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17.06.2014 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

PSI-Forscher machen Eis in Brennstoffzellen direkt sichtbar

verfasst von: Katrin Pudenz

4 Min. Lesedauer

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Forschern des Paul Scherrer Instituts PSI ist es gelungen, erstmals die Verteilung von Eis und flüssigem Wasser in einer Wasserstoff-Brennstoffzelle direkt abzubilden. Dies ermöglicht die Untersuchung des Problems der Eisbildung bei der Anwendung von Brennstoffzellen als Fahrzeugantrieb. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die PSI-Wissenschaftler im Journal Physical Review Letters.

Wasserstoff-Brennstoffzellen könnten die individuelle Mobilität der Zukunft umweltfreundlicher zu machen. In den Zellen wird Wasserstoff als Brennstoff aufgespalten, der elektrochemisch mit Sauerstoff reagiert - dabei entsteht elektrischer Strom. Als Nebenprodukte fallen Wärme und Wasser an. Doch gerade das Wasser, kann für Brennstoffzellen-Antriebe in der Praxis ein Problem darstellen, wie den PSI-Forschern bewusst war. In kälteren Klimaregionen könne das Wasser nämlich bei abgeschaltetem Antrieb gefrieren und die Funktion der Brennstoffzellen beeinträchtigen. Nun ermöglicht es eine Arbeit von PSI-Forschenden zum ersten Mal, die Verteilung von Eis und Wasser in einer Brennstoffzelle direkt abzubilden. Das eröffnet eine neue Möglichkeit, um das Problem der Eisbildung besser zu untersuchen und dessen Lösung weiter zu optimieren.

Eisbildung als Problem

Das Problem der Eisbildung erläutern die Wissenschaftler folgendermaßen: Eis kann sich in den porösen Strukturen der Elektroden einer Brennstoffzelle ablagern. Das Eis behindert die Funktion der Zelle, indem es die Poren verstopft, durch die der Sauerstoff an die positive Elektrode (Kathode) der Zelle gelangt. Wenn der Sauerstoff die Kathode der Zelle nicht erreicht, können die elektrochemischen Reaktionen, in denen die Zelle Strom produziert, nicht mehr stattfinden. Die Spannung in der Zelle bricht in der Folge zusammen und diese liefert dann keinen Strom mehr.

Die poröse Elektrodenstruktur diene auch dazu, das Wasser aus der Brennstoffzelle fließen zu lassen. Das nach dem Betrieb noch verbliebene flüssige Wasser könne dann beispielsweise über Nacht gefrieren. Da Eis mehr Volumen einnehme als flüssiges Wasser, könne die Eisbildung auch mechanische Schäden an den Komponenten der Zelle verursachen.

Messung

Die Bildgebung von Wasser mit Neutronen nutzt die Tatsache, dass die Neutronen von den Wasserstoffatomen stark gestreut (abgelenkt) werden, erläutern die PSI-Experten. Ein gerichteter Neutronenstrahl werde also in seiner Intensität stark abgeschwächt, wenn er ein Medium mit viel Wasserstoff durchquere. Das Ausmaß der Abschwächung hänge bei der neuen Technik, "Dual Spectrum Neutron Radiography" genannt, von der Bewegungsenergie der Wassermoleküle ab. Im gefrorenen Zustand ist diese Bewegungsenergie viel kleiner als im flüssigen Zustand, erläutern die Forscher, und fügen hinzu, dass so flüssiges Wasser vom Eis unterschieden werden kann. Wollte man Wasser und Eis in einem konventionellen Neutronenexperiment auseinanderhalten, müsste die Dicke der untersuchten Wasserschicht im Voraus bekannt sein. In Brennstoffzellen ist das aber in der Regel nicht möglich; die Forscher fanden jedoch einen Ausweg, indem sie ihre Proben mit zwei Neutronenstrahlen maßen.

Bei der neuen Bildgebungstechnik wird verglichen, wie zwei Neutronenstrahlen mit jeweils unterschiedlicher Neutronenenergie von den Wassermolekülen abgeschwächt werden, berichten die Wissenschaftler. Einer dieser Strahlen wurde dahingehend gefiltert, dass er nur noch Neutronen mit niedriger Energie enthielt, der zweite Strahl hingegen wurde in seiner ursprünglichen Form mit dem gesamten Neutronenspektrum belassen, erläutern sie weiter. Aus dem Verhältnis der Abschwächung der beiden Strahlen erhalte man die Anteile von flüssigem Wasser und Eis in der Zelle, ohne dass eine Wasserschichtdicke im Voraus bekannt sein müsste. Das Verhältnis der Abschwächungen hängt lediglich von der unterschiedlichen Stärke ab, mit der flüssiges Wasser und Eis die Neutronen ablenken, betonen die Forscher. Deshalb sei aus dem Vergleich der Messungen mit gefiltertem und ungefiltertem Neutronenstrahl jeweils den Aggregatzustand des Wassers bestimmbar.

Nachweis von unterkühltem Wasser

Durch ihre Messungen an der Neutronenstrahllinie ICON der PSI-eigenen Neutronenquelle SINQ konnten die PSI-Forschenden nicht nur die Verteilung von Wasser und Eis in einer Brennstoffzelle kartieren. Ihnen gelang auch zum ersten Mal der direkte Nachweis für eine alte Vermutung über das Verhalten von Wasser in Brennstoffzellen: Schon lange sei angenommen worden, dass Wasser in Brennstoffzellen im unterkühlten Zustand vorhanden sein könnte. Unterkühlt bedeutet, dass das Wasser selbst unter 0 °C nicht gefriert. Durch direkte Abbildung konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass bei Temperaturen von bis zu -7,5 °C flüssiges Wasser in der Zelle übrigblieb. "Der Beweis, dass unterkühltes Wasser in Brennstoffzellen vorkommt, ist nicht nur in theoretischer Hinsicht wichtig", sagt Thomas Justus Schmidt, Leiter des Labors für Elektrochemie und Mitautor der Studie. "Auch für die praktische Anwendung ist es gut zu wissen, dass man eine Marge an Temperatur hat, in der man sich nicht um die Eisbildung kümmern muss."

Die Wissenschaftler veröffentlichen ihre Ergebnisse in Physical Review Letters (J. Biesdorf, P. Oberholzer, F. Bernauer, A. Kaestner, P. Vontobel, E. H. Lehmann, T. J. Schmidt und P. Boillat: Dual spectrum neutron radiography: Identification of phase transitions between frozen and liquid water; Physical Review Letters, accepted paper June 2, 2014).

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