine gelebte Projektkultur wird die Basis für den Aufbau wichtiger Managementfähigkeiten in der Zukunft sein.

Ist es möglich, Managementkompetenzen zu messen oder sichtbar zu machen?

Ja, definitiv. Dies zeichnet eine gute Führungskraft aus. Sie besitzt die Fähigkeit, Erfolg und Kompetenzen zu operationalisieren, egal, welchen spezifisch geeigneten Ansatz der Systematisierung sie wählt. So kann das Know-how-Übertragungspotenzial von Beschäftigten daran festgemacht werden, inwieweit diese empathisches und interkulturelles Verhalten zeigen, über kontextspezifisches Fachwissen in der Tiefe verfügen, so dass Wissen in andere Anwendungsfelder und kulturelle Kontexte oder Märkte übertragbar ist. Unternehmerisches Potenzial von Mitarbeitenden kann wiederum daran festgemacht werden, inwieweit eine Person Ideen für die Verbesserung von Abläufen oder für Produkte im Joballtag entwickelt und es schafft, diese in die Umsetzung zu bringen, ob sie nur eine Ideengeberin ist, eine Ideen-Promotorin oder das Verhalten eines Intrapreneurs zeigt.

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