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02.04.2024 | Risikoanalyse | Schwerpunkt | Online-Artikel

Banken rüsten sich gegen konjunkturelle Risiken

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4:30 Min. Lesedauer

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Banken stärken ihr Risikomanagement angesichts der ausbleibenden Konjunkturerholung. Steigende Insolvenzzahlen und eine restriktive Darlehensvergabe prägen die Branche. Trotzdem bleibt der Bankkredit Hauptfinanzquelle für Unternehmen.

Je länger die Konjunkturerholung auf sich warten lässt, je mehr müssen Finanzdienstleister in ihr Risikomanagement investieren. "In diesem Jahr geht es für die deutschen und europäischen Banken und Finanzmärkte darum, die Kapazitäten auszubauen, um mehr und härtere Schläge einstecken zu können", brachte Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz auf einer Branchenveranstaltung Ende Februar in Stuttgart die Herausforderungen für die Branche auf den Punkt. Für ihn stellen neben rückläufigen Zinsüberschüssen und der steigenden Gefahr von Cyber-Angriffen die Kreditrisiken im Immobiliengeschäft und bei Firmenkunden eines der drei zentralen Gefahrenpotenziale für die Geldhäuser dar.  

Mehr Pleiten als im Vorjahr

Prominente Beispiele sind unter anderem die österreichische Signa Gruppe, der unter anderem auch mehrere Landesbanken Geld geliehen haben, oder der schwäbische Automobilzulieferer Eissmann mit weltweit 5.000 Mitarbeitern. Dass in Deutschland 2024 deutlich mehr Unternehmen in die Pleite schlittern werden als im Vorjahr, hat Ende Februar der Kreditversicherer Allianz Trade vorhergesagt. Mit einem Plus von 13 Prozent rechnen die Analysten in ihrer Prognose für das Gesamtjahr. 

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zeigen einen Anstieg bei den bereits beantragten Regelinsolvenzen im Februar 2024 von 18,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Im Januar betrug das Plus im 26,2 Prozent. "Seit Juni 2023 sind damit durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten, wobei die Regelinsolvenzen für diesen Zeitraum insgesamt noch leicht unter dem Niveau des Vor-Corona-Zeitraums Juni 2019 bis Januar 2020 lagen", erläuterte Destatis Mitte März bei Vorlage der vorläufigen Daten. 

Allerdings sei bei den Ergebnissen zu berücksichtigen, dass die Anträge erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. "Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor."

Keine Trendwende bei der Kredithürde

Die wachsende Gefahr von mit dieser Entwicklung verbundenen Kreditausfällen treibt die Kriterien bei der Darlehensvergabe schon seit Monaten nach oben, wie die Förderbank KfW regelmäßig berichtet. "Angesichts der restriktiven Geldpolitik und der schwachen Konjunkturaussichten lässt eine Trendwende der Kredithürde auf sich warten", beurteilte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib die Lage für Firmenkunden Ende Januar. 

"Im gesamten Markt sehen wir, dass die Kreditvergabestandards enger gefasst wurden - das ist aber vor dem Hintergrund von geopolitischen Risiken, immer noch anhaltender Inflation und einer leichten konjunkturellen Eintrübung kein Wunder", erläutert Hauke Burkhardt, Leiter Unternehmensfinanzierung bei der Deutschen Bank, die Situation im Firmenkundengeschäft gegenüber dem "Bankmagazin". 

Mittelständler "gut kapitalisiert"

Ulrich Reuter, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), wollte bei der Vorstellung der Zahlen seiner Gruppe für das Jahr 2023 Mitte März die Lage allerdings nicht gänzlich schwarzmalen: "Auch wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen alles andere als einfach sind und es sicher in einigen Branchen noch zu Korrekturen kommen wird, rechnen wir nicht mit einer größeren Insolvenzwelle bei unseren Firmenkunden." Die mittelständischen Unternehmen seien in aller Regel gut kapitalisiert und widerstandsfähig, so der DSGV-Chef. 

Auch die genossenschaftliche Konkurrenz sieht sich für entsprechende Risikoszenarien finanziell gut gerüstet. Obgleich auch BVR-Präsidentin Marija Kolak bei der Vorstellung der Jahreszahlen Anfang März "noch keine klaren Zeichen" dafür fand, "dass sich die Wirtschaft aus ihrer Winterstarre befreit hat". 

Dennoch haben "gute Bonitäten" weiter uneingeschränkten Zugang zu Finanzierungen, erläuterte ein Sprecher der Bayern LB gegenüber dem "Bankmagazin". Selektive Einschränkungen seien abhängig von dieser und auch von der Unternehmensgröße möglich.

Banken brauchen engmaschiges Monitoring

Doch was tun, wenn etwa ein Bauunternehmen in die Zahlungsunfähigkeit rutscht und Kredite nicht mehr bedienen kann? Bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung rät Christof Blauß, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, im "Bankmagazin" zu einem engmaschigen Monitoring mit umfassenden Auskunftspflichten des Kreditnehmers. 

Außerdem sollte das Unternehmen, das in der Regel neues Kapital benötigt, um die Geschäfte weiter zu betreiben, ein Gutachten vorlegen, dem zufolge "eine Sanierung mit mehr als 50 Prozent wahrscheinlich ist". Und er rät Instituten, frühzeitig zu prüfen, ob sie sich durch Kündigung vom Kreditengagement lösen können. Zudem müssen Banken und Sparkassen gegebenenfalls Forderungen titulieren lassen. "Dies gilt für die Forderungen der Bank aus dem Engagement selbst, aber auch für die Sicherheiten, zum Beispiel Bürgschaften", so der Jurist. 

Verhaltene Kreditnachfrage

Damit es erst gar nicht zu dieser Situation kommt, haben die Geldhäuser ihre Konditionen verschärft, was vor allem mittelständische Unternehmen abschreckt. Aktuell sei die Nachfrage sowohl nach liquiden Mitteln als auch nach langfristigen Investitionskrediten verhalten, erläutert Miye Kohlhase, Geschäftsbereichsleiterin Kunden und Märkte beim Bundesverband deutscher Banken (BdB) gegenüber dem "Bankmagazin". 

Erst ab 2025 rechnet zum Beispiel das Beratungshaus Ernst & Young (EY) in einer Prognose vom Sommer 2023 mit einer kräftigen Belebung der Kreditnachfrage in Deutschland sowie der gesamten Eurozone. Dafür werden den Analysten zufolge "sowohl das Abklingen des globalen Energiepreisschocks als auch die erwarteten Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank" sorgen. Sie gehen davon aus, dass diese Entwicklungen die Ausgaben ankurbeln, das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen stützen und die Nachfrage nach Krediten erhöhen werden. 

Bankkredit bleibt wichtigste Kapitalquelle

"Grundsätzlich bleibt der Bankkredit aber die mit Abstand wichtigste und oft auch einzige externe Finanzierungsquelle für mittelständische Unternehmen", so BdB-Expertin Kohlhase. Mittel- und langfristig wird also eine Vielzahl von Investitionen im Rahmen der grünen Transformation mit Kapital von der Bank gestemmt werden müssen. Doch auch hier ist vorerst weiter mit strengen Maßstäben von Seiten der Finanzindustrie zu rechnen. 

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