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07.08.2013 | Medien | Interview | Online-Artikel

"Jeff Bezos hat die Marke 'Washington Post' gekauft"

verfasst von: Andrea Amerland

3 Min. Lesedauer

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Der Kauf der "Washington Post"durch Amazon-Gründer Jeff Bezos wirft Fragen auf. Sterben die Medienbesitzer aus, die Medien nicht nur machen, sondern auch vermarkten können? Professor Alexander Moutchnik liefert im Interview eine Typologie des Niedergangs.

Medienbesitzer, die Medien ein Gesicht geben, die Medienmarken prägen und vermarkten, sterben aus ... Welche Medienbesitzer gibt und gab es?

Die Medienbesitzer sind besondere Unternehmenseigner. Begrifflich können sie in vier Kategorien unterteilt werden. Zu der ersten – mit erkennbar negativer Konnotation – gehören "Medienmoguln", "Medienzaren“, "Medienpäpste“, "Medienmagnaten“, "Medienpatriarchen“ und "Zeitungsbarone“. Zu der zweiten "Verleger“, zu der dritten "Medienmanager" und "Medienunternehmer" und zu der vierten "Medienmarkenmanager".

Wie unterscheiden sich diese Typen von Medienbesitzern?

Medienbesitzer der ersten Kategorie ähneln einander durch ihre alleinige Machtausübung und den unbeschränkten Möglichkeiten, die öffentliche Meinung im Sinne eigener politischer, ökonomischer und privater Interessen zu manipulieren. Die von Orson Welles im Film "Citizen Kane“ verkörperte Figur von Charles Foster Kane steht stellvertretend für die Medienbesitzer dieser Kategorie. Und gerade von solchen Besitzern wird es immer weniger geben, unter anderem wegen der steigenden Bedeutung von Corporate-Governance-Bestimmungen und anderer Ordnungsrahmen, welche Intransparenz bei der Unternehmenssteuerung einschränken. Die auf persönlichem Willen und Willkür beruhenden Geschäftsabläufe in Medienunternehmen, beispielsweise durch Leo Kirch, Reinhard Mohn, Rupert Murdoch, Silvio Berlusconi, Walt Disney und William Randolph Hearst gehören inzwischen der Vergangenheit an.

Dieser Typus ist sehr negativ beschrieben – welche Typen von Medienbesitzer gibt es noch?

Medienbesitzer der zweiten Kategorie, die Verleger, gibt es auch immer weniger, allerdings aus einem anderen Grund. Der Beruf eines "Verlegers“, der sich traditionell mit gedruckten Medien wie Bücher, Zeitungen und Zeitschriften auseinandergesetzt hat, erlebt seit dem Aufkommen des Internets und der Digitalisierung eine Erweiterung des Tätigkeitsfeldes. Die Medienbesitzer, die ausschließlich gedruckte Medien verlegen, wie beispielsweise Dirk Ippen und Alfred Neven DuMont suchen die neuen Geschäftsmodelle außerhalb der reinen Verlagsgeschäfts und sind bereits dabei, diese zu implementieren.

Aber was ist mit Hubert Burda oder Georg-Dieter Holtzbrinck?

Medienbesitzer der dritten Kategorie, die Medienunternehmer und Medienmanager, wie beispielsweise Hubert Burda, Georg-Dieter von Holtzbrinck und Matthias Döpfner, haben bewiesen, dass ihre Unternehmen mehr als nur Verlage oder Medien- bzw. Multimediahäuser sind. Sie sind Anbieter von innovativen medienübergreifenden Dienstleistungen und Lösungen geworden, die auf strikter Effizienz und ROI-Kalkül beruhen. Allerdings zeigten gerade diese Unternehmen in den letzten Monaten, dass die traditionsreichen Marken im eigenen Medienportfolio zugunsten des tagespolitischen ökonomischen Kalküls abgestoßen werden können. So hat die Axel Springer AG ihre identitätsbildenden Marken wie "Hörzu", "Bild der Frau“ und "Hamburger Abendblatt“ jegliche nachhaltende Existenz im eigenen Portfolio entbehrt und an die Funke Mediengruppe verkauft.

Auch der Typus kommt nicht richtig gut weg …

Es kommt noch besser: Medienbesitzer der vierten Kategorie, die Medienmarkenmanager, entstammen in der Regel einem medienfernen Umfeld und erwerben traditionsreiche und nicht rentable Medienunternehmen aus Familienbesitz. So standen in den letzten Jahren etliche Medien zum Verkauf oder wegen des hohen Schuldenbergs quasi zum Verschenken da. Attraktiv waren und sind solche Investitionen für die neuen Medienbesitzer vor allem wegen der hohen Markenbekanntheit der erworbenen Medien. So hat der Amazon-Gründer Jeff Bezos bei der letzten Ankündigung nicht die Zeitung "Washington Post“, sondern vor allem die Marke "Washington Post" gekauft. Die Überschrift des Beitrags von Jan Friedmann "Besitzerwechsel bei "Washington Post": Internet kauft Papier“ auf Spiegel-Online vom 6. August 2013 erweist sich daher als zu plakativ und kurzsichtig - wie auch viele andere Kommentare zu diesem Thema.

Serie Medienbesitzer und Medienmarken:

Teil 2: Wie neue Medienbesitzer mit Medienmarken umgehen

Lesen Sie auch:

Kommentar: Bezos? Und wie weiter? - Konsequenzen für die Zukunft der Zeitungen

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Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2009 | OriginalPaper | Buchkapitel

Marken in Medien und Medien als Marken

Quelle:
Medien im Marketing