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2023 | Buch

Soziale Innovationen in und von Organisationen

Sozialwissenschaftliche Studien zur Transformation von Organisation

herausgegeben von: Andreas Schröer, Birgit Blättel-Mink, Antonius Schröder, Katrin Späte

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Sozialwissenschaften und Berufspraxis

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Über dieses Buch

Soziale Innovationen in, von und durch Organisationen lassen sich aktuell vor allem vor dem Hintergrund von Ökologisierung und Digitalisierung beobachten. Die Beiträge des Bandes adressieren die Mechanismen solcher und anderer sozialer Innovationsprozesse und fragen dabei auch nach der Nachhaltigkeit bzw. Überlebensfähigkeit von Organisationen angesichts der aktuellen Herausforderungen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung: Soziale Innovationen in und von Organisationen
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag leitet in den vorliegenden Band ein und stellt die Debatte in den Zusammenhang vorangegangener Arbeiten und der Tagungen des Bundesverbands der Deutschen Soziologinnen und Soziologen. Dabei beleuchtet er die Relation von sozialen Innovationen und Organisationen mit einem besonderen Augenmerk auf sozialen Innovationen in und von Organisationen. Zudem werden die Einzelbeiträge des Bandes kurz vorstellt und inhaltlich eingeordnet. Die Autor:innen resümieren, dass nach einem Jahrzehnt intensiver empirischer Forschung zu sozialen Innovationen der Bedarf deutlich wird, eine neue, auf diesen empirischen Befunden beruhende, transdisziplinäre Forschungsagenda zu formulieren.
Andreas Schröer, Birgit Blättel-Mink, Antonius Schröder, Katrin Späte
Kapitel 2. Soziale Innovationen in, von und zwischen Organisationen
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag beleuchtet die Relation von Sozialen Innovationen und Organisationen als Soziale Innovationen in, von und zwischen Organisationen. Dabei kommen Organisationen als Kontext und Treiber für die Entstehung, Entwicklung und Verbreitung Sozialer Innovationen in den Blick.
Andreas Schröer
Kapitel 3. Organisationales Lernen und Soziale Innovation: (Diskursive) Strategien und symbolische Ordnungen des ‚offenen Labors‘
Zusammenfassung
Der Beitrag führt zunächst in grundlegende Ansätze und Perspektiven der Organisationspädagogik ein. Aus organisationspädagogischer Perspektive zeigt er das Potenzial diskursorientierter Analyseperspektive für die Analyse des Zusammenhangs zwischen Innovation und organisationalem Lernen auf. Aus einer genealogischen Analyseperspektive wird die Logik des ‚offenen Labors‘ als diskursive Strategie und Grundprinzip gestaltungsorientierter Zugänge identifiziert. Auf dieser Grundlage werden drei Wissenskulturen des Designs differenziert, welche als symbolische Ordnungen der Gestaltung sehr unterschiedliche Pfade der Gestaltung sozialer Innovationen und des organisationalen Wandels eröffnen. Abschließend wird mit dem Anliegen der Diskursgestaltung ein transepistemischer Ansatz der Designforschung und -entwicklung vorgestellt, der integrierte Möglichkeiten der Organisationsberatung und -begleitung bei der Einführung sozialer und technologischer Innovationen unterstützt.
Susanne Maria Weber
Kapitel 4. Ökologie der Organisation. Selbsterneuerung zwischen Kontinuität und Disruption
Zusammenfassung
Der Beitrag diskutiert theoretische und praktische Herausforderungen auf dem Weg zu einer Ökologie der Organisation. Die klassische Form moderner Organisation ist in Misskredit geraten. Organisationen erzeugen den eigenen Erneuerungsbedarf durch eine strukturbedingte Umwelt- und Zukunftsvergessenheit. Die Ausdifferenzierung handlungsleitender Organisationsstrukturen schränkt die Wahrnehmung und Anschlussfähigkeit von Alternativmöglichkeiten systematisch ein, was zu Negativeffekten wie Blindflecken oder Pfadabhängigkeiten führt und das Risiko impliziert, sich nicht auf verändernde Rahmenbedingungen einzustellen. Der Effekt, dass sich Ankerpunkte der (Selbst-)Beobachtung mit der Zeit verändern und die Wahrnehmung von Veränderung erschweren, ist als Shifting Baselines ein etablierter Befund der Ökosystemforschung. Methodisch erzeugten Möglichkeitsräumen kommt als internen Umwelten der Organisation daher die Funktion zu, Gelegenheiten der Selbstbeobachtung vorzuhalten. Strukturanalogien zu organischen Lebensformen für das Verständnis und die Gestaltung zeitgemäßer Organisation fruchtbar zu machen, impliziert, Organisationen als selbstsubstitutive Ordnungen zu verstehen: Jede Organisation kann die Lösung ihrer Probleme nur selbst sein.
Thomas Wendt
Kapitel 5. Organisationelles Lernen als Soziale Innovation in Ökosystemen
Zusammenfassung
Die Integration technologischer Innovationen in soziale Innovationsprozesse ist ein zentraler Ansatzpunkt, um Organisationen und ihre Mitarbeiter resilienter zu machen. In diesem Beitrag beschreiben wir diese Innovationsprozesse in, durch und zwischen Organisationen. Dabei untersuchen wir verschiedene Ansätze, wie Organisationen in einem gemeinsamen Prozess innovieren und lernen und, wie sie diese Prozesse bei digitalen und ökologischen Transformationen anwenden. Die Kombination von sozialen Innovationen und technologischen Innovationen macht organisatorische Lernprozesse notwendig, insbesondere für interorganisationales Lernen. Soziale Innovationen sind als Veränderungen sozialer Praktiken zu verstehen, die darauf abzielen, Bedürfnisse oder Probleme besser zu lösen, während organisatorisches Lernen durch gegenseitiges Lernen zwischen Lehrenden und Lernenden entsteht, um Prozesse und Kompetenzen zu verbessern. Dieser Beitrag vertieft diesen Ansatz für den Bildungsbereich und analysiert empirische Ergebnisse aus fünf verschiedenen Projekten. Diese Beispiele zeigen, wie die Resilienz von Organisationen durch soziale Innovationsprozesse und die Rolle des organisationalen Lernens verbessert wird.
Clara Behrend, Michael Kohlgrüber, Karina Maldonado-Mariscal, Antonius Schröder
Kapitel 6. Teilhabe durch Co-Creation
Zusammenfassung
Der Beitrag umreißt das Konzept Co-Creation theoretisch, in dem es den Begriff von ähnlichen Termini abgrenzt und auf Basis von Ergebnissen aus einem EU-geförderten Forschungsprojekt darstellt, wie ko-kreative Prozesse sozialer Innovation zu mehr Teilhabe in Organisationen führen können. Anhand von forschungspraktischen Beispielen werden so die theoretischen Annahmen auf ihre Tragfähigkeit überprüft und theoretische Anschlussmöglichkeiten, offene Forschungsfragen und mögliche Handlungsfelder abgeleitet.
Jennifer Eckhardt, Daniel Krüger
Kapitel 7. Herausbildung von Orientierungen in der Teamarbeit – Perspektiven für die Gestaltung von Veränderungsprozessen in sozialen Diensten
Zusammenfassung
Der Beitrag befasst sich mit dem dynamischen Wandel von sozialen Dienstleistungsorganisationen. Neben der Veränderungsdynamik aufgrund von neuen Maßnahmen zur Gewinnung und Bindung von Personal kommt es zu Veränderungsbedarfen aufgrund des Kostendrucks. Dieser wird z. B. unter dem Begriff der Ökonomisierung diskutiert. Organisationen müssen sich daher nicht nur der Frage der Gestaltung von Wandel stellen, sondern gleichzeitig prüfen, ob und inwiefern sie Personal gewinnen und langfristig binden können. Ein Ansatzpunkt hierfür, so die These, ist die Gestaltung von Teamarbeit in Organisationen. Teams werden als Figuration aufgefasst und als mit den sich wandelnden individuellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verflochten verstanden. Der Beitrag bindet Perspektiven für die Organisationsentwicklung sowie für die Teamarbeit ein.
Janina Evers
Kapitel 8. Mind your Step! Zum Entwerfen von Schlüsselstellen in der digitalen Transformation von Unternehmen
Zusammenfassung
Die digitale Transformation in Unternehmen ist ein langfristiger Aushandlungsprozess, der nicht nur technische, sondern auch soziale und organisationale Gestaltungsfelder beinhaltet. So müssen z. B. Routinen der Weitergabe von Informationen im Arbeitsalltag neugestaltet werden, wenn ein digitales Assistenzsystem eingeführt wird. Solche Tools müssen außerdem mit der digitalen Unternehmensstrategie in Einklang gebracht werden. Dieser Aushandlungsprozess ist ein komplexer Lern- und Gestaltungsprozess, der häufig auch in Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen wie z. B. wissenschaftlichen Instituten durchgeführt wird. Der Beitrag befasst sich mit einer beispielhaften Schlüsselstelle in einem solchen Aushandlungsprozess. Dabei widmet er sich der Praxis des Entwerfens dieser Schlüsselstelle und fragt, wie mit einer abduktiven Erkenntnishaltung im Entwurfsprozess eine hohe praktische Wirksamkeit der Schlüsselstelle erreicht werden kann. Die Wirksamkeit liegt z. B. darin, dass die heterogenen Akteure ein gemeinsames Zukunftsbild erarbeiten. Der Beitrag schlägt zunächst eine intra- und interorganisationale Diskursgestaltung mit einem organisationspädagogischen Ansatz transepistemischer Designforschung vor. Kern des Beitrags ist eine autoethnografische Reflexion der Entwurfspraxis, welche Teil der Designforschung ist. Eine abduktive Praxis, so wird deutlich, kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Schlüsselstellen im digitalen Transformationsprozess sowohl theoriegeleitet als auch erfahrungsbasiert, kontextsensibel und bedarfsorientiert zu gestalten und zu erforschen.
Alinde Keller
Kapitel 9. Sozio-technische Gestaltungsansätze im Zeichen von KI
Zusammenfassung
KI zieht in die Unternehmen ein. Die bestehenden sozio-technischen Arrangements geraten damit unter Veränderungsdruck. Betriebsräte müssen ihre Arbeitsweise, Kompetenzen und Gestaltungsansätze adaptieren, um der zunehmenden Komplexität des Gesamtgeschehens in der Praxis gerecht zu werden. Technikfolgenabschätzung und neue soziale Praktiken spielen dabei eine zentrale Rolle. Dies stellt an die technologische Kompetenz der Interessenvertretung enorme Anforderungen. Die Debatte muss zudem mit etablierten Themen der Mitbestimmung wie Beschäftigungssicherung, Kompetenzentwicklung oder nachhaltiger Arbeitsgestaltung in neuer Qualität verknüpft werden. Soziale Kohäsion im Unternehmen, d. h. die Qualität sozialer Beziehungen im und die Identifikation mit dem Unternehmen sowie die Orientierung an den gemeinsamen Zielen (Social Indicators Research 132:579–603, 2017) ist unabdingbar, um die Herausforderungen der technologisch induzierten Komplexität für Geschäfts-, Produktions-, Entwicklungsmodelle und damit verbunden Arbeitsbedingungen zu meistern. Auf Basis betrieblicher Beispiele haben wir mit Expert:innen der MTI-Forschung Chancen und Voraussetzungen interner Labs als Innovationslabore für partizipative Kompetenzentwicklung und soziotechnische Gestaltung des KI-Einsatzes diskutiert. Zu den resultierenden Handlungsempfehlungen gehören auch Implikationen für den Transfer der Methode in KMU. Übereinstimmend wurden die Labs als zukunftsträchtige Chance für die Herausbildung sozialer Kohäsion und wirksamer Mitbestimmungspraxen beurteilt.
Andrea Altepost, Constanze Kurz
Kapitel 10. Professionelle berufliche Beratung in und mit Unternehmen: Innovationsbedarfe in der Kooperation von Human Resource Development (HRD) und Career Guidance and Counselling (CGC)
Zusammenfassung
Beschäftigte und Arbeitssuchende sehen sich unter den gegenwärtigen Bedingungen verstärktem Druck hinsichtlich der Anpassung der eigenen Arbeitskraft an volatile Entwicklungen und neue Herausforderungen ausgesetzt. Andererseits stellen sie aber vermehrt auch selbst höhere Erwartungen an eine Passung von Erwerbsrolle und individuellen Lebensentwürfen. Zusammengenommen kommt es zu einer Beschleunigung der Subjektivierung der Arbeit, in der sich auch der Bedarf an professioneller beruflicher Beratung nicht nur zu Beginn, sondern während des gesamten Erwerbslebens erhöht. Berufliche Beratung im Erwerbsleben, vor allem auch, wenn sie im Unternehmenskontext stattfinden soll, erfordert ein weiterentwickeltes Verständnis professioneller Beratung, welches das Vorgehen beispielsweise stärker in Netzwerken verankert. Beruflich Beratende müssen in die Lage versetzt werden, ihre Tätigkeit im Kontext von betrieblicher Personalentwicklung zu verorten. Das vorliegende Kapitel stellt den Bedarf auf der Grundlage von Erträgen des Erasmus+ Projektes Connect! dar und erläutert Implikationen für die ein daraus resultierendes Curriculum für Studierende und Praktizierende.
Matthias Zick-Varul, Peter Weber
Kapitel 11. Fähig zur Innovation: Über die stetige Erneuerungsfähigkeit deutscher Wohlfahrtsverbände
Zusammenfassung
Wenngleich Organisationen schon immer strukturelle wie produktbezogene Veränderungen produzierten, werden diese erst recht spät als Innovationen bezeichnet. Mit dem Innovationsbegriff bietet sich ein neues Bewertungsschema für strukturelle Veränderungen an, welches zunächst in Diskursen, die mit ökonomischen Themen und Organisationen eng verbunden sind, Verwendung findet. Die aktuelle Übernahme der Innovationssemantik wie auch jener des (Sozial-)Unternehmers in Diskursen zu sozialen Dienstleistungsorganisationen sowie in organisationalen Selbstbeschreibungen ist nicht selbstverständlich. Die Herstellung von Anschlussfähigkeit der Semantiken für deutsche Wohlfahrtsverbände macht eine Neufassung ihrer Selbstbeschreibung und insbesondere ihrer Geschichte erforderlich, die diese so darstellt, dass von der ökonomischen Logik der Begriffe zwar nicht vollständig abgesehen wird, diese aber mittels des sozialen Charakters von Innovationen wie der Gemeinschaftsorientierung der Unternehmerfigur abgeschwächt wird. Eine neoinstitutionalistische Perspektive erlaubt es, die Übernahme des Innovations- wie des Unternehmerbegriffs in das organisationale Selbstbild als Ausrichtung sozialer Organisationen an Erwartungen der gesellschaftlichen Umwelt zu verstehen. Die neue Semantik erleichtert es, Ressourcen für Innovationsförderungsformate zu mobilisieren und so den eigenen Strukturwandel voranzutreiben. Ausgehend von einer Analyse der aktuellen Selbstbeschreibungen anhand wohlfahrtsverbandlicher Positionspapiere zeichnet der Beitrag den historischen Umgang der Verbände mit gesellschaftlichen Krisen nach, um so ein historisch informiertes Verständnis dieser Selbstbeschreibungen zu ermöglichen.
Moritz Lackas, Tamara Freis
Kapitel 12. Die Herausforderung des Pandemic Organizing: das Potenzial eines organisationspädagogischen Design-Research Ansatzes für die Entwicklung von Gesundheitsversorgungsstrukturen
Zusammenfassung
Die COVID-19-Pandemie hat an vielen Stellen in der Gesellschaft die Notwendigkeit von Reorganisation und Innovation aufgezeigt, so auch im Feld der Gesundheitsversorgung. Organisational besser vernetzte Versorgungslösungen erscheinen als ein wichtiges Entwicklungsziel, wenn es darum geht, Gesundheitssysteme in Zukunft krisenfester zu machen. Infolgedessen besteht die Notwendigkeit, diverse Stakeholder in die Versorgungsgestaltung einzubeziehen und organisationale Grenzen aufzulösen, was aus organisationspädagogischer Sicht den Übergang epistemologischer Grenzen erfordert. Bisher wurde jedoch weder ein systematischer Entwicklungsansatz für die Versorgungsvernetzung beschrieben, noch die Potenziale organisationspädagogischer Ansätze der gesundheitsbezogenen Versorgungsentwicklung diskutiert. Der vorliegende Beitrag beleuchtet deshalb, basierend auf einem Literatur Review zu den pandemiebedingten Herausforderungen der Gesundheitssystemgestaltung, wie Innovationslabore und ein organisationspädagogischer Design-Research für die Reorganisation und Innovation in der gesundheitlichen Versorgung fruchtbar gemacht werden können.
Marlena van Munster
Kapitel 13. „Das Feuer am Leben halten …“ – Innovationslabore auf dem Weg zum regionalen Wirtschaftskreislauf
Zusammenfassung
Soziale Innovationen, im Sinne offener Lern- und Gestaltungsprozesse, gewinnen im Kontext nachhaltiger Entwicklung zunehmend an Bedeutung. Das Projekt Nachhaltige Mensa – Mit Sustainability Labs zum regionalen Ernährungskreislauf zielte mittels organisationspädagogisch fundierter Organisations- und Netzwerkberatung auf die Systeminnovation eines regionalen Wirtschaftskreislaufs. Im hochschulisch-regional verschränkten methodischen Arrangement dreier Innovationslabore entwickelten regionale Akteure gemeinsam mit studentischen Novizen alternative Zukunftsstrategien. Der transepistemische Designansatz des Programms integriert und verbindet differente Wissenskulturen und Gestaltungsebenen in einem iterativen, dreiteiligen, sukzessiv tiefer werdenden Innovationsprozess. Im Zuge eines bildbasierten, längsschnittlichen Zugangs wurden regionale Stakeholder daraufhin befragt, welche Beiträge Innovationslabore leisten können. Anhand der Befunde einer exemplarischen metaphern- und diskursorientierten Fallanalyse zeigt sich, dass die Innovationsentwicklung innerhalb des Programms als ein regionaler, offener, energetischer und vor allem (organisations-)pädagogischer Entwicklungsprozess erfahren wird, der sich somit von prävalenten, auf urbane Zentren bezogenen, technikzentrierten und linearen Innovationsvorstellungen abhebt. Innovationsentwicklung vollzieht sich hier als ein dynamischer, zyklischer Überschreitungsprozess epistemischer und systemischer Grenzen im Modus kollektiver Schöpferkraft.
Tobias Klös
Kapitel 14. Social Intrapreneurship Labs – Teilnahme im Spannungsfeld von Personal- und Innovationsentwicklung
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht Social Intrapreneurship Labs als Instrumente zur Förderung sozialer Innovationen in und von Organisationen. Durch die Auslagerung aus organisationalen Strukturen geben Intrapreneurship Labs den Teilnehmenden die Möglichkeit, neue und für die Organisationen potenziell nutzbare Ideen zu entwickeln und dabei eigene Kompetenzen zu erwerben. Hinter dieser Auslagerung steht die Intention, das Potenzial der Mitarbeitenden und die entwickelte Innovation im Anschluss wieder in organisationale Strukturen einzubetten. Die Innovation und ihr Entwicklungsprozess werden damit auch zu einem Gegenstand der Organisationsentwicklung. Diese multiple Zielsetzung erzeugt für Teilnehmende ein Spannungsfeld, das während des Prozesses insbesondere zwischen Personal- und Innovationsentwicklung deutlich wird. Der empirische Beitrag untersucht, wie dieses spezifische Spannungsfeld im Labor entsteht und sich darstellt. Hierzu werden qualitative Daten aus einem Innovationslabore mittels Qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet und das Spannungsfeld von Personal- und Innovationsentwicklung fallspezifisch rekonstruiert. Die Analyse zeigt, dass es sich bei Personal- und Innovationsentwicklung im Social Intrapreneurship Lab um ein Verhältnis von analytisch zwar unterscheidbaren, dabei aber voneinander abhängigen und überlappenden Zielsetzungen handelt. Die doppelte Zielsetzung hält auch Bearbeitungsmöglichkeiten für ebendiese Spannungen bereit, die in der Deutung der Laboraktivitäten und der Möglichkeit des Fokussierens auf eine der Zielsetzungen liegen.
Friederike Schütz, Joy Rosenow-Gerhard
Kapitel 15. Prozessgestaltung regionaler Innovationslabore: Über Positionierungen von wissenschaftlichen und universitären Akteuren in regionalen Innovationsprozessen
Zusammenfassung
Auftrag von regionalen Innovationslaboren ist es, neue Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu generieren, indem sie partizipative und transdisziplinäre Ko-Kreation ermöglichen. Wissenschaftliche und universitäre Akteure wirken dabei mit oder initiieren diese. Hierbei treten Spannungsverhältnisse auf, die sich in artikulierten Positionierungen der beteiligten Akteure zeigen. Vor diesem Hintergrund befasst sich der Beitrag mit zugeschriebenen diskursiven Positionierungen von universitären und wissenschaftlichen Akteuren als Initiator:innen und/oder Prozessbegleiter:innen in transdisziplinären und regionalen Innovationslaboren. Ziel ist es, universitäre und wissenschaftliche Prozessgestalter:innen für bestehende symbolische Ordnungen und die Voraussetzungshaftigkeit der Gestaltung sozialer Innovationslabore zu sensibilisieren. Dafür werden Ergebnisse eines organisationspädagogisch und diskurstheoretisch angelegten Dissertationsprojektes vorgestellt, welches mit der Situationsanalyse nach Adele Clarke Positionierungen von wissenschaftlichen und universitären Akteuren in einem Innovationslabor zum Thema ‚Nachhaltige Ernährung in der Region‘ untersucht. Anhand von vier vorgestellten Perspektivierungen und den damit einhergehenden Verantwortungs- und Bedeutungszuschreibungen für regionale Innovationsprozesse werden abschließend Anknüpfungspunkte für die weitere Forschung und Gestaltung regionaler Innovationslabore abgeleitet.
Annett Hoppe
Kapitel 16. Digitale Inklusion als soziale Innovation und Treiber sozialer Innovation: Das Mini-FabLab in den Bottroper Werkstätten
Zusammenfassung
Digitalisierung ist ein sozialer Transformationsprozess, der soziale Innovationen ermöglicht sowie erfordert und dabei Teilhabe fördert oder auch einschränkt. Neben der Ebene der Technik lohnt es sich deshalb auch, die der sozialinnovativen Techniknutzung in den Blick zu nehmen sowie nach den Orten zu fragen, an denen dies erfolgt. Im Aufsatz wird die Einrichtung eines digitalen Lernortes in einem ehemaligen Abstellraum innerhalb einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) und dessen Potenziale für Teilhabe und soziale Innovation beschrieben. Ein solcher Ort bietet Raum für die Entwicklung von Artefakten, die Inklusion fördern, und stellt durch rekonfigurierte soziale Praktiken zugleich selbst einen Ansatz sozialer Innovation dar. Im Mini-FabLab werden konkrete Lösungsansätze mit einer besonderen Nähe zu Menschen mit Beeinträchtigungen (MmB) erarbeitet und digitale Technologien aus einer sozialen statt aus einer technologischen Perspektive betrachtet. Als inklusiver Ort etablieren sich im Mini-FabLab zugleich (neue) soziale Praktiken – sowohl durch als auch für MmB. Der Beitrag bezieht sich somit auf soziale Innovationen von und für MmB im Mini-FabLab und wird dafür die Aufmerksamkeit auf den Ort sowie auf die rekursive Rolle des Ansatzes sozialer Innovationen – einerseits kann das Mini-FabLab als soziale Innovation verstanden werden, andererseits unterstützt es aber auch die Entstehung neuer sozialer Praktiken – richten. In Bezug auf den Ort wird beispielsweise herausgestellt, wie das Mini-FabLab Digitalisierung erlebbar macht und dadurch soziale Praktiken entstehen.
Daniel Krüger, Bastian Pelka, Ann Christin Schulz
Kapitel 17. Innovation in der öffentlichen Verwaltung durch sozialwissenschaftliche Kompetenz: Das Beispiel Gleichstellungsbeauftragte
Zusammenfassung
Der Beitrag gibt auf Basis einer Interviewanalyse einen Einblick in die Tätigkeit von kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und identifiziert diese als Trägergruppe eines Innovationsimpulses, den die Novellierung des Chancengleichheitsgesetzes 2016 in Baden-Württemberg gesetzt hat. Die seither in weiten Teilen der Landes- und Kommunalverwaltung gesetzlich vorgeschriebene Position der Gleichstellungsbeauftragten ist eine Art Fremdelement in der Verwaltung, weil es quer zu etablierten Strukturen und Routinen liegt. Das erweist sich als ein mögliches Einfallstor für sozialwissenschaftliche Kompetenz.
Stefan Bär, Verena Schmid, Heike Hess, Georg Mildenberger
Kapitel 18. Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung. Stagnation, Transformation oder Disruption?
Zusammenfassung
Innerhalb der Verwaltungswissenschaften und der -praxis ist die „Digitalisierung der Verwaltung“ zum dominierenden Thema geworden, was einerseits an politischen Agenden und Gesetzesvorhaben liegt, die das Thema auf höchster Ebene fördern. Andererseits sind Technologie- und Beratungsunternehmen starke Treiber, indem sie ihre Produkte und Dienstleistungen im Feld der öffentlichen Verwaltung platzieren. Versteht man Digitalisierung als sozialen Prozess, wird sie zum integralen Bestandteil der Verwaltungsmodernisierung und damit Treiber von sozialen Innovationen in der öffentlichen Verwaltung. Eine wichtige Rolle spielt dabei der „Informationsraum“, der auf Basis des Internet Handlungs- oder Arbeitsräume entstehen lässt und maßgebliche Impulse setzt. Anhand empirischen Materials werden drei Schlaglichter exzerpiert, die das Ausmaß der Herausforderungen deutlich machen: die Reorganisation der Verwaltung jenseits der „Silo-Struktur“, die räumliche Dimension des Einsatzes von Dokumentenmanagementsystemen und die Standardisierungsbewegungen, die damit einhergehen. Diese leisten einen Beitrag zur Frage, was es bedeutet, die bisherige Umsetzung in der Verwaltungspraxis aus Perspektive des „Informationsraums“ zu sowie daraus resultierende Herausforderungen der Organisationsentwicklung. Ferner geht es um den Charakter des Umbruchs, ob es sich im Kontext der öffentlichen Verwaltung dabei um innovative Prozesse handelt oder eher um eine Nachholbewegung bereits in anderen Kontexten vollzogener Prozesse oder eine Entwicklung, die mit den bisherigen Prinzipien konsequent bricht.
Mascha Will-Zocholl
Kapitel 19. Auf dem Weg zur innovativen Verwaltung? Oder: Was müssen Verwaltungen jetzt lernen?
Zusammenfassung
Wie kaum ein anderer Bereich ist die öffentliche Verwaltung mit Kritik an ihrer Trägheit, Rückwärtsgewandtheit und Modernitätsferne konfrontiert. Gleichzeitig herrscht an Vorschlägen und Forderungen, was genau sie jetzt lernen müsse, alles andere als Mangel. Für dieses Schema aus Defizitdiagnose und Lernempfehlung interessiert sich unser Beitrag. Wir zeigen, wo die Probleme liegen, wenn man Verwaltungen als Trivialmaschinen sieht, die per adaptivem Umbau zu reorganisieren sind. In Auseinandersetzung damit diskutieren wir ein alternatives Verständnis von Verwaltungssystemen und den Voraussetzungen, die zu schaffen sind, damit dort innovative Prozesse des Lernens und der Strukturveränderung in Gang kommen können.
Philipp Männle, Lea Witt
Kapitel 20. Potenziale integrierter Sozialplanung innerhalb und außerhalb der Kommunalverwaltung
Zusammenfassung
Sozialplanung ist durch ihr vernetztes Planen und Handeln ein Beispiel für innovatives Handeln in der Kommunalverwaltung. Sie strebt die Überwindung verwaltungsstruktureller Versäulung an, ohne eine formale Verwaltungsreform durchführen zu müssen. Der Beitrag thematisiert die Innovationspotenziale integrierter Sozialplanung innerhalb von Verwaltung und über Verwaltungsgrenzen hinaus. Auf Basis von Ergebnissen einer aktuellen Studie zur Zukunft kommunaler Sozialplanung werden die Themen Kommunikation und Bedarfsermittlung fokussiert, um erstens die Krisenerfahrungen der Sozialplanung zu skizzieren, zweitens Stabilitätsfaktoren herauszuarbeiten sowie drittens Impulse für die Entwicklung von Innovationen erkennen zu können. Abschließend wird die Rolle der beratenden Prozessbegleitung vor dem Hintergrund des Einflusses von Sozialwissenschaften in organisatorischen Innovationsprozessen reflektiert. Beratung kann dann als Innovationstreiber in Sozialplanungsprozessen fungieren, wenn sie die verschiedenen Logiken ministerialer und kommunaler Verwaltung, Wissenschaft sowie politischer Programme reflektiert und zum Wissenstransfer beiträgt.
Theresa Hilse-Carstensen, Jens Kretzschmar
Kapitel 21. Der Gebrauchswert des Regelbruchs: Die Bundesagentur für Arbeit als innovative Akteurin der Corona-Krise
Zusammenfassung
Krisen fordern staatliche Verwaltungen heraus. Die Coronapandemie hat in Geschwindigkeit und Ausmaß insbesondere die Bundesagentur für Arbeit gezwungen, vom Modus stabiler Routinen zu einer kurzfristig agierenden, agilen Institution überzugehen. Sie zeigte sich mit ihrem krisen- bzw. pandemiegerechten Management am Arbeitsmarkt zu außergewöhnlichen Innovationen fähig. Dieser Weg (partieller) prozessualer Erneuerung und des (innovativen) Regelbruchs wird unter dem Gesichtspunkt von Innovationen im Bereich der sozialstaatlichen Verwaltung empirisch nachgezeichnet. Die Krise führte zu einer Verschiebung des etablierten hierarchischen (relativ starren) Entscheidungsgefüges zu einer problemorientierten, agilen Anpassung von Prozessen und der Kommunikation sowie der Veränderung von Tätigkeiten und des Arbeitsorts (Homeoffice) der Beschäftigten. Etablierte Routinen und Aufgaben wurden ebenso wie eingeübte Beteiligungsprozesse in kürzester Frist und zumindest temporär ausgesetzt. Unter Rückgriff auf das Konzept der „brauchbaren Illegalität“ von Luhmann wird dieses Verhalten der Akteure eingeordnet. Die schnelle Krisenreaktion basierte auf dem hohen persönlichen Einsatz von Leitung und Beschäftigten. Dieses situationsangemessene Verhalten ist allerdings nur bedingt institutionell abgesichert und lastet auf den Schultern weniger Personen. Innovationstheoretisch scheinen solche Regelbrüche weniger Menetekel einer erodierenden staatlichen Verwaltung als vielmehr Signum agilen institutionellen Handelns zu sein, das selbst innovative Rahmensetzungen bräuchte. Fraglich ist, inwiefern das Krisenhandeln im Sinne der Erneuerung bzw. agilen Anpassung staatlichen Handelns einen dauerhaften Innovationsimpuls auslösen kann.
Ingo Matuschek, Sebastian Brandl, Michaela Schulze
Metadaten
Titel
Soziale Innovationen in und von Organisationen
herausgegeben von
Andreas Schröer
Birgit Blättel-Mink
Antonius Schröder
Katrin Späte
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-40695-0
Print ISBN
978-3-658-40694-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40695-0

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