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14.03.2022 | Personalmanagement | Interview | Online-Artikel

"Wir brauchen ein Umdenken der gesamten HR- und Hiring-Strategie"

verfasst von: Andrea Amerland

4:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Holger Kobler

ist Regional Vice President DACH bei Udacity, dem weltweiten Anbieter für Online-Trainings.

Die digitale Transformation hierzulande scheitert am Fachkräftemangel. Insbesondere Digital-Talente sind rar. Springer Professional sprach mit Experte Holger Kobler über das Ausmaß und mögliche Lösungswege.

Ihr Talent Transformation Global Impact Report hat ergeben, dass die digitale Transformation in Unternehmen ausgebremst wird, weil es an Digital-Talenten mangelt. Wie groß ist das Ausmaß des Problems in Deutschland? 

Es ist riesig und durchzieht alle Sektoren und Industrien. Wichtig ist dabei, dass wir erst am Anfang stehen. Analysten sagen voraus, dass der Bedarf jährlich mindestens um weitere 50 Prozent steigen wird. Wir sollten jetzt loslegen, um das Problem noch in den Griff zu bekommen. Alle reden von digitaler Transformation, aber da geht es häufig um interne Prozesse und angewendete Technologien. Der Einsatz von Mitarbeitenden kommt oft erst an letzter Stelle.

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Erfolg oder Misserfolg der Transformation hängt davon ab, ob die Strategie für die Mitarbeiter gelingt. Gerade Konzerne, etwa in der Automobilbranche, sind von großen Wandlungen betroffen und müssen erkennen, dass ihre Talente bereits im Unternehmen sind und nun an anderen Stellen eingesetzt werden könnten – bei entsprechender Fortbildung und durch zielgerichtete Weiterbildungsmaßnahmen. 

Wie stehen deutsche Unternehmen im Vergleich zu Firmen in Frankreich, Großbritannien und den USA da?

Deutschland hat mit die ältesten Industrien, welche am meisten von der Digitalisierung profitieren können. Die Aufgabe ist damit ungleich größer verglichen mit digitalen Vorreitern, die aus dem angelsächsischen Raum kommen und entweder schlicht weiter, schneller sind oder ihr gesamtes Geschäftsmodell digital aufgestellt haben. Gleiches gilt für Unternehmen aus Frankreich oder der EU. Die deutschen Unternehmen, die erkannt haben, dass das Gelingen der Digitalisierung einer totalen Transformation bedarf und ein Scheitern Irrelevanz in der eigenen Industrie bedeutet, sind im weltweiten Vergleich sehr gut unterwegs.

Was sind die Ursachen für die klaffende Lücke bei Fachkräften mit Digital-Know-how?

Noch nie in der Geschichte unterlag die private sowie öffentliche Wirtschaft einer notwendigen Veränderung, die so schnell kommen müsste. Traditionell waren es eine oder vielleicht zwei Industrien, die sich radikal wandeln mussten. Jetzt sind es alle auf einmal in sehr kurzer Zeit. Es gibt vor allem zwei elementare Gründe: Zum einen wächst der Bedarf schneller als entsprechende Fachkräfte aus- oder weitergebildet werden können. Immer mehr Unternehmen investieren mehr in Digitalisierung und innovative Zukunftstechnologien, um dauerhaft auf dem Markt Bestand zu haben. Und genau jene brauchen natürlich auch das passende Fachpersonal.

Und der zweite Grund?

Es fehlt an Personal, um diesem Bedarf an neuen Skills gerecht zu werden; das können weder Universitäten noch Online-Kurse ausgleichen. Zudem ist der Markt sehr fluktuativ. Heutzutage arbeitet nahezu niemand mehr für mehrere Jahrzehnte in einem einzigen Unternehmen. Entsprechend müssen Firmen starke Anreize bieten, um ihre Mitarbeitenden auch dauerhaft halten zu können. Förderung und Weiterbildung spielt hier eine ganz zentrale Rolle. Daher brauchen wir ein Umdenken der gesamten HR- und Hiring-Strategie, um das Potenzial der Belegschaften bestmöglich ausschöpfen, Anreize für einen Verbleib im Unternehmen zu bieten und gleichzeitig neue, junge Talente anziehen zu können.

Welche Ansatzpunkte gibt es für Unternehmen, dem Fachkräftemangel auf diesem Gebiet entgegenzuwirken?

Unternehmen haben im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten. Hiring und Re- beziehungsweise Upskilling. Weder die Attraktivität als potenzieller neuer Arbeitgeber ist einfach herzustellen noch die Organisation zum Umdenken zu bewegen. Es geht darum, "employability" zu garantieren - für neue Arbeitnehmer und auch für die Umbesetzung nach Re-/Up-skilling. Das ist im einfachsten Sinne die schnelle Qualifikation der Person, um unkompliziert und im fest definierten Zeitraum eine Praxisbefähigung im neuen Job herzustellen und den Erfolg an den Geschäftszielen messbar zu machen.

Wie muss man sich das vorstellen?

Wir haben gelernt, dass es darum geht, jeden Lernenden und seinen Chef dort abzuholen, wo er heute steht und klar zu beschreiben wo es warum hingehen soll. Echte Probleme praktisch während der Ausbildung zu lösen, ist der nächste Schlüssel, begleitet von Industrieexperten, die für das gesamte Unternehmen in verschiedenen Sprachen und Zeitzonen in gleicher Qualität zur Verfügung stehen müssen. Zuletzt berichteten alle Unternehmen, dass diese Programme vom Management kommuniziert werden müssen: Warum wird es gemacht und warum bekommen Mitarbeitende Zeit dafür. So können Talente und deren Skills mit neuen Ansätzen bestmöglich verknüpft werden. Das bedeutet, eine Karriereperspektive und spannende Entwicklungssprünge für jeden Einzelnen, und gleichzeitig hilft es, den Druck im Talentmanagement in der Personalabteilung zu nehmen. Der Hiring-Ansatz nutzt die exakt gleiche Methodik, um attraktiv und schnell zu sein. So kann etwa das Onboarding verkürzt werden.

Welche Rolle spielen die Personalabteilungen dabei?

Sie ist ein Drittel des Erfolgs. Diese neue Herausforderung bedarf die Kraft des ganzen Unternehmens, ein Dreieck aus Chefetage, Business und HR. Es muss Konsens herrschen zwischen Unternehmenszielen, der Strategie, diese zu erreichen und welche Rolle die Digitalisierung spielt. Gemeinsam gilt es, die Lücke an Talenten zu ermitteln und die Erwartungshaltung zu definieren an die Menschen im Unternehmen. Ab da greifen die Mechanismen der HR und Learning-Abteilungen.

Die Personalabteilung spielt eine sehr wichtige Rolle im gesamten Prozess der Weiterbildungsmaßnahmen. Bei HR geht es ja nicht nur um das Recruiting, sondern auch um die Förderung und Forderung der existierenden Mitarbeitenden. Entsprechend sollte die Personalabteilung die zentrale Anlaufstelle sein für vorhandene Skills im Unternehmen, den Weiterbildungsbedarf, die Verteilung passender Maßnahmen und entsprechend für die Karriereplanung jedes einzelnen. Dabei ist es sehr wichtig, eng mit den einzelnen Teamleitern und Abteilungen zusammenzuarbeiten.

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